Politik

Ibiza-Abschlussbericht: Gab es Deals im Hintergrund?

Der rund 870 Seiten lange Abschlussbericht des Verfahrensrichters des Ibiza-U-Ausschusses bringt Entlastung für die ÖVP – aber nicht nur.

Leo Stempfl
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Eineinhalb Jahre lang ackerte der Ibiza-U-Ausschuss (Archivbild)
Eineinhalb Jahre lang ackerte der Ibiza-U-Ausschuss (Archivbild)
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Wie "Der Standard" titelt, bringt der Abschlussbericht des unabhängigen Verfahrensrichters Wolfgang Pöschl zum Ibiza-U-Ausschuss breite Entlastung für die ÖVP. In bestimmten Bereichen seien die Vorgänge aber mit "einem einfachen Freundschaftsdienst" nicht erklärt, ergänzt "orf.at". Das deutsche "Spiegel Online" geht einen Schritt weiter: "Kanzler Kurz gerät unter Druck."

Rund 870 Seiten ist jener Entwurf dick, der am Freitag den Fraktionen übermittelt wurde. Vorneweg die guten Nachrichten für die amtierende Kanzler-Partei: Der Verdacht, dass Spenden für Postenbesetzungen zur Voraussetzung gemacht wurden, hätten sich nicht erhärtet. Auch wurden Zahlungen wohl nicht über ÖVP-nahe Vereine umgeleitet und/oder verschleiert. Ebenso wenig Verschleierung sieht man bei der Schredder-Affäre: Abschließend gäbe es "keine Anhaltspunkte für Beweismittelvernichtung".

Deal or No Deal

Ein anderes Bild zeichnet der Verfahrensrichter laut den oben genannten Medien bei der Besetzung von Spitzenposten bei Casinos Austria und ÖBAG. Verfahrensrichter Pöschl geht sogar davon aus, dass es eine Verbindung zwischen der Bestellung von Thomas Schmid als ÖVP-naher ÖBAG-Alleinvorstand und Peter Sidlo als FPÖ-naher Casinos Austria Vorstand gab.

Die Installation des letzteren "lässt sich mit einem einfachen Freundschaftsdienst an Sidlo (…) nicht erklären", ein "Hintergrunddeal" sei sehr wahrscheinlich. Das sei durch "massive Anstrengungen", insbesondere durch den "Motor" Heinz Christian Strache, belegt. Dadurch ergäbe sich ein "Bild einer geradezu unabänderlichen Willensdurchsetzung auf Regierungsebene, gerade diesen Mann in diese Position zu bringen."

"Abhängigkeitsverhältnis"

Unterstützung soll dabei von Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und dessen Generalsekretär Thomas Schmid gekommen sein. Darin, dass Schmid später Chef der ÖBAG wurde, sieht Pöschl "doch eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen 'Deal'". Alle Beteiligten bestreiten dies natürlich. Kritik setzte es dabei auch an der Ausschreibung. Dass Bundeskanzler Sebastian Kurz darüber informiert war, sieht der Verfahrensrichter nicht.

Keinen konkreten "Deal" sieht der Abschlussbericht hingegen zwischen der türkis-blauen Regierung und dem Glücksspiel-Konzern Novomatic. Im Raum stand der Vorwurf, dass Lizenzen im Gegenzug für Abstimmungsverhalten in der Casinos-Hauptversammlung ausgetauscht wurden. Auch das hatten alle Beteiligten vehement bestritten. Aber: "Festzustellen waren zahlreiche sehr intensive Kontakte zwischen Vertretern der Regierung und des Finanzministeriums mit Vertretern der Novomatic, die weit über Fragen der Anteilsverwaltung hinausgingen", heißt es laut "orf.at" im Bericht. Dadurch soll ein "gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis" entstanden sein.

Zeitgleicher Wirbel um Oligarch

Für erneuten Wirbel und ein großes Medienecho sorgte auch ein Bericht in der "ZiB 2" am Sonntag, der auf einer Recherche von "Zackzack.at" aus dem Juni beruht. Mehrere US-Abgeordnete appellierten per Brief an die dortige Regierung, weil sich die Auslieferung des ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch aus Österreich in die USA schon seit mittlerweile sieben Jahren zieht.

Die "Oligarchen-getriebene Unterwanderung westlicher Institutionen und des Rechtsstaates" habe sich immer mehr etabliert, schrieben die Abgeordneten laut "Zackzack.at" damals. Die USA werfen ihm Schmiergeldzahlungen in Höhe von rund 15 Millionen Euro an indische Politiker vor. 2014 wurde er deswegen in Wien festgenommen und lebt seitdem Dank einer Kaution in Höhe von 125 Millionen Euro auf freiem Fuß.

Mit "Schlussendlich nutzte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz Berichten zufolge einen Firtasch zuzurechnenden Privatjet auf seinem Rückweg aus Tel Aviv" findet dort auch eine Causa der Innenpolitik Anklang.