Politik

Hitzige Debatte um Sondersteuer in ZIB2 mit Armin Wolf

Sollen die milliardenschweren Übergewinne der Energiekonzerne vom Staat abgeschöpft werden? In der ZIB2 gab es dazu eine hitzige Debatte.

Roman Palman
Markus Marterbauer in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Markus Marterbauer in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Screenshot ORF

Durch die enorm gestiegenen Preise für Strom und Gas machen viele Energiekonzerne Milliardengewinne. Soll der Staat diese sogenannten "windfall profits" – zu dt. unvorhergesehene Übergewinne – nun zum Wohle der Allgemeinheit mit einer Sondersteuer abschöpfen? In der ZIB2 diskutieren darüber Markus Marterbauer, Chefökonom der Arbeiterkammer, und Franz Schellhorn vom liberalen Institut Agenda Austria mit ORF-Moderator Armin Wolf.

Hitzige, aber sachliche Diskussion

Agenda Austria-Leiter Schellhorn ist wenig überraschend gegen eine solche Maßnahme. Er begründet das mit fehlender Notwendigkeit: "Das Geld ist längst vorhanden. Die Steuereinnahmen des Staates brechen alle Rekorde und das ist ausreichend, um hier gegenzusteuern." Eine solche "populistische Sondersteuer" würde hingegen das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort erschüttern.

Markus Marterbauer und Franz Schellhorn in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Markus Marterbauer und Franz Schellhorn in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Screenshot ORF

Chefökonom Marterbauer konterte sofort klar: "Wir haben im Fiskalrat festgestellt, der Staat ist kein Krisengewinner. Der Staat schwimmt nicht im Geld", weil auch die Ausgaben massiv gestiegen wären. Eine Gewinnabschöpfung halte er deshalb für eine vertretbare Maßnahme.

Von "unverschuldeten Gewinnen" will Schellhorn nichts wissen. Nicht alle Energieversorger hätten auch Übergewinne. Er betont, dass es eine "Bestrafung" sei, wenn nun Unternehmen, die in der Vergangenheit Geld in den Ausbau seiner gas-unabhängigen Energieversorgung gesteckt hätten, dieses Plus weggenommen würde. Das Geld sei in den Unternehmen "besser aufgehoben", um künftige Investitionen abzudecken.

Franz Schellhorn in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Franz Schellhorn in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Screenshot ORF

"In jedem Fall wäre das ein Aufkommen in Höhe von Milliarden, die der Staat dringend braucht", analysiert Sondersteuer-Befürworter Marterbauer  weiter. Die Übergewinne seien "exorbitant und nicht zu rechtfertigen." Der Ausbau der Erneuerbaren sei ohnehin schon massiv vom Staat gefördert worden, deshalb sei das keine Bestrafung für etwa den Wasserkraft-dominierten Verbund und für ihn kein Argument.

Bleibender Schaden für Wirtschaftsstandort?

"Auf diese Karte würde ich nicht setzen. Man muss den Ärmsten helfen, keine Frage. Aber das Geld ist da, so eine Maßnahme schadet massiv dem Standort", donnert Schellhorn retour. "Wer will in so einen Standort investieren, wenn der Gesetzgeber so willkürlich vorgeht?"

Er argumentiert, dass der Staat ja sowieso durch die Mineralölsteuer schon auch einen deutlichen Teil des wie Germteig aufgegangenen Kuchens für sich abschneide. Deshalb sei eine Abschöpfung überschießend. "Wir könnten die Wiener Börse übermorgen zusperren. Dieses Herauspicken von Unternehmen mit einer speziellen Besteuerung halte ich für ein schlechtes Signal an Investoren."

Markus Marterbauer und Franz Schellhorn in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Markus Marterbauer und Franz Schellhorn in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Screenshot ORF

Sonderdividende keine Alternative

Der AK-Ökonom hält dagegen, dass es solche Steuern schon in der Vergangenheit gegeben hatte. Und "der Standort ist super, da wird viel investiert". In dieser Hinsicht brauche man sich nicht Sorgen machen. An längerfristige Auswirkungen glaubt er nicht.

"Ich halte die Alternative, eine Sonderdividende auszuschütten, für furchtbar. Dann zahlen ja erst wieder die armen Kunden an die Investoren." Und: Im Falle der OMV, von der sich nur ein Drittel des Unternehmens in Staatsbesitz befindet, würde durch Sonderdividenden auch viel Geld ins Ausland fließen. Die Idee eines Preisdeckels beim Strom halte er hingegen für vernünftig, aber nur auf europäischer Ebene.

Markus Marterbauer in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Markus Marterbauer in der ZIB2 mit Armin Wolf am 17. August 2022.
Screenshot ORF

Auch Schellhorn findet diesen Punkt, dass das teuerste Kraftwerk den Strompreis bestimmt, zumindest der Diskussion würdig. Der Verbund könne dann den Markt mit deutliche niedrigeren Tarifen aus seinen Wasserkraftwerken aufmischen.

Einig in Uneinigkeit

Wird eine Sondersteuer auf Übergewinne nach Einschätzung der Experten wirklich von der Politik umgesetzt werden?, will Armin Wolf, der während der hitzigen Diskussion in seinem Studio überraschend zurückhaltend agiert hatte, abschließend wissen. Wie aus der Pistole geschossen antwortet der wirtschaftsliberale Agenda-Austria-Leiter mit einem Nein und der AK-Experte mit einem klaren Ja! Zum Ende der Debatte ist man sich offenbar zumindest einig, sich nicht einig zu sein...

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