Oberösterreich

"Ich hab einen irren Respekt vor dieser Krankheit"

Stefan Kaineder (36) ist OÖ-Chef der Grünen und seit fast genau einem Jahr Landesrat. Er spricht über die Corona-Krise, Rudi Anschober und die Wahl.

Peter Reidinger
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Landesrat Stefan Kaineder im "Heute"-Interview am Linzer Schlossberg
Landesrat Stefan Kaineder im "Heute"-Interview am Linzer Schlossberg
team fotokerschi.at

"Heute": Was sagen Sie zu den angekündigten Lockerungen?
Stefan Kaineder:
 Ich glaube, dass das ein wichtiger Kompromiss ist, viele Menschen haben schon so ein bisschen einen Lagerkoller. Es braucht jetzt tatsächlich ein Signal, dass ein paar Dinge mehr möglich sind, mit einer rigorosen Teststrategie. Man darf eines nicht vergessen: Wir müssen das Rennen gegen das Virus gewinnen. Da wird es nötig sein, dass wir ein paar Wochen, vielleicht Monate, diszipliniert weitermachen. Ich finde es ja super, wie die Familien das hinkriegen. Wir können schon auch die Bevölkerung loben. Homeoffice, Homeschooling – da kann man schon stolz sein auf die Familien im Land.

Was war für Sie persönlich in den Lockdowns am schwierigsten?
Die eigene Corona-Erkrankung. Ich habe selbst Corona bekommen und habe seither einen irren Respekt vor dieser Lungenkrankheit. Ich bin 36, habe keine Vorerkrankungen, rauche nicht, ernähre mich gesund und trotzdem bin ich eine ganze Woche im Bett gelegen. Deshalb appelliere ich an die Menschen: Nehmts das ernst, haltets euch an die Regeln. Wir müssen bis zum Sommer das Rennen gewinnen.

Sie haben selbst Kinder, die in die Schule gehen. Wie ist es Ihnen mit Homeschooling gegangen?
Es ist eine irre Herausforderung. Ich bewundere die Familien im Land, wie gut sie das meistern. Die Balance zwischen selbst daheim arbeiten und die Kinder beim Homeschooling unterstützen. Ich bin für das große Engagement der Lehrerinnen und Lehrer dankbar. Ich merke auch, unsere Kinder sind sehr gut begleitet. Die Kinder schaffen das erstaunlich gut.

Was denken Sie sich, wenn Sie Demos von Corona-Leugnern sehen?
Ich ärgere mich über die Verantwortungslosigkeit der FPÖ. Es ist verantwortungslos, dass man in so einer Zeit Menschen zu Tausenden dazu aufruft, demonstrieren zu gehen. Das einzige, das dadurch passiert, ist, dass der Lockdown noch länger dauert. Wenn man sieht, wie die Menschen jetzt schon ächzen unter den Maßnahmen, dann habe ich überhaupt kein Verständnis dafür.

"Sobald ich darf, werde ich geimpft werden"

Lassen Sie sich selbst impfen?
Natürlich!

Wann?
Sobald ich darf, werde ich geimpft werden.

Wer ist denn Schuld, dass es derzeit zu wenig Impfstoff gibt?
Momentan ist der Produktionsengpass schuld. Ich finde es gut, dass die EU geeint Impfstoff bestellt hat und dass Länder, die nicht so finanzstark sind, zu Impfstoffen kommen. Das einzige Nadelöhr ist derzeit die Produktionsmenge. Wir hoffen, dass sich das im zweiten Quartal ändert.

Wann haben Sie zuletzt mit Rudi Anschober gesprochen?
Am Donnerstag. 

Und worum ging's? Corona-Maßnahmen?
Genau! 

Haben Sie noch viel Kontakt zu ihm?
Wir haben regelmäßigen Austausch, auch über den Stand der Krise. Ich erlebe Rudi Anschober extrem fokussiert und konzentriert. Er weiß, er ist den Menschen im Wort. Seine Aufgabe ist, dass niemand zurückbleibt und dass wir das Rennen gewinnen.

Stefan Kaineder im <em>"Heute"</em>-Interview mit Corona-Abstand am Schlossberg
Stefan Kaineder im "Heute"-Interview mit Corona-Abstand am Schlossberg
team fotokerschi.at

Wie schätzen Sie seine Performance als Minister bisher ein?
Er gibt sein Bestes und das können wir ihm hoch anrechnen.

