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Jetzt auch Schwester von letztem Mafioso festgenommen

Italien atmete auf, als der letzte große sizilianische Mafia-Boss verhaftet wurde – nun hat es eine weitere Person aus seinem engen Umfeld getroffen.

Mit diesem Foto wurde nach Matteo Messina Denaro gefahndet – seine ältere Schwester hat ihn über die Jahre bei der Flucht unterstützt.
Mit diesem Foto wurde nach Matteo Messina Denaro gefahndet – seine ältere Schwester hat ihn über die Jahre bei der Flucht unterstützt.
Carabinieri

Am 16. Jänner nahm das Versteckspiel des letzten großen Mafia-Bosses der sizilianischen Cosa Nostra ein jähes und umjubeltes Ende. Matteo Messina Denaro wurde von einer Spezialeinheit der italienischen Carabinieri in einer Privatklinik in Palermo verhaftet. Das endgültige Fassen des meistgesuchten Kriminellen des Landes wurde von Superlativen wie "historisch", "großer Sieg für den Staat" und "Wendepunkt im Kampf der Strafverfolgungsbehörden gegen die Mafia" begleitet. Jetzt hat es auch seine Schwester und fleißige Unterstützerin erwischt. 

Beinahe täglich gibt es neue Details und Erkenntnisse zu dem faszinierenden Kriminalfall: Zuerst waren es Hintergründe zu seinen letzten Tagen in Freiheit, dann zu seinem luxuriösen Lebensstil im Versteck, bis zu seinen Film- und Buchvorlieben. Nun sorgt die Festnahme seiner älteren Schwester für Gesprächsstoff: Rosalia Messina Denaro soll die 30 Jahre dauernde Flucht des Mafioso begünstigt und Kontakte zu den Spitzenbossen der Cosa Nostra geführt haben. Ihr Tochter ist weiters die Anwältin von Denaro. 

Mafia-Manifest

In der Wohnung der festgenommenen Schwester wurden einige handgeschriebene Notizen sowie eine Art "Manifest" der sizilianischen Mafia gefunden. Einige der sichergestellten Dokumente geben laut Medienberichten einen tiefen Einblick in die Weltanschauung des berühmt-berüchtigten Mafioso, der seinerzeit damit prahlte, bereits Dutzende Menschen ermordet zu haben.

"La Repubblica" zufolge handelt es sich um das Bild einer "verkehrten Welt", in der sich Messina Denaro "auf die Seite der Guten" stelle. "Man hat uns verfolgt, als wären wir Schurken, man hat uns behandelt, als gehörten wir nicht zur menschlichen Rasse, wir sind zu einer auszulöschenden ethnischen Gruppe geworden", heiße es in der Notiz. 

"Wir sind Sizilianer und wollten es auch bleiben"

Weiters habe der Mafia-Boss eine spezielle Beziehung zu seiner Heimat Sizilien und dem Rest Italiens gehabt: "Und doch sind wir Kinder dieses sizilianischen Landes, die es leid sind, von einem erst piemontesischen und dann römischen Staat, den wir nicht anerkennen, erdrückt zu werden. Wir sind Sizilianer und wollten es auch bleiben."

In der "Neuen Zürcher Zeitung" ("NZZ") heißt es dazu: "Selbst die Mafia braucht eine größere Erzählung, einen Mythos, einen höheren Sinn, um ihr Tun zu rechtfertigen und um sich Rückhalt bei den Leuten zu sichern". Dies sei jedoch "das Erwartbare, das, was man so oder anders immer schon über die Sitten und Gebräuche der Cosa Nostra wusste".

Kontakt mit Geliebter

Für Aufmerksamkeit sorgte zuletzt, dass der Inhaftierte und hinter Gittern scheinbar eisern schweigende Mafioso seiner Geliebten TikTok-Videos und WhatsApp-Nachrichten sendete. Laut "NZZ" sei einer der "letzten Vertreter der alten Mafia" somit "mit einem Bein schon in der neuen Welt".

Dies sei im Zusammenhang mit einem allgemeinen Trend im Vorgehen mafiöser Strukturen zu sehen: Eine aktuelle Studie zur Mafia im digitalen Zeitalter offenbare laut Studienautor Marcello Ravveduto, dass kriminelle Organisationen zusehends in virtuellen Räumen angekommen seien, "um einerseits ihren Konsens und andererseits ihre illegalen Aktivitäten zu steigern".

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    Italiens meistgesuchter Mafia-Boss Messina Denaro bei seiner Verhaftung.
    Italiens meistgesuchter Mafia-Boss Messina Denaro bei seiner Verhaftung.
    via REUTERS