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"Ich habe täglich Angst, Whatsapp-Nachrichten zu lesen"

Ungelesene Whatsapp-Nachrichten – viele fühlen sich gestresst, ständig antworten zu müssen. Eine Digital-Expertin klärt auf, was du dagegen tun kannst

20 Minuten
Whatsapp: Die ständige Erreichbarkeit kann Stress auslösen.
Whatsapp: Die ständige Erreichbarkeit kann Stress auslösen.
Getty Images/iStockphoto

Weltweit ist sie die beliebteste Messenger-App: Whatsapp. Im Februar 2020 verkündete das Unternehmen den Meilenstein von zwei Milliarden monatlich aktiven Nutzern. Doch der Messenger scheint Fluch und Segen zu sein. Denn die ständige Erreichbarkeit kann auch Stress auslösen.

Eine Tiktok-Userin beklagt sich über diese Entwicklung: "Es ist doch eine absolute Frechheit, dass wir Whatsapp-Nachrichten-beantworten als Punkt auf unsere To-do-Liste schreiben müssen."

Das sagt die Community

Mit dieser Ansicht ist sie nicht allein. Eine Leserin berichtet: "Ich glaube, ich habe eine Störung entwickelt. Inzwischen habe ich täglich Blockaden und Ängste, Whatsapp-Nachrichten zu lesen oder anzuhören. Gewisse Nachrichten lese ich wochenlang nicht und blende sie einfach aus."

Ein weiterer User schreibt, dass er sofort alle Nachrichten beantworten müsse, um sein Smartphone zu "bereinigen". Er könne nicht nachvollziehen, wie einige tagelang Nachrichten unbeantwortet lassen könnten. Einer Aargauerin geht es ähnlich: "Ich finde es respektlos, wenn man nicht am gleichen Tag antwortet. Ich finde es aber auch mühsam, wenn man zehn einzelne, kurze Nachrichten erhält – die ständige Vibration macht mich nervös."

Deshalb fühlen wir uns gestresst

Anna Miller, Buchautorin und Expertin für digitale Achtsamkeit, kann den Stress der Community nachvollziehen. In ihrem Buch "Verbunden" gibt sie Tipps zum bewussten Umgang mit Smartphone und Bildschirm. Miller kennt die Ursachen: "Whatsapp ist so ausgerichtet, dass man viele kurze Nachrichten schreibt. Und das ständig. Es hat keinen Anfang und kein Ende." Anders sei es bei einem Telefonat, bei dem man alles auf einmal bespreche.

"Da wir die Gespräche über einen sehr langen Zeitraum führen, haben wir immer das Gefühl, mehrere kleine Aufgaben erledigen zu müssen", erklärt Miller.

Des Weiteren sei Whatsapp eine sehr emotionale App, die ausschließlich auf zwischenmenschlichen Interaktionen beruhe. "Nachrichten zu schreiben gibt uns ein Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit. Wiederum kann dies auch Druck aufbauen – wir haben Angst, bestraft zu werden, wenn wir nicht antworten." Über Nachrichten persönlich zu kommunizieren, sei unglaublich schwierig. Ein Satz könne vom Empfänger ganz anders interpretiert werden als vom Absender vorgesehen. "Zwischen den Zeilen bleibt oft vieles unausgesprochen", führt Miller aus.

Das kann man dagegen tun

Miller sagt, jeder und jede müsse lernen, den eigenen Konsum zu regulieren. Zuerst solle man sich selbst reflektieren und sich bewusst werden, wie man kommunizieren wolle. "Hat man das für sich herausgefunden, sollte man das auch dem Gegenüber kommunizieren und sagen, dass man nicht gerne lange Sprachnotizen hört oder nicht der Typ ist, der den ganzen Tag hin und her schreibt."

Jede Person soll so kommunizieren können, wie sie es möchte. "Wenn das Gegenüber dies nicht akzeptiert, hat es vielleicht auch mit der persönlichen Beziehung zu tun."