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"Kanonenfutter": Aufstand in russischer Armee

Zwangsrekrutierte Soldaten protestierten in einer Kaserne während Kämpfer an der Front von Hunderten Toten berichten – pro Tag.

Generalmajor Kyrill Kulakow wird von Rekruten zur Rede gestellt.
Generalmajor Kyrill Kulakow wird von Rekruten zur Rede gestellt.
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Videos auf Telegram und anderen sozialen Medien zeigen, wie – je nach Berichten 1.800 bis 2.500 – russische Soldaten, die im Zuge der kürzlichen Teilmobilisierung eingezogen wurden, den Aufstand proben. Sie befinden sich auf Ausbildung in Kazan und stellten ihren Kommandanten, Generalmajor Kyrill Kulakow, zur Rede.

Die Männer beschwerten sich, dass sie kein Holz zum Heizen oder Wasser zum Duschen hätten, ihre Kleidung nicht waschen können, Mahlzeiten nur in unregelmäßigen Abständen kommen und dass sie rostige Gewehre aus den 1970ern erhalten haben, mit denen es "gefährlich zu schießen" sei. Dazwischen hagelt es Beschimpfungen und gegenseitige Drohungen: Die Kommandanten drohen, die Polizei zu rufen, während die Rekruten drohen, dasselbe zu tun – oder einfach nach Hause zu gehen.

"Es gibt nur zwei Ural-Lkws für 2.500 Leute", ruft ein Soldat. Ausbildner, die bereits an der Front waren, hätten ihnen gesagt, dass sie dort der Tod erwarten würde. Dies deckt sich mit einem erschreckenden Bericht eines Rekruten von der Front bei Makijvka in der Region Luhansk, den die russische Agentur "Werstka" veröffentlicht hat.

Einheit verliert 500 Mann bei einem Angriff

Alexej A. berichtet über die Nacht des 2. November: "Wir wurden in den Wald geschickt und uns wurde befohlen, uns einzugraben. Wir hatten nur drei Schaufeln für das gesamte Bataillon, es gab überhaupt keine Unterstützung. Wir verschanzten uns so gut es ging und in der Früh begann der [ukrainische] Angriff. Sie benutzten Artillerie, Raketenwerfer, Mörser und Helikopter. Wir wurden einfach zusammengeschossen."

"Sobald der Angriff begann, sind die Offiziere sofort geflüchtet. Zwischen den Angriffswellen versuchten wir uns zu verschanzen aber die Helikopter entdeckten uns sofort und beschossen uns. Von den 570 Menschen überlebten 29, zwölf wurden verletzt und der Rest ist allesamt tot", fährt er fort und erzählt, dass dies vor seiner Einheit mindestens einem weiteren Bataillon von Rekruten passiert sei. Berufssoldaten und Freiwillige würden erst weit hinter der Front stehen.

Laut Alexej A. werden Rekruten aus ganz Russland in diese Gegend bei der Stadt Swatowe gebracht, um Lücken in der Verteidigung zu schließen. Dort würden nun "Gruppen aus zwei bis fünf Leuten" von zerstörten Bataillonen "herum irren". Angehörige von Rekruten, die mit den Soldaten an der Front Kontakt hatten, berichten der Agentur Werstka ähnliches. Eine Frau namens Anna sagte: "Sie wurden wie Kätzchen im Stich gelassen, ohne Ausbildung, ohne nichts. Mein Mann und ich haben eine Tochter, sie ist erst 18 Monate alt."

300 Tote und Verletzte in vier Tagen

Doch auch reguläre Einheiten berichten von katastrophalen Verlusten und Ignoranz ihrer Vorgesetzten. Soldaten der 155. Marinebrigade der Pazifikflotte werden in der Region Donetsk eingesetzt. Sie schrieben nun einen offenen Brief an den Gouverneur ihrer Heimatprovinz Primorskij Kraj; Aleksander Sladkow, ein regierungstreuer Journalist, der den Krieg gegen die Ukraine befürwortet, berichtete auszugsweise als erster davon auf seinem Telegram-Kanal.

Der regierungstreue Kanal "Die Graue Zone", ein ebenfalls regierungstreuer Militärkanal, veröffentlichte dann Details. Laut den Soldaten der 155. Marinebrigade wurden innerhalb von vier Tagen "etwa 300 Soldaten getötet, verletzt oder werden vermisst". Und das während eines "unerklärlichen Angriffs" auf das Dorf Pawliwka.

Die Männer beschuldigen ihre Generäle Muradow und Achmedow, den Angriff nur befohlen zu haben, um einen Bonus und Auszeichnungen zu erhalten. "Ihnen ist alles egal, außer sich in gutem Licht darzustellen. Sie nennen Menschen 'Kanonenfutter'", heißt es in dem Brief. Die Überlebenden fordern die Einsetzung einer unabhängigen Kommission, die den Vorfall untersuchen soll.

Angeblich bereits mehr als 100.000 Tote

Der populäre Telegram-Kanal "General SVR", der angeblich von einem ehemaligen Kreml-Mitarbeiter betrieben wird und der als gut informiert gilt, berichtete nun, dass Präsident Wladimir Putin über die neuesten Verluste der russischen Armee informiert wurde: Seit Beginn der Invasion im Februar seien 77.291 Soldaten gefallen. Dazu kommen 23.517 Söldner von privaten Unternehmen wie der Wagner-Gruppe sowie 5.308 Mitglieder der Nationalgarde. Dies würde einer Gesamtzahl von 106.116 Toten bedeuten.

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