Politik

"Wos is mim Ton, Kinder?" – Panne vor Kanzler-Interview

Was bleibt übrig vom EU-Gipfel? Nicht der geforderte Zaunbau, aber auch kein "Nicht-Zaunbau", merkt Kanzler Nehammer in der "ZiB 2" an.

Leo Stempfl
Bundeskanzler Nehammer war in der "ZiB 2" zu Gast.
Bundeskanzler Nehammer war in der "ZiB 2" zu Gast.
ORF2

Am EU-Sondergipfel in Brüssel haben die 27 EU-Staats- und Regierungschefs stundenlang bis spät in die Nacht hinein verhandelt. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer sah Freitagfrüh seine Forderungen erfüllt. Die Teilnehmer hätten sich auf umfangreiche EU-Mittel zum Außengrenzschutz verständigt – auch für mehr Infrastruktur. Aber: Die explizit geforderten Grenzzäune kommen nicht mal in einem Wort in der Abschlusserklärung vor. Sie seien aber indirekt durch die Beschlüsse finanzierbar, erklärte der Kanzler.

EU will Grenzschutz stärken – von Zaun aber keine Rede >>

Bekanntlich waren Mängel beim Außengrenzschutz ein entscheidender Grund, weswegen Österreich den Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien blockiert – was in den Ländern zu heftigen Reaktionen und Boykott-Wellen führte. Durch den jüngsten Beschluss soll Bulgarien nun etwa mehr Personal, Fahrzeuge und Ausrüstung zur Überwachung der Grenze erhalten.

"Wos is mim Ton, Kinder?"

Zu diesem Anlass war der Kanzler schließlich Freitagnacht auch in der "ZiB 2" zu Gast. Es kam also zu einem erneuten Aufeinandertreffen mit Martin Thür, der vom Kanzler im letzten Interview heftig attackiert wurde. 

Die Sendung startete unter keinem guten Vorzeichen. Gleich im ersten Video-Beitrag über die Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und Syrien gab es einfach keinen Ton zu hören. Jener vom Thür-Mikrofon war hingegen noch an. "Wos is mim Ton, Kinder?", fragte dieser sein Team, hörbar genervt. Nach einer ewig scheinenden Minute gab es doch noch was auf die Ohren, wenig später auch das Interview mit dem Bundeskanzler.

Kein Zaunbau, aber auch kein Nicht-Zaunbau

"Zunächst einmal", beginnt Nehammer, sei es ein Erfolg, weil die Migration wieder gemeinsames Thema aller EU-Länder geworden ist. Das Ergebnis ist, dass zum ersten Mal der Punkt Infrastruktur angesprochen wurde. Zwar komme im Abschlussbericht nicht das Wort "Zaun" vor. "Wir sagen, es kommt auch nicht das Nicht-Zaunbauen vor." Es brauche mehrere Maßnahmen, in dieser ganzen Thematik habe man "den Fuß jetzt noch viel stärker in der Tür, als wir sonst immer gehabt haben, Herr Thür."

"Geld hat ja bekanntlich kein Mascherl", damit könne eben auch die Verbesserung des Zauns durch Bulgarien ermöglicht werden. Thür hält Nehammer hier vor, dass es dadurch passieren könne, dass sich die Fluchtbewegungen wieder mehr auf das Meer verlagern und dort tausende Menschen sterben werden.

1/5
Gehe zur Galerie
    Bundeskanzler Karl Nehammer fordert einen Grenzzaun wie Griechenland ihn hat – allerdings nicht für Österreich, sondern für Bulgarien.
    Bundeskanzler Karl Nehammer fordert einen Grenzzaun wie Griechenland ihn hat – allerdings nicht für Österreich, sondern für Bulgarien.
    Bundeskanzleramt

    Ein Zaun löst nicht alle Probleme

    "Ein Zaun an sich löst auch nicht alle Probleme", muss Nehammer schließlich eingestehen. Schlepper würden den Menschen außerdem unrealistische Vorstellungen machen. "Wir brauchen eine Perspektive für die Herkunftsländer als auch für die Transitländer."

    Diese Herkunftsländer müsse man auch fördern, um den Menschen Perspektiven zu bieten und Rückführungen leichter zu machen. "Bei diesem Rat hat man ganz ehrlich und offen gesprochen", lobt Nehammer das Gesprächsklima. Wenn die vereinbarten Schritte abgearbeitet sind, die Außengrenze tatsächlich eine Außengrenze ist, könne man auch über Themen wie Registrierungszentren und Verteilungsschlüssel sprechen. "Wir diskutieren zum ersten Mal wieder auf Augenhöhe."

    Anderes Thema: Ukraine. Österreich importiert sein Gas wieder zu 71 Prozent Gas aus Russland, "Heute" berichtete. Nehammer sei stolz, dass die Versorgungssicherheit jederzeit gegeben war. Riesige Mengen wurden im Sommer in die Speicher gepumpt. "Das ist auch Ihr Gas, Herr Thür." Es gibt hier lang bestehende Verträge, etwa der OMV, an die man sich nun mal zu halten habe.

    1/10
    Gehe zur Galerie
      Am Mittwoch (01.02.2023) besuchte eine österreichische Delegation angeführt von Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Ukraine.
      Am Mittwoch (01.02.2023) besuchte eine österreichische Delegation angeführt von Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Ukraine.
      Peter Lechner/ HBF