Fussball

Janeschitz: "Mit Koller hat es auch manchmal gekracht"

Prominentes Trainer-Gesicht in der 2. Liga! Thomas Janeschitz will mit Dornbirn überraschen. "Heute" sprach mit dem einstigen "Co" von Marcel Koller.

Erich Elsigan
Langjähriges Gespann: Thomas Janeschitz (l.) und Marcel Koller
Langjähriges Gespann: Thomas Janeschitz (l.) und Marcel Koller
GEPA

Thomas Janeschitz ist zurück! Der 56-jährige Wiener werkte das letzte Jahrzehnt als Co-Trainer unter Marcel Koller, fuhr mit dem ÖFB-Team zur EM 2016 und eroberte mit Basel den Schweizer Cup-Titel. Nach einer längeren Auszeit heuerte der Fußball-Fachmann vor wenigen Wochen bei Zweitligist Dornbirn an – und zwar als Chef-Coach.

Im "Heute"-Gespräch verrät Janeschitz, warum er sich den Tabellen-Letzten der Vorsaison "antut", wo sein Trauzeuge Koller steckt, was er mit ÖFB-Boss Gerhard Milletich besprach und wie er den Rücktritt von Martin Hinteregger einordnet.

"Heute": Herr Janeschitz, was verschlägt Sie zum Schlusslicht der 2. Liga?

Thomas Janeschitz: "Das ist eine längere Geschichte. Mein Vertrag mit Basel lief im August 2020 ausgelaufen. Ich bin dann noch eineinhalb Jahre in Basel geblieben, habe dort gelebt. Mein Ziel war, wieder als Cheftrainer aufzuschlagen. Ich habe mich dann vor ein paar Monaten mit Dornbirn-Sportdirektor Eric Orie getroffen, den ich aus meiner Zeit als Spieler gekannt habe. Wir haben beide gesagt, es wird nicht funktionieren. Aber das Projekt hat dann sehr spannend geklungen. Es ist ein komplett neuer Klub, nicht zu vergleichen mit dem letzten Jahr. Der Präsident ist neu, der Sportdirektor ist neu, meine Wenigkeit ist neu. Und auch alle Spielerverträge mussten neu gemacht werden. Es sind nur drei Profis übrig geblieben. Ich sehe den Klub als Plattform – wie alle anderen im Verein auch."

Kann ein Wiener in Vorarlberg funktionieren?

"Sicher. Ich habe ja Erfahrung im Westen. Ich war als Spieler vier Jahre in Tirol, wurde dort geschätzt und geliebt. In Basel war es eigentlich genauso. Ich habe dort viele Freunde gefunden. Es passt mir gut, dass ich mich Wien jetzt zumindest ein bisschen angenähert habe, aber auch die Basel-Nähe blieb."

Wären Sie erneut mit Marcel Koller mitgegangen, falls er wo unterschrieben hätte?

"Schwer zu sagen. Nach unserer Basel-Zeit haben wir ein langes Gespräch geführt, in dem ich ihm gesagt habe, dass ich gerne als Cheftrainer arbeiten würde. Es wäre am Ende aber wohl davon abhängig gewesen, was es bei Marcel wird. Wenn er Schweizer Teamchef geworden wäre, dann kann ich es mir natürlich vorstellen, eine Aufgaben zu übernehmen. Schließlich steht eine WM an, das ist ein tolles Ereignis. Mit Österreich habe ich eine Europameisterschaft erlebt, mit Basel eine unglaubliche Europa-League-Saison mit dem Erreichen des Viertelfinales. Das sind Events, die als österreichischer Trainer nicht selbstverständlich sind."

Sie waren von 2011 bis 2020 an Kollers Seite. Hat sein Stil auf Sie abgefärbt?

"Wir haben uns perfekt ergänzt. Wir sind ähnliche Typen, haben ähnliche Werte. Er ist ja auch mein Trauzeuge geworden, wir sind sehr gute Freunde. Wir können uns die Meinung sagen, es hat auch manchmal gekracht. Aber wir wussten, wie wichtig wir füreinander sind. Entsprechend groß war das Vertrauen. Wenn es ans Eingemachte ging, hat er auf mein Feedback und mein Gespür gehört."

Euphorisiert: Koller, Janeschitz und das ÖFB-Team nach geschaffter EM-Quali
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GEPA

Was macht Koller aktuell?

"Er ist in Laax, hat dort ein Haus gebaut. Es geht ihm ganz gut in den Schweizer Bergen. Er hat sein Knie, das ihn schon früher belastet hat, operieren lassen müssen. Er genießt nun die ruhige Zeit."

Sie selbst waren im Vorjahr als ÖFB-Sportdirektor ein Thema, haben mit Präsident Gerhard Milletich gesprochen. Worüber?

