Psychische Gesundheit fördern

"Jugend unter Druck" – Vater rüttelt mit neuem Buch auf

Golli Marboe und Caroline Culen zeigen in ihrem Buch, warum Schule keine Angst machen darf und wie man Kinder mental stärken kann.
Hannah  Maier
03.10.2025, 07:15
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben

"Wenn die Corona-Pandemie etwas Positives bewirkt hat, dann, dass wir seither offener über psychische Gesundheit sprechen", sagt Golli Marboe. Der Journalist und Autor ist vierfacher Vater, Großvater – und Hinterbliebener eines Kindes, das durch Suizid gestorben ist. In seinem jüngst erschienenen Buch "Jugend unter Druck" beschreibt er, wie sich die seelische Gesundheit junger Menschen stärken lässt und welche gesellschaftliche Vision er verfolgt: eine Welt, in der deutlich weniger Jugendliche psychisch erkranken.

Ein Appell an die Gesellschaft

Es gibt viele Forderungen: nach mehr Schulpsychologen, Sozialarbeitern oder ausreichend stationären Plätzen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Doch reicht das aus? "Nein", sagt Marboe. Entscheidend sei, dass Jugendliche gar nicht erst so stark belastet werden, dass sie psychisch erkranken.

"Die Gesellschaft lernt erst allmählich, auf das Thema mentale Gesundheit zu achten. Das Bildungssystem ist ein Spiegel dieser Gesellschaft – und damit gibt es auch hier noch viel zu lernen", sagt der Autor im "Heute"-Interview.

"Schule darf keine Angst machen"

Marboe ist Initiator der "Mental Health Days". Seit dem Start 2022 haben Workshops und Vorträge mehr als 150.000 junge Menschen in acht Bundesländern erreicht. Eine aktuelle Befragung unter 14.391 Jugendlichen an 138 Schulen zeigte: Fast die Hälfte ist überzeugt, perfekt sein zu müssen.

Die Autoren Golli Marboe und Caroline Culen stellen ihr neues Buch "Jugend unter Druck" vor.
zVg

"Perfektionismus wird gesellschaftlich oft positiv bewertet, tatsächlich ist er hochgradig schädlich. Er bedeutet, dass man nie zufrieden ist und nie ankommt", warnt Marboe. Es gehe daher auch darum, die Sprache zu verändern und mit Begriffen bewusster umzugehen. Außerdem müsse Schule mehr sein als reiner Wissenstransfer – sie solle junge Menschen beim Erwachsenwerden begleiten. "Die Schule sollte keine Angst machen", sagt Marboe.

Zwei Autoren widmen sich acht Themen

Leistungsdruck und Prüfungsangst, Mobbing, Körperbild und Essstörungen, Handysucht, Sucht, Depression, Ängste und Suizidalität – es sind acht Problembereiche, welche die psychische Gesundheit einschränken und auf insgesamt 224 Seiten im Buch mehr Sichtbarkeit erhalten. Der Journalist und Caroline Culen, Klinische und Gesundheits-psychologin und Mutter von vier (teils schon erwachsenen) Kindern vereinen im Buch ihre Expertise und persönliche Erfahrungen als Eltern.

„Wir müssen lernen, psychische Probleme genauso ernst zu nehmen wie physische“
Golli MarboeAutor und Journalist

"Was uns verbindet, ist unser gemeinsames Anliegen: Sprache ermöglichen, Bewusstsein fördern, Tabus abbauen und Prävention stärken – für eine mental gesündere Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen", schreiben die Beiden.

"Niemand soll Ähnliches erleben"

Das Buch richtet sich vorrangig an Pädagogen und Eltern, kann aber auch von jungen Erwachsenen gelesen werden, denn "das Buch soll der Prävention dienen und konstruktiv wirken. Um mit schwierigen Situationen umgehen zu können, muss man sie erst erkennen können", sagt Marboe.

Erzähle uns deine Story!

Wurde dir eine Beihilfe gestrichen? Kannst du dir das Leben kaum mehr leisten? Ist dir gerade etwas besonders Trauriges, Witziges oder Erstaunliches geschehen? Bewegt dich ein anderes Thema? Bist du der Meinung, dass deine Geschichte erzählt werden sollte? Dann melde dich bei uns unter [email protected]. Denn deine Story ist uns wichtig!Mail an uns

Das zentrale Anliegen des 60-Jährigen ist und bleibt die Suizidprävention. Bereits in seinem ersten Buch "Notizen an Tobias" schrieb er über die Erfahrungen und Gefühle der Familie nach dem Suizid seines Sohnes Tobias im Jahr 2018. "Wenn einem so etwas passiert, gibt es kaum ein anderes Thema, über das man sprechen möchte. Ich will meine Gefühle teilen – damit niemand Ähnliches erleben muss", sagt er. Zwei Botschaften möchte er den Leserinnen und Lesern mitgeben: Erstens, dass jede Krise überwindbar ist – egal, wie aussichtslos sie erscheinen mag. Und zweitens, dass auch die Hinterbliebenen nicht vergessen werden dürfen.

Für Caspar – und viele andere Kinder

Sein zweites Buch widmet Marboe seinem Enkel Caspar. Für ihn und seine Enkelin wünscht sich der Autor, dass sie in einem Umfeld aufwachsen, in dem über Gefühle offen gesprochen wird. "Und dass beide die Kraft, den Mut und die Kompetenz haben, um Hilfe zu bitten, wenn sie sie brauchen – und dies nicht als Schwäche, sondern als Zeichen von Stärke verstehen", sagt er.

{title && {title} } HTM, {title && {title} } 03.10.2025, 07:15
Jetzt E-Paper lesen