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In "Battlefield V" soll man einen Nazi spielen

Heute Redaktion
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Viele Videogames tun sich schwer mit einer angemessenen Selbstzensur. Ein Beispiel dafür ist die neue Mission "Der letzte Tiger" im Shooter "Battelfield V".

"Political Correctness" und "Social Justice" sind Schlagwörter, mit denen man derzeit viele Gamer und Filmfans auf die Palme bringen kann. Denn während niemand etwas dagegen hat, dass Entwickler in Filmen und Videospielen fair bleiben und die politische Contenance behalten wird, sind offensichtliche Anbiederungen so manchem ein Dorn im Auge.

Ein besonders heikles Thema ist seit jeher der Umgang mit dem Nationalsozialismus. Und während man in den USA in Sachen Nazis schon immer etwas lockerer drauf war, sorgt das Thema in Deutschland und Österreich verständlicherweise für mehr Aufregung.

Heikle Premiere

Unvergessen etwa die Diskussion um "Wolfenstein 2: The New Colossus", das im letzten Herbst eigens für den deutschen und österreichischen Markt entschärft wurde. Aus Gründen des Verfassungsschutzes wurden Hakenkreuze durch Fantasiesymbole ersetzt, und aus Hitler wurde "Herr Heiler" samt abrasiertem Schnauzer. Das hat auch außerhalb der betroffenen Länder für Unverständnis gesorgt. Inzwischen sind Nazi-Symbole in Videogames aber auch hierzulande erlaubt – allerdings nur, wenn sie das Zeitgeschehen kritisch aufarbeiten, was akribisch geprüft wird.

Bei einer neuen Mission in "Battlefield V"-DLC "Overture" hat man auf Hakenkreuze dennoch verzichtet. Ganz offensichtlich will man sich bei Entwickler Dice nicht die Finger verbrennen. Doch dieses Vorgehen steht in einem krassen Widerspruch zum Inhalt der Mission "Der letzte Tiger", bei der man die Sicht eines deutschen Wehrmachtssoldaten einnehmen soll. Zumal das für einen Blockbuster-Titel in der Größenordnung von "Battlefield V" eine Premiere darstellt.

Ungewohnte Perspektive

Was im ersten Teil der Serie "Battlefield 1942" im Multiplayer möglich war, ist nun also eingebettet in eine inszenierte Erzählung. Und genau diese Geschichte ist heikel. Denn als Spieler schlüpft man in die Rolle eines Wehrmachtssoldaten namens Peter Müller. Dieser ist der Kommandant einer deutschen Panzerdivision. So kämpft man sich im "Tiger"-Tank gegen Ende des Zweiten Weltkrieges durch eine fiktive Stadt, die gerade von den Alliierten befreit wird.

Besonders spektakulär ist das alles nicht. Die Mission bietet ein intensives und stimmiges Shooter-Erlebnis, wie es in "Battlefield V" durchaus die Norm ist. Diskussionswürdig ist hingegen das Setting: Man erlebt den Krieg aus Sicht eines brutalen Nazi-Kommandanten, der die Propaganda des Dritten Reichs mitträgt.

Unklare Absichten

Ganz wohl war die Sache offenbar selbst den Entwicklern nicht. Im Lauf der Geschichte realisiert Peter Müller nämlich, was für ein Schreckensregime er unterstützt. Man wird mit den Verbrechen der Nazis konfrontiert, und während eines Gefechts wird dem unbarmherzigen Panzerkommandanten klar, dass er auf der falschen Seite kämpft.

Eine etwas merkwürdige Wendung, das besser nach Hollywood als zu "Battlefield" gepasst hätte. Auch was Dice damit erreichen wollte, ist unklar. Um die Verbrechen der Nazis zeigen zu können, muss man jedenfalls nicht erst einen Wehrmachtssoldaten spielen. Bereits wird den Entwicklern denn auch vorgeworfen, man habe die Mission vor allem der Kontroverse Willen programmiert. Sicher ist: Der korrekte Umgang mit politisch sensiblen Inhalten wird nicht nur bei Kriegsspielen mit Nazi-Thematik weiterhin für rote Köpfe sorgen. (srt)