Politik

"Freiheit vermitteln, indem wir etwas verbieten"

Heute Redaktion
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In der ORF-Sendung "Im Zentrum" ging es um das angedachte Kopftuch-Verbot für Kinder. Johann Gudenus (FPÖ) wurde vorgeworfen, Teil des Problems zu sein.

Für den Bildungsminister Heinz Faßmann hat das angedachte Kopftuch-Verbot für Kinder bis 10 Jahre vor allem "Signalwirkung". In der ORF-Sendung "Im Zentrum" diskutierten am Sonntag die Autorinnen Zana Ramadani und Khola Maryam Hübsch mit FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus, NEOS-Chef Matthias Strolz und dem Soziologen Kenan Güngör.

Wie groß ist das Problem?

Johann Gudenus als Stellvertreter der Regierung wurde vorgeworfen, oberflächliche Politik zu betreiben und mit den - berechtigten - Ängsten der Gesellschaft Geschäft zu machen. Man wisse ja nicht einmal, wie groß das angebliche Problem tatsächlich ist.

"Niemand kann das mit Sicherheit sagen", so Güngör. Es sei schlicht noch nicht erhoben worden. Er persönlich gehe davon aus, dass eine "homöopathische Anzahl" an unter 10-jährigen Mädchen in Österreich Kopftuch trägt, Strolz schätzte vielleicht "einige Hundert, bei 9 Millionen Einwohnern". Gudenus hingegen sprach später von "Tausenden, wenn nicht noch viel viel mehr" - ebenfalls ohne auch nur irgendeinen Beweis für diese Zahlen zu nennen.

Feminismus vs. Religionsfreiheit

Die die Autorin Khola Maryam Hübsch, die mit Kopftuch im Studio saß, ist die Entscheidung ein Kopftuch zu tragen, etwas Existenzielles. Das könne man nicht einfach verbieten. Sie fand es paradox, Frauen mit einem Verbot vom Kopftuch "befreien" zu wollen. "Wir wollen freiheitliche Werte vermitteln, und das machen wird, in dem wir etwas verbieten", sagte sie und wollte damit auf den Widerspruch hinweisen. Kinder unter 10 Jahren sollten aber auch für sie auf keinen Fall Kopftuch tragen, weil es im Islam schlicht nicht so vorgeschrieben ist. Ein Verbot sei für sie aber dennoch der falsche Weg.

Die Autorin Zana Ramadani ging mit Hübsch hart ins Gericht. Sie hatte das Kopftuch in der Vergangenheit als "Leichentuch" bezeichnet. Es sei keine Religionsfreiheit, es zu tragen, sondern vielmehr Vorschrift. Für sie gehe es um Sexismus, das Kopftuch führe zu Geschlechtertrennung und es würde Frauen sexualisieren.

Vizekanzler Strache über das Kopftuchverbot





Oberflächliche Politik

NEOS-Chef Matthias Strolz zeigte sich generell bereit, über die Maßnahme politisch zu diskutieren. Er warf der Regierung aber oberflächliche Politik vor, man müsse die Sache an der Wurzel packen und mehr Geld für Integration zur Verfügung stellen. Gudenus konterte, dass Strolz wohl das Wort Integration nicht verstanden habe.

Der FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus fiel mit polemischen Aussagen auf. Die Stichworte "Islamisierung" und "politischer Islam" fielen mehrmals. Er sprach davon, dass der Islam nicht "Friede", sondern "Unterdrückung, Unterwerfung" bedeuten würde. Einen fiktiven Roman von Michel Houellebecq ("Die Unterwerfung") hält er dabei für wahr und legt die Aussagen des Buches auf die Realität um.

20 - 30 Prozent tragen Kopftuch

Der Soziologe Kenan Güngör erinnerte sich im Zusammenhang mit der Politik der Regierung an einen Satz eines Philosophen: "Mit der Wahrheit lügen". Er weist darauf hin, dass lange nicht alle muslimischen Frauen Kopftuch tragen würden. Das seien etwa 20 bis 30 Prozent der in Österreich Lebenden Muslimas. Man müsse das alles im richtigen Zusammenhang sehen und die Größe des Problems richtig einschätzen.

Er räumte ein, dass es Probleme gab, setzte sich aber dafür ein, dass diese sachlich und ohne Schwarz-Weiß-Denken diskutiert werden. "Dieser Negativismus den Sie haben, ist auch ein Teil des Problems", warf er Gudenus vor. Er und auch die Autorin Hübsch würden sich kindisch verhalten.

Kopftuch = Selbstausgrenzung

Für Johann Gudenus ist die Lösung der schlechten Integration einfach: "Keine Einwanderer aus Ländern, wo die Menschen nicht fähig sind, sich zu integrieren", meint er. Die Menschen in Österreich würden zurecht von einer "islamistischen Invasion" sprechen. Das Kopftuch sei für Gudenus ein Zeichen der Selbstausgrenzung und damit hinderlich für die Integration.

Einen "Islam europäischer Prägung", wo muslimische Menschen integriert in einer säkularen europäischen Gesellschaft leben bezeichnet er ganz verallgemeinernd als "Utopie". (red)