Politik

Internet-"Haten" und eine "literarische Frage"

Heute Redaktion
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Die 17 Mitglieder der rechtsextremen "Identitären Bewegung" zeigen sich zu ihren Aktionen geständig, wollen sie aber nicht als Verhetzung sehen.

Wegen Verhetzung und Bildung einer kriminellen Vereinigung stehen 17 Mitglieder der rechtsextremen "Identitäre Bewegung Österreich" (IBÖ) in Graz vor Gericht. Sie geben ihre Aktionen zu, bestreiten aber, dass es sich um Verhetzung handelt.

Am zweiten Prozesstag wurde erneut IBÖ-Gründer Martin Sellner in den Zeugenstand gerufen. Der Staatsanwalt spielte ein Video aus dem Internet vor, in dem der IBÖ-Chef sagt, "trollen und haten" seien normale Manöver im Internet. Das entspreche laut Staatsanwalt exakt der Anklage, nämlich dem Vorwurf zum Hass aufzurufen.

"Haten" nur in "negativen Kommentaren" im Internet

Sellner widersprach und beteuerte, er habe "echte Verhetzungen" immer gelöscht und nicht verurteilt. "Haten" habe nichts mit Hass schüren zu tun, sondern zum Beispiel damit, bei einem Internet-Video "negative Kommentare zu hinterlassen".

Anschließend kam der Staatsanwalt noch einmal auf die IBÖ-Aktion am Dach der türkischen Botschaft in Wien zu sprechen. Sie hatten ein Transparent mit der Aufschrift "Erdogan, hol deine Türken ham" entrollt. "Wir meinten Erdogans Anhänger", sagte Sellner. Darauf der Ankläger: "Das steht da aber nicht, es steht Türken." Die Antwort des IBÖ-Chefs: "Das ist eine literarische Frage."

Job wegen rechter Aktionen verloren

Danach wurde der Leiter der IBÖ Niederösterreich, Patrick Lenart, in den Zeugenstand gerufen. Der 30-Jährige ist wie Sellner Philosophie-Student und seit 2016 Obmann der Gruppe. Der Hauptgrund für sein Engagement sei, "dass man sich in Österreich mit patriotischer Einstellung dauernd rechtfertigen musste", sagte er vor Gericht.

Er selbst habe wegen einer Identitären-Aktion bei der Wiener Votivkirche seinen Arbeitsplatz verloren. "Nicht weil ich ein schlechter Arbeiter war, sondern weil mein Arbeitgeber Druck von anderen bekam", sagte Lenart.

Einzige weibliche Angeklagte im Zeugenstand

Die einzige weibliche Angeklagte, eine 18-jährige Steirerin, wurde ebenfalls in den Zeugenstand gerufen. Sie war bei einer Aktion in Graz beteiligt gewesen. Zur IBÖ sei sie gekommen, weil sie in Bezug auf Masseneinwanderung "schon schlechte Erfahrungen gemacht" habe. Sie erklärte, dass in einem Lokal in Voitsberg "Asylanten" Frauen sexuell belästigt hätten.

Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. (red)