Politik

FP-Absage Nehammer will mit Grünen noch 1 Jahr regieren

Bundeskanzler Karl Nehammer erklärte im ORF-Sommergespräch, dass er die Kinderbetreuung ausbauen möchte und kritisierte Herbert Kickl heftig.

Newsdesk Heute
Karl Nehammer kritisierte im ORF-Sommergespräch Herbert Kickl scharf.
Karl Nehammer kritisierte im ORF-Sommergespräch Herbert Kickl scharf.
Sabine Hertel

Als letzter heimischer Spitzenpolitiker war am Montag Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer im ORF-Sommergespräch zu Gast. Er ist der dritte ÖVP-Regierungschef in nur vier Jahren.

Im Vorfeld betonte er, dass er zu seinen großen Kritikern, vor allem zu SPÖ-Chef Andreas Babler, ein professionelles Verhältnis pflege: "Mir war immer wichtig, hart in der Sache zu sein, aber immer den Menschen zu respektieren, der vor einem steht."

Das Gespräch fand neuerlich im Sprechzimmer 23 des Parlaments statt. Gleich zu Beginn ließ Nehammer mit einer Ankündigung bei der Kinderbetreuung aufhorchen.

"Darf nicht an der Kinderbetreuung scheitern, wenn Frauen arbeiten gehen wollen"

Der Kanzler ist selbst Vater zweier Kinder und erklärte, das die Betreuungssituation in den Sommerferien eine große Herausforderung darstelle. "Wir haben vor allem in der Altersgruppe von 1-2 und von 2-3 Jahren eine Versorgungslücke bei den Kinderbetreuungsplätzen. Diese Lücke will ich schließen. Das ist ein ambitionierter Plan, kostet 4,5 Milliarden Euro bis 2030 und geht nur mit Bund, Land und Gemeinden gemeinsam. Es darf nicht an der Kinderbetreuung scheitern, wenn Frauen arbeiten gehen wollen", stellte Nehammer klar.

In Deutschland gibt es einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. Diesem Modell erteilte der ÖVP-Chef aber eine Absage: "Das ist ein komplexes Thema, wir haben über 2.000 Gemeinden in Österreich. Ich halte es für sinnvoll, zuerst die Infrastruktur zu schaffen und das Personal zu finden, deshalb kann ich vorher nicht den Rechtanspruch erwirken, sondern muss dafür sorgen, dass die Kindergartenplätze da sind. Ein Rechtsanspruch ohne Möglichkeit bringt niemanden etwas."

"Laufen Gefahr, den Menschen falsche Versprechungen zu machen"

Zweiter großer Themenkomplex war das Klimaschutzgesetz. Dazu meinte Nehammer: "Das Klima ist global und nicht national, wir brauchen dazu viele Verbündete auf der Welt." Weiter verwies er darauf, dass in Österreich Gesetze beschlossen wurden, die dem Klimaschutz dienen, wie etwa die ökosoziale Steuerreform, der Transformationsfonds oder die Photovoltaikförderung.

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    Karl Nehammer war am Montag zu Gast im ORF-Sommergespräch bei Susanne Schnabl.
    Karl Nehammer war am Montag zu Gast im ORF-Sommergespräch bei Susanne Schnabl.
    Sabine Hertel

    "Ein Versprechen an die Bevölkerung zu machen, dass es mit einem Klimaschutzgesetz keine Murenabgänge und Hochwassersituationen mehr gibt, ist unredlich. Es braucht Maßnahmen, um CO2 aus der Atmosphäre zu bringen, aber das hat nur Sinn, wenn es viele tun. Österreich allein ist zu wenig, wir brauchen Indien und China dazu. Ansonsten laufen wir Gefahr, den Menschen falsche Versprechungen zu machen. Die EU ist der einzige Staatenverbund, der den Verbrennungsmotor verboten hat. Wir brauchen ein Klimaschutzgesetz mit Hausverstand, dass die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Betriebe und den Wohlstand nicht gefährdet", erklärte Nehammer.

    Auch betonte er im ORF-Gespräch, dass er mit den Grünen bis zum Wahltermin nächstes Jahr in einer Koalition bleiben möchte und verteidigte die Maßnahmen gegen die Teuerung.

    "Wir haben die Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich halbiert"

    "Werner Kogler und ich haben uns darauf verständigt, den Weg der Mitte zu wählen, damit die Menschen mit der Teuerung besser zurechtzukommen. Das ist uns gelungen, wir haben die Kaufkraft gesteigert und es geschafft, die Inflation von 11 auf 7 Prozent zu senken. Wir haben nach wie vor keine Rezession und die Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich halbiert", so der Kanzler.

    "Es gibt keine Regierung mit Herbert Kickl"

    Ein weiteres Thema des letzten Sommergesprächs war die Gas-Politik. Immer noch bezieht Österreich rund 60 Prozent russisches Gas. Dabei verwies Nehammer auf eine strategische Reserve, die vergangenes Jahr angelegt wurde. "Wir haben neue Wege gefunden, um unabhängiger zu werden."

    Sehr klar Stellung bezog Nehammer bei der Frage nach seinem Verhältnis zur FPÖ und Herbert Kickl: "Kickl hat den Verfassungsschutz total zerstört und stellt ein Sicherheitsrisiko dar. Das ist keine parteipolitische Taktik, sondern das ist eine echte Überzeugung. Er hat als Innenminister nicht an die Sicherheit der Menschen zuerst gedacht. Auch in der Corona-Pandemie hat er die Ängste ausgenutzt und verstärkt und als politischer Verantwortungsträger keine Verantwortung gelebt."

    "Ich glaube an die Unschuld von Sebastian Kurz"

    Nehammer ist sicher, dass das umstrittene Video der FPÖ-Jugend klar unter dem Einfluss von Herbert Kickl produziert wurde. "Die FPÖ muss entscheiden, in welche Richtung sie geht. Es wird mit mir als Bundeskanzler keine Regierung mit Herbert Kickl geben, solange er diesen Einfluss in der FPÖ hat", unterstrich er.

    Gegen Ende des Sommergesprächs wurde auch noch der Prozess rund um Sebastian Kurz thematisiert. Dazu erklärte Nehammer: "Ich glaube an die Unschuld von Sebastian Kurz und an die unabhängige Gerichtsbarkeit."

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      Bundeskanzler Karl Nehammer hat heute den deutschen Bundeskanzler in Salzburg empfangen. Es ist Olaf Scholz' erster Staatsbesuch in Österreich.
      Bundeskanzler Karl Nehammer hat heute den deutschen Bundeskanzler in Salzburg empfangen. Es ist Olaf Scholz' erster Staatsbesuch in Österreich.
      BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com