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Kanzler Kern: "Das Tischtuch ist zerschnitten"

Heute Redaktion
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Kanzler Kern in der ORF-Pressestunde am 14. Mai 2017
Kanzler Kern in der ORF-Pressestunde am 14. Mai 2017
Bild: Screenshot ORF

Kanzler Kern (SPÖ) geht "davon aus, dass es im Herbst eine Wahl geben wird." Ob er einem Neuwahlantrag zustimmt, hänge aber "von der Haltung der ÖVP" ab.

Ab Sonntag, 16 Uhr tagt der ÖVP-Vorstand und beschäftigt sich mit der Frage, wie es nach dem Rücktritt von Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner weitergehen wird. Im Zentrum der Debatte: Die Unterstützung des Wunschnachfolgers Außenminister Sebastian Kurz. Der hat allerdings eine Liste mit sieben Bedingungen vorgelegt, will weitreichende Entscheidungskompetenzen, ein Durchgriffsrecht – und gar bei Neuwahlen mit eigener Liste antreten, nicht als ÖVP. VP-Landeshauptleute haben ihm bereits Unterstützung zugesichert, spannend wird, ob das auch der Vorstand tun wird.

Vor dem Showdown in der ÖVP hat sich am Sonntagvormittag Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in der ORF-Pressestunde zu Wort gemeldet. Kern hatte sich seit der de-facto-Koalitionsaufkündigung durch die ÖVP mit Oppositionsführern getroffen und Gespräche mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen geführt.

"Tischtuch zerschnitten"

Zu Neuwahlen und möglichen Koalitionen danach, meinte Kern: Es habe die vergangene Zeit gezeigt, dass es mit der ÖVP keine großen Entsprechungen zu Reformvorschlägen gegeben habe. "Ich gehe davon aus, dass es im Herbst eine Wahl geben wird." Ob er einem Neuwahlantrag zustimmt, "hängt von der Haltung der ÖVP ab". Jedenfalls sei das "Tischtuch zerschnitten", quasi die Scheidung durch. Eigentlich sollte sich die ÖVP selbst verabschieden, wenn sie nicht mehr in der Regierung sein mag, das – so Kern – würde aber nicht passieren.

U-Ausschuss nicht "ratz-fatz abdrehen"

Arbeitet Kern an einer Minderheitsregierung? "Ich tu mir schwer ein Szenario für eine stabile Minderheitsregierung aufzubauen", so der Kanzler. Vorstellbar sei aber ein freies Spiel der Kräfte bis zu einer Wahl: "Man wird sehen, für welche Projekte es Mehrheiten im Parlament geben wird." Keinesfalls will Kern den U-Ausschuss zu den Eurofightern "ratz-fatz abdrehen" (das wäre bei einem Neuwahl-Antrag der Fall, Anm.). Insgesamt meint er: "Ich will nicht über Frisur oder Anzug diskutieren, sondern über inhaltliche Fragen."

Kann Kern mit der FPÖ?

Zu einer künftigen Zusammenarbeit der SPÖ mit der FPÖ befragt, meint der Kanzler: Das "wäre eine Novität der SPÖ, das werden wir ganz sensibel diskutieren." Man würde sehen, wie sich die FPÖ nach der Wahl aufstellen wird. Nachsatz: "Dass ich keine große Affinität zur FPÖ habe, ist kein Geheimnis".

Das sagte Kern über die bisherige Koalition mit der ÖVP: "Die Regierungsarbeit hat sich sehr schwierig gestaltet. Eigentlich von Anfang an", so Kern. Es habe eine Gruppe in der ÖVP gegeben, die dagegen gearbeitet habe. Die SPÖ hätte hingegen versucht, "konstruktiv Regierungsarbeit zu machen". "Mitterlehner und ich waren uns einig, dass man so eine Bundesregierung nicht führen kann."

Kern zu einem lautstarken Zwischenrufer in der ÖVP, Innenminister Wolfgang Sobotka: Er habe bereits mit Mitterlehner darüber gesprochen, Sobotka zu entlassen. Das sei aber nicht machbar gewesen. Viele in der ÖVP hätten gegen den Erfolg der Regierung mit Vizekanzler Mitterlehner gearbeitet.

Kern über Kurz

Kern zum Wunschnachfolger der ÖVP, Außenminister Kurz: "Ich sehe gar kein Problem zwischen uns beiden, sonst hätte ich ihm nicht eine Reformpartnerschaft nach steirischem Muster angeboten."

"Raider ist jetzt Twix"

Zum Wunsch Kurz, als eigene Liste, nicht als "ÖVP" bei der nächsten Wahl anzutreten, meint Kern: "Es stand auch schon einmal BZÖ statt FPÖ auf einem Zettel." Und: "Es gab da die Werbung Raider ist jetzt Twix – ein bisserl so kommt mir das jetzt vor."

(uha)