Fussball

Ivanschitz: "Fühle mich im Rapid-Stadion nicht unwohl"

Andreas Ivanschitz war mit 16 Rapid-Spieler, mit 19 ÖFB-Kapitän. In "Heute" spricht er über Yusuf Demir, das Nationalteam und seine Vienna-Mission.

Martin Huber
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Andreas Ivanschitz: "Es ist keine leichte Situation von Demir und sicher nicht ideal."
Andreas Ivanschitz: "Es ist keine leichte Situation von Demir und sicher nicht ideal."
GEPA

"Heute": Wie beurteilen Sie die Lage im Fußball-Nationalteam? Gibt es eine Krise?

Andreas Ivanschitz: "Von Krise würde ich nicht reden. Ich kann es nur von außen beurteilen und da passte vieles nicht zusammen. Aber der Kader ist gut. Ich gehe davon aus, dass wir das in den Griff kriegen und wieder erfolgreiche Spiele sehen werden."

"Die Qualität ist richtig gut. Ob es die beste ist, will ich nicht sagen"

Manche Experten sehen ein historisch gutes Spieler-Potential. Sie auch?

"Wir hatten immer wieder großes Potential. Die Qualität ist richtig gut. Ob es die beste ist, will ich nicht sagen. Es ist sicher ein starker Kader, mit dem man gut arbeiten kann und Erfolg haben kann."

Die WM-Quali wurde verpatzt. Zur EURO gibt es unterschiedliche Meinungen.

"Die EURO hat sich hochgeschaukelt durch die Resultate. Generell vom Spiel war die EM nicht der große Leckerbissen, aber die Resultate haben gestimmt. Mit dieser Euphorie ging man in die Qualifikation. Wenn es dann nicht rennt, ist man enttäuscht. Aber das ist Fußball. Du musst ständig liefern. Du kannst dich auf nichts ausruhen. Das Schöne ist, du kannst Schlechtes sofort ausbessern."

Wie wichtig ist die Rolle von Neo-ÖFB-Präsident Milletich?

"Ich kenne ihn nicht persönlich. Ich weiß nicht, ob er Einfluss auf den sportlichen Erfolg nehmen kann. Der ÖFB-Präsident ist aber definitiv eine wichtige Person."

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    Das ÖFB-Team scheitert in der WM-Qualifikation. Der blamable Weg des Nationalteams in Bildern.
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    Gepa

    Sie haben mit 16 Jahren bei Rapid gespielt, waren mit 19 ÖFB-Teamkapitän unter Hans Krankl. Förderlich oder zu früh?

    "Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Heute stehe ich da und kann das mit Abstand beurteilen, obwohl ich mich an viele Dinge nicht so richtig erinnern kann, weil es so schnell gegangen ist. Debüt bei Rapid, viele Einsatzzeiten, Fußballer des Jahres, Nationalteam, dann Kapitän. Es ging rasch, das haben viele kritisiert. Aber für mich war es damals beflügelnd. Mich hat das in keiner Weise unter Druck gesetzt. Was mir gefehlt hat, um der Kapitänsrolle richtig gerecht zu werden, war die Erfahrung. Die habe ich nicht haben können. Aber am Platz habe ich immer alles gegeben und war ein gutes Vorbild."

    "Fans polarisieren, Fans wollen Statements abgeben. Teilweise ist es schon zu extrem"

    Im Nachhinein: Was hat die Reaktion der Rapid-Fans nach dem Wechsel zu Salzburg mit Ihnen gemacht?

    "Man kann im Nachhinein über den Schritt diskutieren, ob er richtig oder falsch war. Sportlich gesehen war es in Salzburg eine kurze Zeit, die mir nicht viel gebracht hat. Zum negativen Echo: Das ist so. Wenn man Entscheidungen trifft, dann werden die kritisch gesehen. In meinem Fall hatte das eine andere Bedeutung, weil ich bei Rapid aufgewachsen bin. Für mich war es aber in diesem Moment der richtige Schritt. Sportlich hat es mich aber nicht weiter gebracht."

    Haben die Rapid-Fans heute zu viel Macht?

    "Es ist viel Zeit vergangen. Viele Rapid-Fans sind normal mir gegenüber. Wenn ich im Rapid-Stadion bin, fühle ich mich heute nicht unwohl. Dass es damals dieses Negative gab, damit habe ich in dieser Form nicht gerechnet. Aber es ist so. Fans polarisieren, Fans wollen Statements abgeben. Das ist bei manchen Vereinen stärker. Teilweise ist es schon zu extrem."

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      Steffen Hofmann, Marcel Koller und Andreas Herzog sind heiße Kandidaten auf die Kühbauer-Nachfolge bei Rapid.
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      Gepa

      Sie hatten viele internationale Stationen in Ihrer Karriere. Geschwärmt haben Sie von Spanien und Levante. Wie sehen Sie die ersten Monate und die Leistungen von David Alaba bei Real Madrid?

      "Ich verfolge es genau, weil mich der spanische Fußball interessiert. Der David ist dort angekommen und zeigte von Tag eins tolle Leistungen. Auch in den Zeitungen gibt es positives Feedback. Der erste Eindruck ist ganz wichtig, dass man anerkannt ist. Er hat ein wunderschönes Tor im Clasico geschossen. Da hat er sich einen idealen Zeitpunkt ausgesucht – auswärts bei Barcelona so ein Traumtor. Das wird ihm und den Real-Fans in Erinnerung bleiben."

      "Das ist keine leichte Situation von Demir und sicher nicht ideal"

      Wie schwierig ist die Situation für Yusuf Demir bei Barcelona? Laut "Heute"-Datenbank spielte er bisher im Schnitt rund 20 Minuten pro Match in seiner Profi-Karriere. Ist das ein Problem?

