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Kindesmissbrauch in D: Polizei hat 30.000 Verdächtige

Im Kindesmissbrauchskomplex von Bergisch Gladbach hat die Polizei nun eine schier schockierende Anzahl an Verdächtigen. 

Roman Palman
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    Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach im Rahmen der Pressekonferenz zum Kindesmissbrauchskomplex Bergisch Gladbach am 29. Juni 2020
    Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach im Rahmen der Pressekonferenz zum Kindesmissbrauchskomplex Bergisch Gladbach am 29. Juni 2020
    picturedesk.com/dpa/Federico Gambarini

    Das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen will ab 1. Juli mögliche Kinderschänder und Pädophile im Internet genauso konsequent verfolgen wie Cyberterroristen. Bisher habe man sich auf Einzeltäter fokussiert, erklärte Justizminister Peter Biesenbach (CDU) im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag in Düsseldorf. Das soll sich nun ändern.

    "Wir haben uns die Frage gestellt, ob es da nicht einen viel größeren Sumpf gibt", so Biesenbach. Diesen haben die Ermittler bereits gefunden – aber noch längst nicht trocken gelegt. Alleine in dem Kindesmissbrauchskomplex von Bergisch Gladbach geht die Polizei laut deutschen Medien bereits gegen 30.000 (!) Verdächtige vor. Der größte Teil davon konnte sich durch die Anonymität des Internets bislang der Exekutive entziehen, namentlich identifiziert sind bisher etwas mehr als 70 Tatverdächtige.

    "Mir ist speiübel!"

    Oberstaatsanwalt Markus Hartmann schildert die Strukturen hinter dem Pädophilen-Netzwerk: Über einschlägige Internetforen und über Messenger-Dienste würden Kriminelle mit ihren Missbrauchstaten prahlen und sich gegenseitig Tipps geben und anstacheln. "Da werden zum Beispiel Tipps gegeben, welche Beruhigungsmittel besonders geeignet sind, um die jungen Opfer gefügig zu machen", so Hartmann. "Die Täter empfinden Kindesmissbrauch als 'normal' und finden eine riesige Gruppe von Gleichgesinnten. Die Hemmschwellen sinken". 

    Wie die "WAZ" berichtet, war selbst Justizminister Biesenbach von der traumatischen Causa emotional berührt. Als er die Zwischenergebnisse der Ermittlungen vorstellte, kommentierte er sichtlich bewegt: "Mir ist speiübel!"

    Der Kindesmissbrauchskomplex von Bergisch Gladbach

    Im Oktober 2019 wurden in der Wohnung des mittlerweile 43-jährigen Familienvaters Jörg L. in Bergisch Gladbach riesige Mengen an kinderpornograpfischem Material gefunden. Der Mann soll seine eigene Tochter (2) fast täglich missbraucht haben und versucht haben, ein Treffen zwischen einem Perversen und dem Kind anzubahnen. Jörg L. gilt als Hauptfigur in dem Missbrauchskomplex. 

    In Folge waren bis zu 350 Ermittler im Rahmen einer Soko mit der Sichtung des sichergestellten Materials beschäftigt. Es war eine psychisch schwer belastende Arbeit, doch sie hat sich gelohnt. Mindestens 44 Opfer, darunter auch ein drei Monate altes Baby, konnten bisher identifiziert und befreit werden. Mehrere Personen, darunter auch ein 27-jähriger Bundesheer-Soldat, wurden bereits in der Folge der Causa verurteilt. Immer mehr Verdächtige konnten ausgeforscht werden, mittlerweile erstreckten sich die Ermittlungen über die ganze Bundesrepublik.