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Hongkong: Tausende blockieren Verwaltungssitz

Heute Redaktion
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Die pro-demokratische Protestbewegung in Hongkong hat den Druck auf den umstrittenen Chef der Sonderverwaltungszone, Leung Chun Ying, weiter verstärkt, um ihn zum Rücktritt zu zwingen. Mehr als 3.000 vorwiegend junge Demonstranten versammelten sich am frühen Donnerstag vor Leungs Amtssitz. Sie kündigten an, alle Eingänge über die Feiertage zu blockieren, um Leung am Freitag persönlich zu stellen. Schon am Mittwoch hatten Sie ein Ultimatum gestellt.

Tausende blockierten weiterhin wichtige Straßen im Zentrum der Wirtschaftsmetropole. Bereits am Mittwochabend hatten der Studentenführer Lester Shum mit der Besetzung von Regierungsbüros gedroht, sollte Leung bis Donnerstag nicht zurückgetreten sein. Aus dessen Umfeld ist allerdings verlautet, dass die Behörden die Proteste aussitzen wollen.

Die Demonstranten legten zwar Vorräte an. "Ich glaube nicht, dass wir das länger als zwei Wochen durchhalten können", sagte allerdings ein 26-jähriger Teilnehmer im Einkaufsviertel Causeway Bay. Daher werde nun diskutierte, welche anderen Maßnahmen möglich seien.

Protest gegen Wahlreform

Der Protest richtet sich gegen eine von China beschlossene Wahlreform: Zwar soll die dortige Bevölkerung 2017 erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen dürfen, jedoch will die Zentralregierung in Peking die Kandidaten auswählen. Dem derzeitigen Verwaltungschef Leung werfen die Demonstranten vor, Handlanger der chinesischen Führung zu sein, anstatt sich für die Interessen Hongkongs einzusetzen. Seinen letzten Kredit verspielte Leung mit einem gewaltsamen Polizeieinsatz gegen die Demonstranten Sonntagnacht.

Nach einem Aufruf von US-Außenminister John Kerry zur Zurückhaltung verbat sich sein chinesischer Kolleg Wang Yi scharf jede Einmischung von außen. Die Situation in Hongkong sei allein Chinas Angelegenheit, sagte Wang am Mittwoch vor Gesprächen mit Kerry in Washington. Dieser wiederholte dessen ungeachtet seinen Aufruf und betonte, die USA unterstützten die freie Wahl von Hongkongs Regierungschef. Dies sei vor der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China so vereinbart worden.

Solidarität im Ausland

Im Ausland wächst unterdessen die Unterstützung für die Protestbewegung in Hongkong: Allein in der taiwanischen Hauptstadt Taipeh versammelten sich 4.000 Menschen zu einer Solidaritätskundgebung, vor der chinesischen Botschaft in London fanden sich 2.000 Menschen ein. In Hongkong projizierten die Anführer der Proteste immer wieder Botschaften von Unterstützern weltweit auf den Verwaltungssitz, darunter auch vom chinesischen Festland.

Der chinesische Nationalfeiertag am Mittwoch wurde ebenfalls von den heftigen Protesten in Hongkong überschattet. Studenten hatten da schon der Regierung ein Ultimatum gestellt und drohten mit einem Arbeitsstreik, der Besetzung von Regierungsgebäuden und anderen Maßnahmen. China versucht die Berichterstattung über Hongkong durch Zensur zu verhindern, es wird auch von Hacker-Angriffen gegen die Demonstranten berichtet.

Feuerwerk abgesagt

Bereits in der Nacht auf Mittwoch demonstrierten Tausende Bewohner trotz heftigen Regens. Die Proteste weiteten sich von Straßen in Stadtteilen wie Admiralty und Wan Chai am Finanzbezirk in Central und in Kowloon neben Mong Kok auch auf das populäre Einkaufsviertel Tsim Sha Tsui auf der Halbinsel Kowloon aus, das auch bei Touristen sehr beliebt ist.
Die Proteste waren zu Wochenbeginn friedlich verlaufen, während sich die Polizei zurückhielt, um zu verhindern. Das Feuerwerk zum Nationaltag, den die sieben Millionen Hongkonger mit zwei arbeitsfreien Tagen begehen, wurde abgesagt. Mit einem Schweigeprotest begleiteten die Demonstranten die morgendliche traditionelle Flaggenzeremonie, während Regierungschef Leung Chun-ying und Ehrengäste bei einem offiziellen Empfang mit Sektgläsern auf den Feiertag anstießen.
Bei der Zeremonie verteidigte Regierungschef Leung den Beschluss des Volkskongresses in Peking für direkte Wahlen 2017 in Hongkong, bei denen die Kandidaten für das Amt des Regierungschefs aber nicht frei nominiert werden dürfen. "Allgemeine Wahlen abzuhalten ist besser als überhaupt keine allgemeinen Wahlen zu haben", sagte Leung. "Wohlstand und Stabilität in Hongkong in der Zukunft zu wahren, ist ein wichtiger Teil des 'Chinesischen Traumes'", sagte Leung.

Medialer Krieg

Die chinesische Zensur unternahm weiter große Anstrengungen, um die Verbreitung von Nachrichten aus Hongkong in der Volksrepublik zu unterbinden. Der Satellitenempfang des amerikanischen Senders CNN und der britischen BBC wurde gestört, wenn Berichte zu Hongkong kamen. Erstmals wurde am Mittwoch auch die Webseite der englischsprachigen Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" geblockt. In Chinas sozialen Medien werden massenhaft Kommentare zu Hongkong gelöscht. Twitter, Facebook oder Youtube sind ohnehin immer gesperrt.

In Hongkong selbst macht ein Trojaner mit dem Namen "Xsser" die Runde, der gegen Handys und Tablet-Computer mit dem Apple -Betriebssystem iOS gerichtet sei, berichtete das Sicherheitsunternehmen Lacoon Mobile Security am Dienstag. Die Angreifer seien mit dem Programm in der Lage, Daten wie SMS, Fotos und Passwörter zu stehlen.

 

Seit der Rückgabe 1997 an China wird die ehemalige britische Kronkolonie nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenes Territorium autonom regiert. Auch genießt die asiatische Hafenmetropole Presse- und Meinungsfreiheit.