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Jetzt hat China Hongkong endgültig im Griff

Chinas Volkskongress hat dem umstrittenen Sicherheitsgesetz für Hongkong zugestimmt. Jetzt bangen die Hongkonger um den Verlust ihrer Freiheit.

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Riesen-Demonstration im Hongkonger Victoria Park.
Riesen-Demonstration im Hongkonger Victoria Park.
(Bild: EPA)

Was viele befürchtet Demonstranten in den vergangenen Monaten befürchtet haben, ist nun eingetreten. Der Volkskongress dem umstrittenen sogenannten Sicherheitsgesetz für Hongkong zugestimmt. Die Abgeordneten des einmal im Jahr tagenden Parlamentes votierten mit 2.878 zu einer Stimme bei sechs Enthaltungen für die Pläne der Regierung in Peking.

In der Sonderverwaltungszone Hongkong hatten dagegen bereits mehrfach Tausende Bürger protestiert – so auch gestern Abend. International stösst das Vorhaben ebenfalls auf Kritik. US-Präsident Donald Trump hat bereits mit einer harten Reaktion auf das geplante Gesetz gedroht. China aber verbietet sich jede Einmischung: "Die Gesetzgebung für Hongkong ist eine innere Angelegenheit Chinas."

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Worum geht es?

Die jetzt abgenickten neuen Gesetze und "Durchsetzungsmechanismen" für Hongkong beinhalten die Möglichkeit, chinesische Sicherheitsbehörden in die Sonderverwaltungszone zu verlegen – etwas, was der Pekinger Führung mit eigenen Polizisten bislang nicht möglich war. Jetzt aber ist es Agenten des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit erlaubt, auf Hongkonger Boden gegen Demokratie-Aktivisten vorzugehen. "Separatismus, Untergrabung der Staatsgewalt und Einmischung ausländischer Kräfte" sollen unter Strafe gestellt werden.

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Was befürchten die Demonstranten?

Dass die Gesetzespläne das Ende des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme" einleiten werden. Nach diesem Grundsatz wird die ehemalige britische Kronkolonie seit der Rückgabe an China 1997 mit mehr Freiheiten autonom regiert.

"Wir wollen Demokratie und Freiheit für Hongkong, so wie es in unserer Verfassung steht. Dort steht, dass die Bürger Hongkongs das allgemeine, direkte Wahlrecht bekommen sollen», sagt der pro-demokratische Politiker und Aktivist Kalvin Ho. Nachdem die Stadt vor 20 Jahren an China übergeben worden sei, habe es in dieser Angelegenheit keinerlei Fortschritt gegeben. «Stattdessen sehen wir, wie die Kommunistische Partei Chinas immer drastischer versucht, die Menschen in Hongkong zu unterdrücken. Wir wollen aber unsere Rechte und Freiheiten schützen. Und wir wollen Hongkong schützen! Wir wollen nicht, dass Hongkong zu China wird", so Ho.

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    Die Polizei ging am Wochenende rigoros gegen Demonstranten vor.
    Die Polizei ging am Wochenende rigoros gegen Demonstranten vor.
    Picturedesk/APA
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    Was sagt Hongkongs Regierungschefin?

    Carrie Lam hält diese Angst für unbegründet: "Die Befürchtung, dass die Behörden vom Festland kommen könnten, um Menschen festzunehmen, die protestieren und die Hongkonger Regierung zum Rücktritt auffordern, entspringen ihrer Fantasie oder beziehen sich auf Dinge, die irgendjemand gesagt hat." Hongkong sei eine sehr freie Gesellschaft. Im Moment könnten die Menschen sagen, was immer sie wollen.

    Nach der schweren Wahlschlappe will Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam "demütig und ernsthaft" nachdenken.
    Nach der schweren Wahlschlappe will Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam "demütig und ernsthaft" nachdenken.
    (Bild: picturedesk.com)
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    Und wie sieht es China?

    Peking gibt sich unbeeindruckt ob der Kritik und Proteste und verbittet sich jede Einmischung. Zhao Lijian, Sprecher des chinesischen Aussenministeriums, stellte klar: "Hongkong ist eine Sonderverwaltungsregion Chinas und für die Wahrung der nationalen Sicherheit ist die Zentralregierung verantwortlich. Die Gesetzgebung für Hongkong ist eine innere Angelegenheit Chinas. Wir werden keine Einmischung aus dem Ausland in die Angelegenheiten Hongkongs tolerieren - und werden in jedem Fall notwendige Gegenmassnahmen einleiten."

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    Was wollen die Bürger Hongkongs nun tun?

    Der Beschluss der chinesischen Zentralregierung, die Protestbewegung mit einem Sicherheitsgesetz zu kriminalisieren, hat den Widerstandsgeist in Hongkong neu entfacht. Angesichts der Pläne der Kommunistischen Partei hätten die Hongkonger nun zwei Möglichkeiten: "Auswandern oder bis zum Ende kämpfen", twitterte Demokratie-Aktivist Jimmy Lai am Sonntag. Auch andere geben sich kämpferisch: "So viele haben mich diese Woche gefragt, ob ich Hongkong verlassen werde. Die Antwort ist einfach: Nein", so die Aktivistin Denise Ho.

    Doch nicht wenige sind bereits eingeschüchtert: Viele Hongkonger löschten ihre Facebook-Einträge, und die Nachfrage nach VPN-Software, mit deren Hilfe Nutzer sich sicherer vor staatlicher Überwachung im Internet bewegen können, nahm laut FAZ sprunghaft zu.

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    Was kommt jetzt?

    Nachdem die Sicherheitsgesetze jetzt grünes Licht am Volkskongress erhalten haben, dürfte es in Hongkong zu weiteren Protesten kommen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass am 4. Juni der Jahrestag der Niederschlagung der Studentenbewegung in Peking im Jahr 1989 begangen wird. Am 9. Juni gedenkt Hongkong ausserdem des ersten "Millionenmarsches" vom vergangenen Jahr, der eine breite Protestbewegung in Gang gesetzt hat.

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    Wie reagiert das Ausland?

    Die internationale Gemeinschaft hat die chinesischen Gesetze scharf kritisiert. Allen voran die USA, die den Status Hongkongs als internationaler Finanzplatz gefährde sehen und mit Sanktionen drohen. "Es sieht so aus, als ob sie Hongkong mit diesem neuen Sicherheitsgesetz praktisch übernehmen", sagte der Nationale Sicherheitsberater der USA, Robert O’Brien, am Sonntag dem Sender NBC. Sollte dies geschehen, werde US-Aussenminister Mike Pompeo Hongkong vermutlich nicht länger ein hohes Mass an Autonomie bescheinigen. "Wenn es dazu kommt, wird es Sanktionen gegen Hongkong und China geben."

    Sollte Peking das Sicherheitsgesetz in Hongkong durchsetzen, hätten internationale Firmen keinen Anreiz mehr, dort zu bleiben. "Ein Grund, warum sie nach Hongkong gegangen sind, ist die Tatsache, dass dort Rechtsstaatlichkeit herrschte, freies Unternehmertum, Kapitalismus, Demokratie und Wahlen zu einem Parlament vor Ort stattfanden." Verschwinde all dies, sei er sich nicht sicher, wie die internationale Finanzwirtschaft dort bleiben könne. Hongkong geniesst nach US-Recht einen Sonderstatus, der dem Stadtstaat dabei geholfen hat, seine Position als internationales Finanzzentrum aufrechtzuerhalten.

    Die chinesische Regierung weist jede Kritik als Einmischung in ihre Angelegenheiten zurück.

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