"Es geht mit Schlagzeilen bekanntlich sehr schnell. Ich habe mich damals tatsächlich mit dem neuen ÖFB-Präsidenten getroffen, wir haben ein gutes Einvernehmen. Wir haben ein informatives Gespräch geführt – aber über keine vakanten Positionen. Es ging darum, wie ich den österreichischen Fußball sehe, wie ich die Lage einschätze. Natürlich wäre es interessant gewesen, in irgendeiner Form zum ÖFB zurückzukehren, weil ich schon davon überzeugt bin, dass ich damals viel zum Erfolg beigetragen habe, ich Strukturen schaffen kann. Aber man sieht ja, wo es schlussendlich hingeführt hat."

Peter Schöttel blieb im Amt und Ralf Rangnick wurde Teamchef. Eine gute Entscheidung?

"Für die A-Nationalmannschaft ist es eine sehr gute Entscheidung. Auch eine wichtige in der Phase, in der der ÖFB gesteckt ist. Sie haben jetzt etwas mehr Ruhe bekommen. Die Frage ist nur, wie lang die Ruhe herrscht."

Nicht lange?

"Das wird sich weisen."

Nach der Koller/Janeschitz-Ära kam die Franco-Foda-Ära. Die Ergebnisse waren zum Teil gut, aber die Fans wollten den gebotenen Fußball-Stil nicht sehen. Wie haben Sie das erlebt?

"Völlig korrekt. Ich hatte natürlich Kontakt zu einigen Spielern und Betreuern. Und sie haben mir bestätigt, dass es anders ist, als zu unserer Zeit. Das war scheinbar auch für die Fans spürbar. Im Grunde haben sie alle Ziele, die zu erreichen waren, erfüllt. Da ist es einfach schade, dass die Euphorie dann nicht überspringt."

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    Herr Janschitz, Sie waren 2013 unter dem Gespann Stöger/Schinkels Co-Trainer bei der Austria und haben das "Double" erobert. War das Ihr größter Erfolg?

    "Nein, ich hatte mehrere erfolgreiche Stationen. Die Nationalmannschaft mit der Ära, die wir dort eingeläutet haben. Das war schon ganz besonders. Spiele wie in Schweden zum Beispiel sind absolute Highlights. Oder dann auch Basel. Diese Europacup-Saison war unfassbar. Wir haben großartige Spiele geliefert, haben die Fans zurück ins Boot geholt. Spannend ist ja zu beobachten, was nach einer Ära passiert. Es spricht für Marcel und mich, wenn man sieht, was beim ÖFB und in Basel nach uns gekommen ist. Ich glaube, wir können mit unserer Arbeit zufrieden sein."

    Sind Sie erstaunt, dass Sie dennoch nicht sofort etwas Neues gefunden haben?

    "Ich bin eigentlich immer gleich wo untergekommen. Für mich war es jetzt das erste Mal, dass ich länger warten musste. Es wird verschiedene Gründe gehabt haben."

    Sie waren lange beim ÖFB, kennen die Spieler gut. Waren Sie vom Rücktritt von Martin Hinteregger überrascht?

    "Martin ist immer für eine Überraschung gut. Deshalb ist es schon wieder keine Überraschung, dass er diesen Schritt geht. Es ist stark, so eine Entscheidung zu treffen. Er ist für sich sehr klar im Kopf. Meinen Respekt hat er."

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      Respekt verdient auch David Alaba, der es zum Abwehrchef von Real Madrid geschafft hat. Den ersten Auftritt im Erwachsenen-Fußball hatte er unter Ihnen.

      "Genau, das war bei den Austria Amateuren. Er war 15 und ein paar Zerquetschte. Was mich damals schon beeindruckt hat, war, wie abgebrüht und kaltschnäuzig er war. Man sagt zwar oft, die Jungen sind unbekümmert. Bei ihm war es aber wirklich so. Er hatte eine unglaubliche Qualität und Fitness, hatte einen sehr soliden Background. Das sind Bestandteile, die für so eine Karriere ideal sind."

      Wo soll Ihre Trainer-Reise noch hingehen?

      "Ich bin schon einer der Älteren, auch wenn ich mich nicht so fühle. Ich habe vieles erreicht, war eigentlich überall erfolgreich. Ich bin überzeugt, dass das auch in Dornbirn so sein wird."

      Sie sind studierter Mathematiker. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Dornbirn die Liga hält?

      "In Wahrscheinlichkeitsrechnung war ich immer schon schlecht. Aber ich denke, ich kann Spieler so motivieren und weiterentwickeln, dass sie ihre volle Leistung abrufen können. Dann bin ich überzeugt, dass die Wahrscheinlichkeit, in der Liga zu bleiben, nicht so gering ist."