Politik

"Hippie-Regierung, Migranten" – AFD-Chefin tobt in Wien

Alice Weidel (AfD) und Herbert Kickl (FPÖ), zwei Granden des Rechtspopulismus, holten am Dienstag bei einem gemeinsamen Auftritt zum Rundumschlag aus.

Newsdesk Heute
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Doppelt rechts: Alice Weidel (AfD) zu Gast in Wien für eine gemeinsame Pressekonferenz mit Herbert Kickl (FPÖ) am 19. September 2023.
Doppelt rechts: Alice Weidel (AfD) zu Gast in Wien für eine gemeinsame Pressekonferenz mit Herbert Kickl (FPÖ) am 19. September 2023.
Helmut Graf

Die deutsche Rechtsaußen-Partei Alternative für Deutschland (AfD) sucht offen einen "Schulterschluss" mit der FPÖ, der sie sich "in großer Freundschaft verbunden" fühlt. Das bekundete Alice Weidel am Dienstag in Wien. Die AfD-Bundestagsabgeordnete war von den Freiheitlichen geladen worden, um gemeinsam mit Herbert Kickl über das "politische System" in den jeweiligen Heimatländern zu wettern.

Schon bei seiner Begrüßung positionierte der FPÖ-Chef sich und seinen Gast als von einem "tiefen Staat" verfolgte Patrioten: "Vielleicht beobachtet uns der Verfassungsschutz. Gut möglich, dass er hier zuschaut." Damit war der Ton für den Auftritt gesetzt, das Drehbuch war von der ersten Zeile weg aber sowieso eindeutig: Angst machen, Misstrauen säen und sich selbst in der Opferrolle suhlen.

"No Way" to Germany

Weidel macht den Anfang mit einem rund 20-minütigen Monolog. Dabei beklagte sie einen "Kontrollverzicht" in der deutschen Migrationspolitik und forderte eine "No Way"-Kampagne für (Boots)flüchtlinge nach dem Beispiel Australiens. "Frauen und Mädchen sind Freiwild", donnerte sie, als sie sich über das verortete Scheitern des Schengen-Abkommens in Rage geredet hatte. Auf die Berliner Koalition ging sie bei den Nachfragen frontal los, sie bezeichnete Scholz, Baerbock und Co. als Mitglieder einer "Hippie-Regierung", die einen "Kontrollverzicht" bewusst begehe, vor allem in der Migrationspolitik.

Die Klimapolitik und Energiewende sei "Raubzug gegen die eigene Bevölkerung" und "zerstöre" die wirtschaftlichen Grundlagen des Landes. Der beliebte China-Vergleich zur Absolution von allen Einsparungsbemühungen bei den Treibhausgas-Emissionen fiel ebenso wie scharfe Kritik an Windrädern ("Es ist alles zugemüllt, alles zugepflastert"). Von Letzteren will Weidel bei all ihren Fahrten quer durch Deutschland bislang "nicht ein drehendes" gesehen haben.

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    Doppelt rechts: Alice Weidel (AfD) zu Gast in Wien für eine gemeinsame Pressekonferenz mit Herbert Kickl (FPÖ) am 19. September 2023.
    Doppelt rechts: Alice Weidel (AfD) zu Gast in Wien für eine gemeinsame Pressekonferenz mit Herbert Kickl (FPÖ) am 19. September 2023.
    Helmut Graf

    Und: Das in Deutschland ohnehin schon zahnlos verhandelte Gesetz zum Heizungstausch für den Ausstieg aus Öl und Gas aus dem Wärmebereich schicke den Mittelstand "in die Insolvenz". Dabei stellte das AfD-Aushängeschild gleichzeitig nicht nur der Umverteilung von Vermögen von unten nach oben in den Raum, sondern auch Hybris, weil in Deutschland gleichzeitig neue Gaskraftwerke gebaut werden sollen.

    Die Bürger würden also zum Austausch der Heizkessel gezwungen, um ihre Wärmepumpen mit Strom aus Gaskraftwerken betreiben zu müssen, beklagt Weidel. Das wäre in der Tat eine klimapolitische Übung in Sinnlosigkeit, stellt sich aber in Wahrheit etwas anders dar:

    Gaskraftwerke für Wärmepumpen?

