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Interview: AUA-Flugbegleiterin packt aus

Marion Eder (55) aus Zell am See (Salzburg) ist seit 33 Jahren Flugbegleiterin bei Austrian Airlines.

Heute Redaktion
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Bild: Austrian

Marion Eder liebt ihren Job, der sie in 72 Länder geführt hat, wie am ersten Tag. "Heute" sprach mit ihr über die Freuden und Herausforderungen ihres Jobs, unvergessliche Flüge und den Umgang mit Turbulenzen und Passagieren mit Flugangst.

Ein Mädchen aus Zell am See will Anfang der Achtzigerjahre in die große weite Welt hinaus und beginnt sich für fremde Kulturen zu interessieren. Ein paar Jahre später entschließt sie sich dazu, Flugbegleiterin zu werden. Aus drei Jahren - so der anfängliche Plan - werden 33 Jahre und noch immer übt Marion Eder diesen Job mit Leidenschaft aus und freut sich wie ein kleines Kind, wenn China am Dienstplan steht.

"Heute": Wie lange sind Sie schon als Flugbegleiterin tätig?

Marion Eder: Ich bin seit 33 Jahren Flugbegleiterin bei Austrian und fliege nach wie vor sehr gerne. Die Zeit ist im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug vergangen. Es macht mir nach wie vor viel Spaß. Jeder Flug ist eine neue Herausforderung und ich mag das Gesamtpaket Fliegen sehr gerne.

Was macht dieses Gesamtpaket für Sie aus?

Es ist die Abwechslung, ich habe ständig mit anderen Kollegen, anderen Fluggästen und unterschiedlichen Destinationen zu tun. Und wenn dann die Passagiere aussteigen, sich bedanken und lächeln, freut mich das persönlich nach wie vor. Ich kriege das Feedback nicht Tage später, sondern erfahre eigentlich gleich, ob alles gepasst hat oder nicht.

Wie sind Sie zu dem Job gekommen?

Ich hab nach dem Gymnasium die Skilehrerausbildung gemacht. Das hat, wie ich etwa 18 Jahre alt war, mein Interesse an fremden Kulturen geweckt. Ich bin auch schon als Jugendliche immer sehr gerne gereist. Dann hab ich das Fremdenverkehrskolleg in Kleßheim gemacht. Da ist die AUA jeden Tag drübergeflogen. Da habe ich mir gedacht: "Das wäre es irgendwie". Ich bin noch nach Genf gegangen, um mein Französisch zu perfektionieren. Auch dort habe ich wieder die AUA jeden Tag um 12.45 Uhr gesehen und mir gedacht, das ist ein Zeichen: Ich habe mich beworben und es hat gut funktioniert. Aus drei Jahren - so war mein ursprünglicher Plan - sind dann 33 Jahre geworden.

Wie viele verschiedene Strecken sind Sie in Ihrer Karriere geflogen?

Ich bin eigentlich das gesamte  Streckennetz von Austrian geflogen. Sowohl auf Lang- wie auch auf Kurzstrecke bin ich unterwegs und kenne eigentlich alle Destinationen, die Austrian Airlines anfliegt.

An welche Herausforderungen sollten junge Menschen, die sich für den Job als Flugbegleiter interessieren, auch denken?

Man muss das ganze schon auch realistisch angehen. Es ist ein sehr unregelmäßiger Job - auf der Langstrecke etwa durch die Zeitverschiebung verschärft - mit dem muss man umgehen und sich darauf einstellen. Es gibt Nachtdienste, es ist ein Arbeiten auf engem Raum und mit unterschiedlichen Kollegen. Flexibilität ist absolut wichtig und eine Grundvoraussetzung, um diesen Beruf ergreifen zu können. Man muss auch gesundheitlich in gutem Zustand sein. Wenn man etwa an Schlafproblemen leidet, sollte man überdenken, ob der Job der richtige ist.

Wie läuft die Vorbereitung auf einen Flug?

Eineinhalb Stunden treffen wir uns im Head Office. Wir machen eine Flugvorbereitung. Jeder Flug wird mit der Crew genau durchgesprochen. Im Anschluss geht man zum Crewbus und fährt etwa 40 Minuten vorher zum Flugzeug hinaus, macht die Vorbereitungen an Bord. Zunächst wird gecheckt, ob die Sicherheit gewährleistet ist, das gesamte Equipment an Bord ist und ob der Flieger in einem sauberen Zustand ist. Dann kommen schon die Passagiere und es geht los.

Hat sich der Job in den letzten 30 Jahren stark verändert?

Er hat sich insofern verändert, dass die Firma viel größer geworden ist. Als ich begonnen habe, gab es in der Firma 400 Flugbegleiter, Mittlerweile sind es 2.500. Alles verändert sich, auch in der Luftfahrt. Ich sehe diese Veränderung aber sehr positiv.

Gibt es in Ihrer Laufbahn berufliche Ereignisse, die Sie als herausragend bezeichnen würden?

Ja, mein Erstflug war so ein Erlebnis, wegen des Gefühls, es geschafft zu haben und dabei sein zu dürfen. Das hat mich mit Stolz erfüllt. Ich möchte auch den Weltreiseflug hervorheben, der für mich persönlich ein absolutes Highlight war. Der war vom Österreichischen Luftfahrtverband organisiert. Wir waren 18 Tage unterwegs und sind einmal um die Welt geflogen. Der Moment, als der Pushback-Wagen gekommen ist und wir gewusst haben, dass wir auf Weltreise gehen, war ergreifend. Wir waren eine eingeschweißte Truppe von 60 Passagieren und sechs Besatzungsmitgliedern und haben den ganzen Tag zusammen verbracht. Weiters erinnere ich mich noch an den Landeanflug auf Rio im August. Ich hatte einen Sonderflug mit dem ungarischen Olympiateam und der Anflug in Richtung Corcovado hat mich fasziniert.

