Wintersport

Hirscher: "Gefühlt ging es bei mir um Leben und Tod"

Marcel Hirscher so offen wie nie! In Kaprun gab die Ski-Ikone tiefe Einblicke und verriet Neuigkeiten zu seinen aktuellen Projekten. 

Martin Huber
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Marcel Hirscher: "Es wird ein Van-Deer-Racingteam geben."
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Marcel Hirscher sprach bei einem Fan-Talk auf der Burg Kaprun sehr persönlich über seine Visionen. Der Gewinner von 67 Weltcupsiegen und zwölf Medaillen bei WM und Olympia blickte auf seine Karriere zurück. Und er ließ dabei tief blicken. 

Täglich Angst vor dem Scheitern

"Ich hatte tagtäglich Angst vor dem Scheitern. Ich habe mich sehr oft geärgert, wenn es geheißen hat, es geht alles so leicht bei dir. Es ging überhaupt nie leicht. Flow habe ich nie gehabt. Du musst dich bei jedem Rennen neu erfinden. Die Uhr fängt bei Null zu zählen an. Es gibt jeden Tag die Herausforderung, wo man sagen kann: Schaffe ich es? Oder schaffe ich es nicht? Manchmal gelingt es, manchmal nicht."

Skiprofi nicht sein Traumjob

Skiprofi sei nicht sein Traumjob gewesen. "Es war beinhart und too much, um ehrlich zu sein", meinte er vor 100 Fans. Verletzungspausen seien für ihn vor allem Erleichterung gewesen. "Weil ich nichts tun musste. Das klingt etwas komisch. Bei einer Verletzung rief ich meinen damaligen Medienbetreuer an: ,Boah, endlich darf ich drei, vier Wochen nichts tun', sagte ich. Das war skurril und voll ehrlich gemeint. Es nahm den Druck raus. Es war kein Zufall, dass ich danach meine beste Saison hatte."

"Gefühlt ging es bei mir um Leben und Tod"

"Ich habe mir Druck aufgelegt ohne Ende", stellte Hirscher fest. "Das ist mitunter das Geheimnis, dass es viele Jahre so gut ging. Gefühlt ging es bei mir um Leben und Tod. Nur deshalb waren die Leistungen möglich. Was es mit mir machte? Ich bin brutal am Fokus gewesen. Faszinierend ist, dass es möglich war, das über so lange Zeit zu machen."

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    Heute Freeriden zu gehen, sei viel schöner als die Rennen damals. "Das sind Skitage, da geht mir das Herz auf, das ist Leidenschaft pur. Beim anderen bin ich so über Grenzen gegangen, da habe ich selber nicht gewusst, wie ich das retten soll."

    "Jeder Beruf hat seinen Preis. In meinem Fall war das ein ziemlich fetter"

    "Jeder Beruf hat seinen Preis. In meinem Fall war das ein ziemlich fetter. Ich weiß nicht, ob ich aus heutiger Sicht bereit wäre, den so noch einmal zu zahlen", meinte er. Wahrscheinlich nicht, schlussfolgerte er. "Ich hatte kein Leben wie andere in meinem Alter. Während andere feiern gingen, musste ich mich auf das nächste Rennen vorbereiten", so der 32-Jährige. "Ich kann mich ehrlich gesagt bis heute an keinen Tag erinnern, an dem ich einfach faul auf der Couch gelegen wäre." Wenn er mit seinen Kindern heute privat Ski fährt, dann gemütlich. "Sie sollen ein Leben ohne Druck und abseits der Öffentlichkeit führen."

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      Herzenprojekt vorerst ausverkauft

      Nach der Karriere sei sein Ziel gewesen, "etwas zu finden, das mich erfüllt". Sein neuer Ski "Van Deer" ist ein Herzensprojekt. "Heute" berichtete zuletzt, dass der Ski bereits vergriffen ist und Hirscher heuer ein schlechtes Christkind ist.

      "Ich habe mir die Frage gestellt, wie ich aufgehört habe, was mache ich mit meiner Zeit. Es ist relativ schnell ersichtlich geworden, ich möchte dort bleiben, wo ich Expertise habe - beim Skifahren. Bei ,Van Deer' geht es nicht um Marketing. Es geht nicht um erfundene Technologien, die es in Wahrheit nicht gibt. Es ist ein Kernprodukt, wo das Material sorgfältig ausgewählt ist."

      Hirscher kündigte an, dass es ein "Van-Deer"-Racingteam geben wird. "Das sehe ich als meine Aufgabe. Das ist ein Riesenprojekt. Dort wird sehr viel Wissen von mir einfließen. Und müssen wir in den Weltcup gehen mit Van Deer? Der Aufwand ist ja unfassbar. Aber ich sage ja, weil es mein Leben ist."