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Spätes Eingeständnis "ist eine Schande"

Heute Redaktion
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US-Präsident Donald Trump findet die Version Saudi-Arabiens glaubwürdig. Der US-Kongress hingegen zweifelt. Auch die Türkei hat sich zu Wort gemeldet.

Saudi-Arabien bestätigt die Tötung des Regierungskritikers und Journalisten Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat. Dies berichteten saudische Staatsmedien. Demnach starb er nach einem Kampf im Konsulat. Die "Diskussionen" zwischen Khashoggi und "denjenigen, die er im Konsulat des Königreichs in Istanbul getroffen" habe, "entwickelten sich zu einem Faustkampf, der zu seinem Tod führte", berichtete die amtliche Nachrichtenagentur SPA mit Verweis auf die Staatsanwaltschaft. Damit räumte Saudi-Arabien mehr als zwei Wochen nach dem Verschwinden Khashoggis den Tod des Dissidenten ein.

"Wo ist die Leiche?"

18 saudische Staatsbürger wurden festgenommen. Zudem wurde mit Verweis auf einen königlichen Erlass berichtet, dass der Vizepräsident des Geheimdienstes, Ahmad al-Assiri, entlassen worden sei. Auch Saud al-Kahtani, ein hochrangiger Berater des Königs, wurde demnach entlassen.

Mit der Stellungnahme versucht die saudische Regierung offenbar, Kronprinz Muhammad bin Salman aus der Schusslinie zu nehmen. Eine Verbindung zu der Tat könnte dem 33-jährigen starken Mann des Wüstenstaates, der unter heftigem Druck steht, sehr schaden. Saudische oder den Saudis nahe stehende Medien berichteten unter Verweis auf Sicherheitskreise dann auch, der Thronfolger habe von einer Operation im Konsulat nichts gewusst.

Der US-Kongressabgeordnete Eric Swalwell forderte Saudi-Arabien auf, den Verbleib der Leiche des getöteten Journalisten Jamal Khashoggi aufzuklären. "Wo ist die Leiche?", schrieb der demokratische Abgeordnete, der im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses sitzt, auf Twitter. Khashoggis Familie stehe es zu, sofort die sterblichen Überreste des Regimekritikers in ihre Obhut nehmen zu können.

Der republikanische Senator und Trump-Verbündete Lindsey Graham bezweifelte die Glaubwürdigkeit der saudi-arabischen Behörden. "Zu sagen, dass ich skeptisch gegenüber der neuen saudi-arabischen Geschichte über Herrn Khashoggi bin, ist eine Untertreibung", schrieb Graham auf Twitter.

"Wir haben einige Fragen"

US-Präsident Donald Trump sieht das anders. In einer ersten Reaktion sagte Trump, er halte die Version Saudi-Arabiens vom Tod Khashoggis glaubwürdig. "Es ist noch früh, wir haben unsere Überprüfung oder Ermittlung noch nicht beendet", fügte er hinzu. Es handele sich aber um einen "sehr wichtigen ersten Schritt".

Er begrüsste zudem die Festnahmen in Saudi-Arabien, hält den Fall aber noch nicht für restlos aufgeklärt. "Es ist nur ein erster Schritt, aber es ist ein großer erster Schritt." Die Ermittlung sei noch nicht beendet." Er betonte: "Wir haben einige Fragen." Er wolle deshalb mit Kronprinz Muhammad bin Salman sprechen.

Reaktion noch ungewiss

Im Falle von US-Sanktionen gegen Riad würde er es vorziehen, "dass wir als Strafe nicht Arbeit im Wert von 110 Milliarden Dollar annullieren", sagte Trump mit Verweis auf ein großes Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien. Es sei "zu früh, um zu sagen", wie die USA reagieren.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres äußerste sich "zutiefst beunruhigt" zum Tod Khashoggis und kondolierte der Familie des Journalisten. "Der Generalsekretär verweist auf die Notwendigkeit einer sofortigen, gründlichen und transparenten Untersuchung der Todesumstände", sagte sein Sprecher Stephane Dujarric. Zudem müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Auch FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl erklärte am Samstag in einer Aussendung, dass der Tod des Journalisten im Konsulat nun eingeräumt wurde, nichts an der "Notwendigkeit einer umfassenden, glaubwürdigen und unabhängigen Untersuchung" ändere. Ein derart gravierender Vorfall dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben, insbesondere auch was die Beziehungen der EU mit Saudi-Arabien anbelangt.

Er wollte Dokumente abholen

Khashoggi wollte am 2. Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul Papiere abholen und war seitdem verschwunden. Die türkischen Behörden gingen bisher nach Medienberichten davon aus, dass er von einem aus Saudi-Arabien angereisten 15-köpfigen Spezialkommando getötet wurde.

Am Freitag hatte die türkische Staatsanwaltschaft Angestellte des saudischen Konsulats als Zeugen vorgeladen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, es handele es sich um 15 Türken, unter ihnen ein Fahrer, ein Buchhalter und ein Techniker des Konsulats.

US-Außenminister Mike Pompeo hatte in dieser Woche sowohl Riad als auch Ankara besucht, um sich nach dem Stand der Ermittlungen zu erkundigen.

"Eine Schande"

Eine Sprecherin der türkischen Regierungspartei AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat das späte Eingeständnis der saudischen Führung im Fall des getöteten Journalisten Jamal Khashoggi als "Schande" bezeichnet. Leyla Sahin Usta sagte am Samstag in der zentralanatolischen Provinz Konya, es wäre wichtig gewesen, wenn Saudi-Arabien früher mit Details zum Tod des Regimekritikers an die Öffentlichkeit gegangen wäre.

"Das ist eine große Schande für Saudi-Arabien und die ganze Welt." Erst durch die "ernsthaften und erfolgreichen" türkischen Ermittlungen in dem Fall sei das Land "gezwungen" gewesen.

(roy)