Gesundheit

Hunderte Fälle! Impfbetrug in Wiener Arztpraxis aufgede

Hunderte Personen sollen sich in Wien falsche Impfpässe besorgt und in einer Arztpraxis ihre "Impfungen" ins Impfregister nachtragen haben lassen.

Sabine Primes
Für 400 Euro wurde ein gefälschter Impfpass verkauft.
Für 400 Euro wurde ein gefälschter Impfpass verkauft.
iStockphoto/Mehmet Yucel; Karl Schöndorfer / picturedesk.com; Collage: heute.at

Wie der Blog "Stadtpolitik" berichtet, ermittelt das Bundeskriminalamt (BKA) aktuell in einem Fall von Impfbetrug in Wien. Konkret sollen sich mehrere hundert Personen in einer Wiener Arztpraxis Schutzimpfungen gegen Covid-19 nachtragen haben lassen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen geht die Behörde jedoch davon aus, dass die beschuldigten Personen die Impfung nie erhalten haben. "Stadtpolitik" soll ein diesbezügliches Schreiben vorliegen.

Die Nachtragungen sollen dabei aber nicht zeitnah zur "Impfung" erfolgt sein, sondern – insbesondere für die erste Teilimpfung – um Wochen später. Normalerweise wird die Eintragung in das Impfregister durch das System selbst generiert und erfolgt üblicherweise am Tag der Impfung oder am Folgetag.

So lief der Betrug ab

Die Impfpässe selbst waren offensichtlich perfekt gefälscht, da sowohl Blanko-Impfpässe und Originalstempel aus der Impfstraße im Austria-Center-Vienna verwendet wurden. Man vermutet, dass die gefälschten Pässe über Mundpropaganda oder Weitergabe von Kontaktdaten innerhalb impfkritischer Gruppen beworben und um etwa 400 Euro verkauft wurden. Die Übergabe soll entweder auf der Straße oder in einer Wohnung im 11. Bezirk erfolgt sein. Zur Nachtragung in das elektronische Impfregister sollten sich die "Käufer" an eine bestimmte Wiener Ordination wenden, wie es heißt.

Laut BKA mussten die Käufer nicht einmal persönlich erscheinen. Es reichte, wenn eine Person mit den Impfpässen und zugehörigen e-cards mehrerer anderer Personen zur Nachtragung vorstellig wurde. "Wichtig war die Bezahlung des festgelegten Honorars", heißt es im Schreiben des BKA. Derzeit ist noch ungeklärt, ob die Eintragung durch den Arzt selbst durchgeführt wurde.

Das sagen die Gesundheitsbehörden

Vonseiten der Wiener Ärztekammer heißt es, dass "nach Rückfrage im Haus uns dieser Vorwurf seitens der Behörde nicht bekannt ist." Dem Gesundheitsministerium sind die Vorwürfe ebenfalls nicht bekannt. Ein Pressesprecher von Bundesminister Rauch erklärt gegenüber dem Blog: "Zu diesem konkreten Fall liegt dem BMSGPK keine amtliche Kenntnis vor". Laut internem Schreiben des Bundeskriminalamts muss das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) jedoch informiert gewesen sein, denn das Ministerium erstellte im Wege der Amtshilfe eine Liste der Impfungen, die von der beschuldigten Arztpraxis durchgeführt wurden.

Das Gesundheitsministerium weiter: "Auf Seiten der eintragenden Ärzt:innen können diverse organisatorische, personelle, ressourcentechnische oder technische Gründe dazu führen, dass Impfungen lokal dokumentiert werden und erst nachträglich in eImpfpass eingetragen werden." Dazu führt das Ministerium folgende Beispiele an:

1. Die impfende Stelle ist technisch nicht mit so vielen Eingabegeräten, die an eImpfpass angebunden sind, ausgestattet. Eine Übertragung der Impfungen erfolgt erst z.B. 1-2 Tage später.

2. Die impfende Stelle kann sich am Tablet nicht anmelden und erfasst 1 Woche später die verabreichten Impfungen.

3. Die der Eintragung vorgelagerte Arztsoftware ist temporär nicht funktionsfähig und verhindert einen Zugriff auf die ELGA-Umgebung.

Das Ministerium vertritt die Auffassung, dass aus oben angeführten Gründen keine Schlüsse aus abweichenden Impf- und Eintragungsdaten gezogen werden können, "um etwaige gefälschte Impfeinträge überhaupt zu eruieren, geschweige denn eine zweckmäßige Überprüfung der eintragenden Stellen zu veranlassen."