Österreich

Kein (KI)nderspiel: Avatare ersetzen jetzt Pfarrer

Herr im Himmel, hilf! Nun hält die Künstliche Intelligenz (KI) offenbar auch Einzug in die Religion, wie das Experiment eines Wiener Theologen zeigte.

Christine Ziechert
300 Gläubige lauschten den Avataren beim KI-Gottesdienst in der Pauluskirche.
300 Gläubige lauschten den Avataren beim KI-Gottesdienst in der Pauluskirche.
Matthias Schrader / AP / picturedesk.com

Zur Salzsäule erstarrten die Besucher der Pauluskirche im bayrischen Fürth (D) am vergangenen Freitag zwar nicht, ein Halleluja war allerdings auch nicht zu hören: Jonas Simmerlein, evangelischer Theologe und Philosoph an der Uni Wien, ließ für den "Deutschen Evangelischen Kirchentag" von einem Chatbot einen 40-minütigen Gottesdienst kreieren – inklusive Predigt, Gebeten und Segen am Ende.

Statt dem Pfarrer lauschten die 300 Kirchenbesucher vier Avataren – zwei Männern und zwei Frauen – die, statt von der Kanzel, via Bildschirm predigten, berichtet die "Daily Mail". "Liebe Freunde, es ist mir eine Ehre, hier zu stehen und euch als erste Künstliche Intelligenz auf dem diesjährigen Evangelischen Kongress in Deutschland zu predigen", erklärte der erste Avatar mit ausdruckslosem Gesicht und monotoner Stimme.

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    Künstliche Intelligenz predigte vom Bildschirm aus

    "Ich sagte der Künstlichen Intelligenz: 'Wir sind auf dem Kirchentag, Sie sind Prediger … wie würde ein Gottesdienst aussehen?'", erklärte Simmerlein der Associated Press. Als Grundlage für die Predigt gab der Theologe zudem das Motto des diesjährigen Kongresses "Jetzt ist die Zeit" an. "Ich habe das Projekt zwar gestartet, den Entstehungsprozess aber nur begleitet. 98 % des Gottesdienstes stammen von der Maschine", meinte Simmerlein.

    Die Gläubigen hörten aufmerksam zu, als die Künstliche Intelligenz predigte, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, sich auf die Herausforderungen der Gegenwart zu konzentrieren, die Angst vor dem Tod zu überwinden und niemals das Vertrauen in Jesus Christus zu verlieren.

    Die Idee zum ChatGPT-Gottesdienst stammt vom Theologen Jonas Simmerlein.
    Die Idee zum ChatGPT-Gottesdienst stammt vom Theologen Jonas Simmerlein.
    Matthias Schrader / AP / picturedesk.com
    "Es gab kein Herz und keine Seele. Die Avatare zeigten überhaupt keine Emotionen, hatten keine Körpersprache und redeten so schnell und eintönig" - Besucherin Heiderose S.

    Manchmal löste der Avatar allerdings auch Gelächter aus, etwa wenn er Plattitüden benutzte und mit ausdrucksloser Miene sagte, "um unseren Glauben zu bewahren, müssen wir regelmäßig beten und in die Kirche gehen." Die Reaktionen der Kirchgänger waren durchwachsen, so weigerten sich etwa einige Besucher, beim Vaterunser laut mitzusprechen.

    "Es gab kein Herz und keine Seele. Die Avatare zeigten überhaupt keine Emotionen, hatten keine Körpersprache und redeten so schnell und eintönig, dass es mir sehr schwer fiel, mich auf das zu konzentrieren, was sie sagten", meinte etwa Heiderose S. (54). Positiv überrascht zeigte sich der deutsche Pfarrer Marc J. (31): "Ich hatte es mir eigentlich schlimmer vorgestellt. Die Sprache der KI funktionierte gut, auch wenn sie zeitweise noch etwas holprig war."

    KI soll Geistliche bei der Arbeit unterstützen

    Simmerlein zeigte sich erfreut über den Erfolg: "Das Ergebnis war ein ziemlich solider Gottesdienst." Der Theologe sieht die KI als Möglichkeit, Geistliche bei der täglichen Arbeit in den Gemeinden zu unterstützen. "Künstliche Intelligenz wird zunehmend unser Leben in all seinen Facetten übernehmen. Und deshalb ist es sinnvoll zu lernen, damit umzugehen", so Simmerlein.