Politik

Kanzler Nehammer packt in Rede über Kurz-SMS aus

Karl Nehammer hat sich am Samstag den Delegierten der Volkspartei gestellt. In seiner Rede sprach der Kanzler über große Herausforderungen. 

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Bundeskanzler Karl Nehammer bei seiner Rede beim ÖVP-Bundesparteitag.
Bundeskanzler Karl Nehammer bei seiner Rede beim ÖVP-Bundesparteitag.
APA

Die ÖVP ging in letzter Zeit durch turbulente Zeiten. Nach den Rücktritten von Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck von den Ämtern der Landwirtschafts- bzw. der Wirtschaftsministerin hat die Regierungspartei erst diese Woche ihr neues Team vorgestellt. Beim Parteitag der Volkspartei in Graz appellierte Bundeskanzler Karl Nehammer seine Parteifreunde zur internen Geschlossenheit und zum Zusammenhalt.

Nehammer wollte sich im Vorfeld seiner Rede nicht zu viel Druck aufbürden. Im Interview mit den Bundesländer Zeitungen hatte der Regierungschef noch am Freitag gemeint, dass die wichtigste Rede seiner politischen Karriere, jene in Mauthausen zum Gedenken der Befreiung des Konzentrationslagers war.

Doch freilich wurde auch der Rede zum Parteitag ein großes Gewicht beigemessen. Die Corona-Krise, der Krieg in der Ukraine, die Teuerungswelle und die neuesten Umbildungen in der Bundesregierung sind alles Themen, die Österreich und die Volkspartei in den letzten Tagen, Wochen und Monaten stets beschäftigten. Zu Beginn seiner Ausführungen legte Nehammer Wert auf einen Scherz, der jedoch zuerst für ein Aufraunen und dann für eine Sekunde vollkommene Stille sorgte – Ex-Kanzler Sebastian Kurz habe ihm ein SMS geschrieben, ließ Nehammer wissen.

"Was wissts ihr, was wir uns für SMS schreiben?", so der Kanzler nach einem Aufraunen im Saal – in Hinsicht des Chat-Skandals der Vergangenheit, der die Partei schwer unter Druck gebracht hatte. Der Inhalt sei ein freundschaftlicher Austausch gewesen, so Nehammer, man habe sich alles Gute gewünscht und er werde den Inhalt auch öffentlich machen, damit es keine Spekulationen darüber gebe. Kurz habe ihm geschrieben, es sei eine besondere Ehre, am Parteitag stehen zuu dürfen, und dieses Gefühl solle er "aufsaugen und mitnehmen".

Auf Gegenwind soll Rückenwind folgen

"Danke für deine Freundschaft", so Nehammer Richtung Kurz. Es sei ein "Privileg", hier stehen zu dürfen und es wäre nicht die Volkspartei, wenn auf Gegenwind nicht Rückendwind folgen würde. Der Kanzler dankte außerdem den zurückgetretenen, aktuellen und neuen Regierungsmitgliedern. Alle würden mit größter Kraft für das Beste für das Land arbeiten. Das sei "kein Spin", "kein Wording", das sei der Plan der Volkspartei. "Ein gutes Team zeichnet sich dadurch aus, dass man bereit ist, aufeinander zuzugehen, einander zuzuhören", so Nehammer an sein Regierungsteam.

Wichtig sei es nach den Turbulenzen gewesen, die Agenden neu zu ordnen, hieß es, unter anderem den Tourismus bei Arbeit und Wirtschaft einzugliedern. Mit Norbert Totschnig habe man dazu einen Profi gefunden, so Nehammer, und er hoffe, dass sich dieser bald aus seiner Corona-Quarantäne freitesten könne. Nach und nach bedachte Nehammer alle Minister und ranghohen ÖVP-Politiker mit Lobesworten. Trotz aller "Angriffe unter der Gürtellinie" der Opposition sei man stark und es gebe diese Attacken nur, "weil sie es auf Augenhöhe nicht schaffen".

"Das ist der Unterschied zwischen uns und den Linken"

Nehammer betonte, er werde sich nicht einschüchtern lassen, auch wenn man seine Familie mit hineinziehe und man habe ein Wertefundament, das man auch dann nicht verlassen würde, wenn man eingeschüchtert würde. Die ÖVP stehe zudem dafür, dass man das Thema Korruption transparent angehen werde. "Freiheit ist unsere DNA. Freiheit heißt, dass man die Meinung des anderen nicht teilen muss. Aber das man sie tolerieren soll", so Nehammer. Das lebe die ÖVP, "das ist der Unterschied zwischen uns und den Linken."

Nehammer erzählte weiter über den Besuch des israelischen Außenministers, dessen Großvater in einem Konzentrationslager ermordet wurde. Österreich stelle sich seiner Verantwortung, so der Kanzler, der damit zum Ukraine-Krieg überleitete. "Es ist ein unglaubliches Privileg in einem so sicheren wie schönen Land leben zu dürfen", so Nehammer, man müsse den Kriegsflüchtlingen helfen und sei ein neutrales Land, habe aber "eine Meinung". Das Massaker in Butscha sei für Nehammer noch vor dem Terroranschlag in Wien das prägendste Erlebnis gewesen. "Butscha zeigt in einer unglaublichen Brutalität die Fratze eines Krieges", so der Kanzler, "wenn man das gesehen hat, spürt man es in einem drinnen, dass alles gut ist, was getan wird", um einen Waffenstillstand zu erreichen, so Nehammer.

"Aus jeder Krise stärker hinausgegangen"

Der Krieg sei auch einer der Gründe für die Teuerungswelle, auf die die ÖVP mit zwei Maßnahmenpaketen als Hilfe für die Bevölkerung reagiert habe. Skeptikern richtete der Kanzler aus: Man sei "aus jeder Krise stärker hinausgegangen als hinein". Der Unterschied der ÖVP zur SPÖ sei, dass die ÖVP wie der Heilige Martin ihren Mantel Teile und nicht den eines anderen, so der Kanzler sinngemäß.  In Sachen Gas müsse man zudem die Abhängigkeit von Russland reduzieren, "Wir fangen damit an", so Nehammer. Er habe jedenfalls täglich die Gasspeicherstände im Blick.

Der Kanzler spulte immer mehr Themen immer schneller ab – Bildung (man habe in Österreich hochqualifizierte Menschen), Eigentum (müsse wieder ermöglicht werden), Pflege (sei revolutionär refomiert worden), Migration (Nachbarschaftshilfe und irreguläre Migration dürfe nicht vermischt werden), Wissenschaft (wenn Menschen an Wurmmitteln sterben, müsse man die Kinder darauf vorbereiten), Umwelt (man müsse entsprechende Infrastruktur schaffen) und Kultur (finde nicht nur bei linken Eliten statt).

"Schon limitiös" werde die Aufnahmefähigkeit des Publikums, so Nehammer nach einer Stunde Redezeit, in der er auffäöllig oft gegen die von ihm "Sozialisten" genannte SPÖ feuerte, aber nur einmal über FPÖ-Chef Herbert Kickl im Zusammenhang mit dem Wurmmittel Ivermectin sprach. "Und ja, ich stelle mich zur Wahl, ich werbe um euer Vertrauen", so der Kanzler am Schluss der Rede. "Wir sind die Volkspartei. Wir sind die ersten Diener dieses Landes".