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Hat Kim gar keine Wahl, als Atomtests zu stoppen?
Der nordkoreanische Machthaber hatte überraschend verkündet, Atom- und Raketentests auszusetzen. Möglich, dass er nur diese eine Option hat.
Nordkorea will auf Atom- und Raketentests vorläufig verzichten, so die überraschende Erklärung von letzter Woche. Einige, darunter US-Präsident Donald Trump, sehen dies als Zugeständnis und Geste zur Entspannung vor dem historischen Gipfeltreffen mit Südkorea. Andere hingegen warnen, die Ankündigung sei eher ein "taktischer Betrug", also eine Irreführung, als ein echter Strategiewechsel.
Chinesische Geologen mutmaßen nun, dass Nordkorea seine Testanlage Punggye-ri ohnehin aufgeben muss. Dies, weil der Berg Mantapsan, wo die Anlage liegt, durch die vorangehenden unterirdischen Tests zu stark erschüttert wurde.
Hohlraum oder eine Grube im Berg kollabiert
Insbesondere habe ein Nukleartest vom letzten September dazu geführt, dass ein Hohlraum oder eine Grube im Berg kollabiert sei, wie die Wissenschaftler der University of Science and Technology erklären. Sie warnen laut "Wall Street Journal", dass ein weiterer unterirdischer Atomtest zu einem Austritt von radioaktiver Verstrahlung durch den durchlöcherten Boden führen und also in eine Umweltkatastrophe münden könnte.
Eine andere, Anfang Monat veröffentlichte Studie chinesischer Seismologen kommt zu einem ähnlichen Schluss. Nach dem Test vom letzten September verzeichneten sie ein Erdbeben, das ihrer Ansicht nach durch den Einsturz des Hohlraumes im Berg ausgelöst worden war. Sie ließen jedoch offen, ob die Testanlage Punggye-ri deswegen geschlossen werden muss.
Der Berg ist müde
Satellitenbilder stützen die Erkenntnisse der Chinesen: Sie legen nahe, dass der Gipfel des Berges Mantapsan nach den unterirdischen Atomtests an Höhe verloren hat. Fachleute befürchten seither, dass es um die geologische Bodenbeschaffenheit nicht zum Besten stehe. Vom Tired Mountain Syndrom (Müder-Berg-Syndrom) ist die Rede. So zeigten Untersuchungen, dass die Bodenstruktur rund um ehemalige sowjetische nukleare Testgelände durch die Detonationen stark verändert und das Gestein um 40 Prozent durchlässiger geworden war.
"Sollte hier erneut ein Nukleartest durchgeführt werden, könnte der Boden die Detonation und Strahlung nicht mehr abdämpfen oder aufnehmen und der Landstrich würde verwüstet", zitiert "IFL Science" aus dem Bericht aus dem Jahr 2001.
"Ungewöhnliche Aktivitäten" auf Testanlage
Steht also reiner Sachzwang hinter Kim Jong-uns angekündigtem Verzicht? Diesen hatte Kim seinem Volk damit erklärt, dass Nordkorea mittlerweile ein Atomwaffenstaat sei und deswegen keine weiteren Atom- und Raketentests mehr benötige. Am Freitag könnte sich zeigen, wie ernst es ihm damit ist.
Derweil haben sich auch Nordkorea-Experten von der amerikanischen Johns Hopkins University zu Wort gemeldet. Die Testanlage Punggye-ri ist ihnen zufolge nach wie vor nutzbar. Aber: "Wir haben eine hohe Anzahl von Förderwagen beobachtet, die außerhalb des Westportales parkt sind. Das ist ungewöhnlich. Angesichts von Kim Jong-uns Ankündigung könnte dies der erste sichtbare Hinweis darauf sein, dass Nordkorea beabsichtigt, das weitere Untertunneln auf der Punggye-ri-Anlage einzustellen."
Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation, mehr Gewissheit müssten zusätzliche Satellitenbilder und Analysen liefern. (gux)