FPÖ-Chef Herbert Kickl führt in Umfragen – hat Kanzler Nehammer noch eine Chance auf den Sieg?
Helmut Graf
Zwei Wochen noch bis zur richtungsweisenden Nationalratswahl. In einer brandaktuellen Unique-Research-Umfrage für "Heute" führt die FPÖ das Feld klar an. Doch macht das Land am 29.9. tatsächlich blau? 28 zu 25 statt das Rennen zwischen FPÖ und ÖVP derzeit – zugunsten Kickls.
"Die FPÖ hat alle Chancen auf Platz eins", analysiert "Heute"-Meinungsforscher Peter Hajek. Die Studie weist jedoch noch eine Schwankungsbreite von 3,5 Prozent auf. An diese theoretische Mini-Chance auf den Sieg klammern sich nun die Schwarzen.
ÖVP zählt auf eigenen Meinungsforscher
Hochrangige Partei-Strategen werden nicht müde, die Umfragen ihres langjährigen Haus- und Hofdemoskopen zu zitieren, in denen die ÖVP nur 1,5 Punkte hinter Herbert Kickl liegt. Dessen Wählerschaft – das belegt die neue "Heute"-Studie – ist allerdings sehr gut mobilisiert.
Kickl kann 83 Prozent der Hofer-Wähler von 2019 halten (Nehammer 54 Prozent der Kurz-Wähler, Babler 60 Prozent der Rendi-Wähler). Besonders wichtig für den blauen Frontman: Für mehr als die Hälfte der FPÖ-Anhänger kommt keine andere Partei in Frage. Die ÖVP hingegen kann noch an die Freiheitlichen verlieren; die Roten müssen Richtung Grüne abdichten.
Was sonst ins Auge sticht:
2024 gibt es keinen wirklichen Kanzlerbonus: Kickl kann Karl Nehammer in der (fiktiven) Bundeskanzler-Direktwahl Paroli bieten – es steht 30 zu 29 Prozent mit leichtem Vorteil für den ÖVP-Obmann.
Obwohl Nehammer nicht müde wird, "Leistung, Familie und Sicherheit" zu propagieren, stehen die Erwerbstätigen (30-59 Jahre) stark hinter Kickl. In den Rohdaten liegt er in dieser Altersgruppe 13 Prozentpunkte vor der ÖVP.
Kickl ist in Kärnten und der Steiermark bärenstark. Andreas Babler räumt in Wien ab. Im Osten ist das Rennen offen. Österreichs entscheidender "Swing State"? Niederösterreich.
Die Pensionisten halten Nehammer im Rennen um den Sieg (und Andreas Babler über der 20-Prozent-Marke).
Nehammer mit "Pensi-Wahlkampf"
Auf sie ist auch der etwas langweilig anmutende Wahlkampf der ÖVP voll zugeschnitten: Nehammer verspricht "Stabilität"; gibt sich als Mann der Mitte. Sein Kalkül: Abgrenzung in Richtung rechte (Kickl) und linke (Babler) Ränder. Der SPÖ-Chef sitzt in der Doppelmühle – Jungen ist die SPÖ, etwa beim Thema Klimaschutz, zu wenig vertrauenswürdig; Ältere schreckt sie (Stichwort Marxismus, Cannabis-Legalisierung, 32-Stunden-Woche) mit Extrempositionen ab.
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Gelingt Nehammer doch Platz 1?
Wird der an Inhalten und Aufregern arme Wahlkampf 2024 am Ende vom Wetter entschieden? So weit hergeholt es auch klingt: Im Falle heftiger Folgen der Kapriolen könnte die Stunde des hemdsärmeligen Kanzlers schlagen. Der Bundesheer-Soldat ist in seiner Rolle als Krisenmanager glaubhaft und reagierte sofort. Nehammer sagte sämtliche Wahlkampf-Auftritte am Wochenende in Oberösterreich ab und beriet sich am Samstag mit dem Krisenstab im Innenministerium.
Gelingt ihm – entgegen der Prognosen sämtlicher Demoskopen – doch Platz eins? Die Zeit wird's zeigen. Noch 15 Tage ...