Die skurrile Szene spielte sich in einem Zug von Zürich nach Basel ab: Ein riesiger Fernseher steht auf den Armlehnen eines Viererabteils, davor zockt jemand seelenruhig das Videospiel "Fortnite". Das passierte am 30. September, jetzt geht ein Video des Vorfalls auf der Facebook-Seite Swissmemeviral.
Aufgenommen hat es die Baslerin Joy Tonin (19). Sie saß im gleichen Zug wie der Gamer und ahnte nichts Böses: "Plötzlich stellte der Jugendliche, höchstens 15-jährig, einen riesigen Fernseher hin." Dann habe er seine Playstation aus seinem Rucksack gepackt, sie installiert und angefangen zu zocken.
"Der Junge ließ sich nicht beirren"
"Er sah richtig routiniert aus, als wäre das alles eine Selbstverständlichkeit für ihn", erzählt Tonin. Dabei sei der Zug fast voll gewesen. Als sich dann ein Geschäftsmann im Anzug dem Abteil genähert habe, war für Tonin klar: "Der Jugendliche bekommt jetzt sicher Ärger."
Doch der Mann im Anzug habe neben ihm Platz genommen – und dann sogar mitgespielt. "Ich fand es cool, dass er es so locker genommen hat", sagt Tonin. Auch die anderen Passagiere habe es kaum gestört: "Der halbe Zug filmte die Szene. Aber der Teenager ließ sich davon nicht beirren."
Ohne Kopfhörer gespielt
Mühsam fand Tonin nur etwas: "Der Ton war megalaut." Denn der Jugendliche habe ohne Kopfhörer gespielt. Und als er keine Lust mehr hatte auf "Fortnite", habe er sogar angefangen Netflix zu schauen.
Dass der Jugendliche fast ein ganzes Viererabteil belegte, findet Tonin nicht so schlimm, schließlich hätten alle einen Sitzplatz gehabt. Aber: "Wenn ich selber keinen Sitzplatz gefunden hätte, hätte es mich genervt."
SBB: "Nur ein Sitzplatz darf belegt werden"
Ob das Gamen im Zug erlaubt ist, will die Schweizerische Bundesbahnen AG (SBB) nicht festlegen. Ein Sprecher sagt auf Anfrage, dass die SBB in ihren Zügen "bewusst nur generelle Verhaltensregeln" aufstelle: Demnach sei alles erlaubt, was nicht störe.
Trotzdem: "Pro Person darf grundsätzlich nur ein Sitzplatz belegt werden", stellt der SBB-Sprecher klar. Belegten Reisende in gut ausgelasteten Zügen mehr als einen Sitzplatz, "egal ob mit Gepäck oder mit einem Fernseher", suchten die Kundenbegleiter das Gespräch.
Wie oft im Zug gezockt wird, weiß die SBB nicht, sie führt laut dem Sprecher keine Statistik über solche Vorfälle. Und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: "Deswegen können wir auch nicht abschätzen, ob die Nachfrage nach einer LAN-Party im Zug gegeben wäre."