Thema Koalition im Bund. Haben die Grünen da zu wenig zu sagen?
Nein das glaub ich überhaupt nicht. Wir Grünen haben vor einem guten Jahr Verantwortung in der Bundesregierung übernommen, dann gleich Corona und eine riesige Herausforderung. Wir sind den Menschen im Wort, dass wir jetzt keinen Millimeter von ihrer Seite weichen und die Krise hoffentlich bis zum Sommer hinter uns bringen.

Es gab und gibt harte Kritik an der Abschiebung von Kindern. Die Grünen sind in der Regierung. Sind die Grünen Mitschuld daran? Schuld sind die Gesetze und um die zu ändern, braucht man Mehrheiten. Diese Mehrheiten gibt es im Parlament in Wien noch nicht. Dass die Grünen hier eine eindeutige Meinung haben, ist klar. Wir versuchen mit vielen Menschen aus der Zivilgesellschaft, mit den Kirchen, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Druck aufzubauen auf die ÖVP. Es ist für uns natürlich mühsam, dass wir die jeden Millimeter zur Menschlichkeit hinschieben müssen. 

Aber die Grüne Basis war teils sehr verärgert…
Das macht viele Menschen betroffen – auch mich – dass wir mit Spezialeinheiten und Hundestaffeln Kinder sozusagen aus den Betten holen, um sie abzuschieben, das versteht niemand. Schuld sind die Gesetze, die geändert gehören. 

"Müssen die Ibiza-FPÖ aus der Regierung entlassen"

Zum Thema Koalitionen. Im Herbst sind in OÖ Wahlen. Welche Koalition wäre Ihnen am liebsten?
Die wichtigste Herausforderung ist, dass wir den Klimaschutz zur Priorität Nummer eins machen für die nächste Regierung. Dafür wird es die Grünen in einer Koalitionsregierung brauchen. Und wir müssen die Ibiza-FPÖ aus der Regierung entlassen. Mit denen kannst du keine Krise regieren. Das sieht man jeden Tag, wenn die mitten in einer riesigen Pandemie die Menschen auf die Straße rufen, um zu demonstrieren.

Derzeit ist Corona das Thema. Wie wollen Sie den Menschen erklären, dass der Klimawandel auch wichtig ist?
Die große Hoffnung ist, dass wir bis Mitte des Jahres die Corona-Pandemie überwinden können. Die Klimakrise ist nicht weg deshalb. Wir haben im letzten Frühjahr gesehen, dass uns die Bäche austrocknen im Land am Strome. Die große Herausforderung ist es, der Klimakrise mit derselben Entschlossenheit zu begegnen wie der Corona-Pandemie. Es ist eine große Chance, die Arbeitsplätze der Zukunft zu schaffen mit diesen riesigen Investitionen, die es jetzt braucht. Wir können mit einem Kraftakt zwei Krisen bekämpfen. Die Wirtschaftskrise nach Corona und die Klima-Krise. Und da haben die Grünen mit Sicherheit die besten Antworten.

Mit welchen Themen außer Klima wollen Sie punkten?
Worüber wir in OÖ definitiv reden müssen ist, wo im Land der Äcker in Zukunft unser Essen wächst, wenn wir alles zubetonieren. Die Menschen haben kein Verständnis mehr dafür, dass die fruchtbarsten Böden im Land zubetoniert werden. Schwarz-Blau hat bewiesen, dass sie dieses Thema nicht angehen wollen.

Ihr Wahlziel in Prozent?
Klimaschutz muss Priorität eins werden! 

Eine Zahl wollen Sie nicht nennen?
Nein, wenn es uns gelingt, den Klimaschutz ganz vorne hinzubringen, ist das Wahlziel erreicht.

Blick in die Zukunft. Wann gibt es wieder so etwas wie Normalität?
Ich wünsche es mir ganz bald, hoffe es dauert nicht mehr lange. Wenn alles geplant läuft, glaube ich, dass wir einen relativ normalen Sommer haben.

Apropos Sommer. Schon Urlaub gebucht?
Ich hab noch nicht gebucht, aber wir wissen schon wo wir hinfahren. Wir wollen ins Virgental (liegt in Osttirol, Anm.) zum Wandern. 

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