Was sind Ihre drei Lieblingsdestinationen?

Ich liebe China, meine Lieblingsdestination ist Peking, mittlerweile auch Shanghai, weil Austrian seit Herbst dort hinfliegt. Mich fasziniert die Kultur in China. Da kann ich gut meine privaten Interessen mit einfließen lassen und ich freue mich immer sehr, wenn ich China am Dienstplan stehen haben. Privat fliege ich gerne mit Austrian nach Italien, nach Rom oder Florenz. Ich liebe dieses Gesamtpaket Italien - unspektakulär, aber immer wieder schön und stimmig. Eine neue Lieblingsdestination ist Berlin. Meine Tochter lebt gerade dort und ich bin gerade ein bisschen dabei, Berlin zu entdecken. Ich habe Berlin ein wenig unterschätzt, die Stadt ist noch viele Reisen wert.

Sie sind viel auf Reisen. Haben für Sie als Reiseprofi Souvenirs eine Bedeutung?

Ich habe zuhause einen riesigen Setzkasten, der ist wirklich voll gerammelt. Ich versuche, von jeder Reise - sei es eine Muschel von der Copacabana, ein kleines Souvenir aus Shanghai oder eine Muschel aus Mauritius - eine Kleinigkeit mitzubringen. Immer, wenn ich daran vorbeigehe, werfe ich einen Blick darauf und die Erinnerungen kommen zurück.

Sind Ihre Kinder in Ihre Fußstapfen getreten?

Meine Tochter ist Innenarchitektin, sie ist eher die Tüftlerin. Aber mein Sohn fliegt, er ist Pilot (nicht bei Austrian, Anm.).

Haben Sie einen Lieblingsflughafen?

Ja, ich liebe den Flughafen in Barcelona und den Anflug darauf. Er ist so hell und freundlich, Barcelona empfängt einen herzlich.

Nehmen Sie sich Zeit, die Destinationen zu erkunden, wenn Sie dienstlich unterwegs sind?

Ich finde, das ist das Schöne an meinem Beruf. Man hat die Möglichkeit, sich etwas anzuschauen und kann die fremde Stadt auf sich wirken lassen. Ich mache das eigentlich immer. Ich bereite mich auf die Reise vor, suche mir Hotspots aus und stimme mich mit Maß und Ziel auf die Destination ein, ohne mich zu überfordern.

An Bord von Flugzeugen kommt es oft zu Turbulenzen und im schlimmsten Fall zu Sicherheits- oder Notlandungen. Wie oft sind Sie schon in solche Situationen geraten?

Ich muss auf Holz klopfen. In 33 Jahren hatte ich Gott sei Dank nie wirklich eine brenzlige Situation, abgesehen von einigen heftigeren Turbulenzen. Wir sind von Seiten der AUA gut geschult. Einmal im Jahr findet eine Sicherheitsschulung mit vielen Übungen und einer Abschlussprüfung statt. Auch Erste Hilfe ist ein großes Schulungsthema. Wir sind hier besten vorbereitet.

Für Passagiere ist es meistens nicht so schlimm, weil sie angeschnallt sind. Aber wie erlebt man Turbulenzen als Flugbegleiter?

Das gehört zu meinem Job dazu. Flugzeuge sind darauf ausgerichtet, um in Turbulenzen zu fliegen. Ich habe noch nie Angst oder ein ungutes Gefühl gehabt. Es ist unangenehm, man versucht sich hinzusetzen und etwa in der Küche alles zu verschließen und wartet ab, bis es besser wird. Ich habe einen guten Magen (lacht).

Im Flugzeug sitzen viele Menschen "auf einem Haufen". Da kann es sein, dass es zu Streitereien kommt. Erleben Sie das häufig?

Es kommt natürlich vor, aber meistens hilft es, wenn ich hingehe, mit den Leuten rede, versuche sie ernst zu nehmen und auf die Problematik einzugehen. Wenn ich spüre, dass ich nicht weiterkomme, mache ich Lösungsvorschläge, setze eventuell Fluggäste um, aber im Normalfall hilft eigentlich ein Gespräch. Man lotet aus, wie weit man geht, ein bisschen Fingerspitzengefühl ist nötig. Eine wirkliche Eskalation habe ich noch nie erlebt.

Es gibt viele Fluggäste mit Flugangst. Was sind Ihre Tipps für Passagiere mit Flugangst?

Wenn man mit den Leuten spricht, beruhigend auf sie einwirkt und ihnen zu verstehen gibt, dass Flugangst ein häufiges Thema ist und sie das Gefühl haben, sie werden ernst genommen, ist das sehr hilfreich. Wenn ich spüre, dass das Problem in die Tiefe geht und es ein Charterflug ist, bei dem die Uhren anders ticken, ersuche ich eventuell den Kapitän, ob er Zeit für ein kurzes Gespräch findet. Außerdem setze ich Passagiere mit Flugangst entweder in den vorderen Kabinenbereich oder schenke keinen Alkohol aus.

Gibt es noch Orte, an denen Sie noch nie waren und die Sie gerne kennenlernen würden?

Eigentlich nicht. Aber Australien reizt mich absolut. Ich war schon dort, würde das Land aber gerne länger besuchen. Es ist mein privater Wunsch, einmal ein bisschen auszusteigen und nach Australien zu fahren. Das ist mein kleiner Jungmädchentraum, den ich hoffentlich einmal verwirklichen kann.

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