    Die Wärmepumpen der Haushalte sollen in Zukunft ebenso mit Strom aus Erneuerbaren – der Ausbau läuft ja parallel weiter – betrieben werden. Die Gaskraftwerke dienen der Versorgungssicherheit, laufen nur an, wenn Sonne und Wind nicht genug Energie produzieren. In naher Zukunft sollen diese Anlagen zudem auf Wasserstoff umgerüstet werden, von dem es aktuell aber nicht genug gibt. Benjamin Pfluger vom Fraunhofer-Institut für Energieinfrastruktur und Geothermie bezeichnet diese Zwischenlösung gegenüber dem MDR als das "kleinstes Übel": "Es ist der einzig gängige Weg jetzt gerade."

    Dazu zeichnete die Deutsche dann noch Schreckensbilder einer Wirtschaft, die unzählige Arbeitskräfte entlassen müsste: "Der Verbrennermotor war Deutschlands Rückgrat", "unser Exportschlager". Dieser falle nun weg, Elektroautos seien aber nicht wettbewerbsfähig. Die Ampel-Regierung, so postuliert sie, habe die Bevölkerung gegen sich aufgebracht, "weil sie von Wirtschaft überhaupt keine Ahnung hat."

    Zum Abschluss griff Weidel noch einmal Kickls Steilpass mit dem Verfassungsschutz auf, der die AfD (und auch die FPÖ) angeblich vom demokratischen Prozess ausschließen wollen würde und deshalb selbst verfassungsfeindlich agiere.

    Hauptsache billig

    Kickl legte anschließend noch die Vorlagen auf Österreich um. Anstatt gegen die Ampel-Regierung, teilte er gegen eine angebliche "Einheitspartei" aus allen anderen plus Bundespräsident Alexander Van der Bellen aus, die eine "Spur der Verwüstung durch das Land" ziehe.

    Die Energiewende sei ein "Irrsinnsprojekt", das sich "hinten und vorne" nicht ausgehe. Letzteres würde laut Kickl übrigens "jeder" sagen. 

    Bei der Liebe zu Windrädern ist Kickl mit Weidel im Gleichschritt: Die würden nur die Landschaft verschandeln und den Boden versiegeln. Anstatt aber wie sie Atomkraftwerke wieder hochfahren zu wollen, brach Kickl dafür eine Lanze für seiner Meinung nach zu Unrecht "verteufeltes" billiges Öl und Gas aus Russland.

    "Österreich finanziert diesen Krieg mit"

    Er verteufelte stattdessen die Sanktionen, die Österreich nach der russischen Invasion der Ukraine mitgetragen hatte, im Lichte des freiheitlichen Steckenpferds, der Neutralität. "Das machen wir zum Schaden der eigenen Wirtschaft. [...] Wofür das Ganze?" 

    Jegliche Hilfe für die Ukraine ist für Kickl sowieso untragbar. Österreich finanziere den Krieg mit, mit der Folge, dass "jeden Tag junge Menschen auf dem Schlachtfeld sinnlos ihr Leben lassen".

    Die Milliarden Euro "Blutgeld" (Martin Selmayr) aus Österreich, die derweil den Krieg auf russischer Seite mitfinanzieren, blieben hingegen unerwähnt. Ein Wort gegen Moskau, das diesen Krieg sofort beenden könnte, kam dem Freiheitlichen sowieso nicht über die Lippen.

    "Ich weiß nicht, wo der Russe dann schon stehen muss"

    Auch die geplante Raketenabwehr "Sky Shield" sei ein Neutralitätsbruch, der "Milliarden" kosten würde. "Ich weiß nicht, wo der Russe dann schon stehen muss, damit die Raketen, die dann 50 Kilometer Reichweite haben, eine Effizienz entwickeln. Das sind doch alles NATO-Länder dazwischen" – welche Verpflichtung diese hätten, für die Verteidigung unseres bündnisfreien Österreichs einen Finger zu krümmen, thematisierte er nicht.

    "Nur" 2 Milliarden für Raketenabwehr

    Die bodengebundene Luftabwehr Österreich soll laut dem "Aufbauplan 2032" in Summe zwei Milliarden Euro kosten, nicht alles davon fließt in die von Kickl angesprochene Beschaffung von IRIS-T SLM Systemen.
    Mehr dazu hier: Entscheidung gefallen! Österreich kauft IRIS-T-Raketenabwehr

    "Wofür wir bekämpft werden"

    Auch Kickl streifte sich am Ende noch einmal die Opfer-Rolle über. Die FPÖ in Österreich und die AfD in Deutschland, so die Selbstdarstellung, würden alleine auf weiter Flur gegen "das politische System" – bestehend aus "Eliten und Machtzirkel", allen anderen Parteien, dem Verfassungsschutz und natürlich auch den Medien – "als Partnerparteien zu Felde ziehen": "Das ist, wofür wir beide kämpfen und wofür wir auch bekämpft werden."

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