      "Im Alter von Yusuf ist es extrem wichtig, dass man spielt. Wenn man Mitte oder Ende 20 ist und weniger spielt, kann man das kompensieren. Mit 18, 19 Jahren ist das nur schwer möglich. Er hat aber auch bei Rapid nicht viel gespielt. Jetzt hat er den nächsten großen Schritt gemacht zu Barcelona, wo man im Vorfeld schon gewusst hat, dass es noch schwieriger wird. Das ist keine leichte Situation und sicher nicht ideal."

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        Yusuf Demir startet mit 18 Jahren bei Barca durch. Der Wiener zeigt in der Saisonvorbereitung auf. Beim 3:0 gegen Juve steht er in der Startelf, steuert den Assist zum ersten Tor zu. Es ist die Generalprobe einen Woche vor dem Saisonstart gegen Real Sociedad (15. August).
        Yusuf Demir startet mit 18 Jahren bei Barca durch. Der Wiener zeigt in der Saisonvorbereitung auf. Beim 3:0 gegen Juve steht er in der Startelf, steuert den Assist zum ersten Tor zu. Es ist die Generalprobe einen Woche vor dem Saisonstart gegen Real Sociedad (15. August).
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        "So einen Trainer zu haben, war ein Segen"

        Sie spielten unter großen Trainern wie Champions-League-Sieger Thomas Tuchel. Haben Sie seinen Erfolgsweg vorhergesehen?

        "Vorhersehen konnte ich das natürlich nicht. Aber ich habe gemerkt, dass das ein toller Trainer ist. Er hat so viel bewegt in kürzester Zeit, war eine unglaubliche Persönlichkeit. Er hatte ein Wissen, wie ich es selten gesehen habe. Dementsprechend haben wir Erfolg gehabt und habe ich als Spieler extrem profitiert. Das war top, eine wunderbare Zeit – mit vielen Toren und Assists von mir. Ich habe so viel gelernt. Vom Alter her war ich fast in meiner Primetime. So einen Trainer zu haben, war ein Segen. Das muss ich ehrlich sagen. Ich habe dort eine meiner besten Zeiten als Profi gehabt.“

        Welche Episode vergessen Sie nie?

        "Er war extrem fordernd. Es gab viele Gespräche, wo er meinte: ,Andi, ich fordere das und das.‘ Es ging in jedem Training um jeden Zentimeter, um die Passgenauigkeit. Vermittelte er eine Philosophie, mussten wir das sofort übernehmen. Das war anstrengend und fordernd. Es hat mich aber motiviert und angestachelt.“

        "Salzburg ist beeindruckend, sie sorgen auch international für Furore"

        Salzburg spielt derzeit in Europa auf: Was ist möglich in der Champions League?

        "Das System Salzburg und Red Bull ist ein Vorzeigesystem. Man hat finanzielle Mittel, die werden hervorragend eingesetzt. Sie verkaufen Spieler, stopfen die Löcher im Profibereich mit eigenen Talenten und Spielern. Das ist beeindruckend. Das ist für den österreichischen Fußball top, sie sorgen auch international für Furore."

        Ist das Red-Bull-System auf ein Nationalteam übertragbar?

        "Es ist schwierig. Du hast im Endeffekt weniger Zeit. Und du musst verschiedene Spieler aus verschiedenen Mannschaften zusammenfügen. Grundsätzlich von der Philosophie glaube ich, dass man offensiv verteidigen kann, nicht abwartend ist und eine Intensität reinkriegt. Aber das alles zusammen zu führen im Nationalteam, halte ich für schwierig."

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          Österreichs EM-Sommermärchen 2021 in Bildern.
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          "Das Coole ist, bei der Vienna können wir Jungs und Mädchen etwas bieten"

          Sie sind Ausbildungschef bei der Vienna. Was ist die genaue Mission?

          "Wir sind Ausbildner. Wir wollen Jungs und Mädels unterstützten ihren Weg zu gehen. Jeder seinen individuellen Weg. Wir wollen für jeden da sein, ihn unterstützen. Was trainiert man? Welche Werte sind wichtig? Für was stehen wir? Welche Philosophie und Identität haben wir? Das ist ein ständiger Prozess. Wir sind in der Entwicklung, etwas aufzubauen. Das Potential bei der Vienna ist hundertprozentig da. Wir feilen an allen Ecken daran. Das Coole ist, dass wir Jungs und Mädchen etwas bieten können. Das ist spannend, das können wenig Vereine. Bei den Damen sind wir bereits in der Bundesliga."

          Viele Eltern versuchen die Kinder weg vom Handy zum Sport zu bringen. Was ist Ihr Tipp?

          "Das Wichtigste ist, als Eltern ein Vorbild zu sein. Es geht um Bewegung und Sport. Das ist am Land einfacher als in der Großstadt. Auslöser sind die Eltern. Wie du es vorlebst, so nehmen es die Kinder an."

          Bei der Vienna ist im Nachwuchs Trampolinspringen ab November eine Ergänzung beim Training. Warum?

          "Es bietet hundertprozentig einen Mehrwert. Es ist gesund, fördert die Stabilität und das Gleichgewicht. Den Kindern taugt es, wir haben es bei den Sommercamps ausprobiert. Jetzt wollen wir das ins Training einbauen. Vor allem in den kalten Wintermonaten zusätzlich zum normalen Training einen weiteren Reiz setzen. Es ist eine zusätzliche Fitness-Einheit."

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            David Alaba wechselte im Sommer 2021 von den Bayern zu Real. Seine erste "königliche" Saison in Bildern.
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              Die legendärsten ÖFB-Legionäre 
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