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Knopf-Kamera, Mini-Hörer: So lief der Fahrschulschummel

Die Polizei hat in der Steiermark Dutzende Personen gefasst, die bei der Fahrprüfung betrogen haben. Drahtzieher verlangten 2.000 Euro – pro Prüfung.

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    Eine Ausrüstung für Spione? Könnte man meinen. Damit haben Betrüger und Betrügerinnen bei der Fahrprüfung geschummelt.
    Eine Ausrüstung für Spione? Könnte man meinen. Damit haben Betrüger und Betrügerinnen bei der Fahrprüfung geschummelt.
    LPD Steiermark

    Aufgrund der Ausrüstung könnte man meinen, sie seien Spione: Doch mit den ausgeklügelten technischen Hilfsmitteln, die Dutzende Personen bei der theoretischen Fahrprüfung einsetzten, wollten sie den Test bestehen. Der letzte Vorfall war laut der Landespolizeidirektion (LPD) Steiermark am 4. November. Dabei wurde ein 35-jähriger Mann erwischt, der völlig verkabelt zur Prüfung erschien.

    Den Verdacht auf den Prüfungsbetrug gab es schon länger. Die Behörden ermitteln nach eigenen Angaben seit Oktober 2020 in dem Fall und gründeten die Taskforce Operation Focus. Die Masche lief laut der Polizei Steiermark immer gleich ab. Die Personen, die bei der Prüfung waren, schickten während des Tests Fotos der Prüfungsfragen an eine externe Person, die dann jeweils schnell die korrekte Antwort zurückschickte.

    High-Tech-Schummler

    Dabei setzten die Betrüger und Betrügerinnen moderne Hilfsmittel ein: Sie hatten Minikameras, die in Hemdknöpfe verbaut waren, Handys und mobile WLAN-Router zur Bildübertragung, Powerbanks und In-Ear-Kopfhörer, die nur zwei Millimeter groß waren (siehe Bildstrecke). Laut Polizei wurde das Equipment teilweise direkt an den Körper geklebt oder an der Innenseite von T-Shirts in verschiedenen Größen verbaut. Zudem trugen die Schummler und Schummlerinnen ein Induktionskabel um den Hals, um die drahtlose Audioübertragung ins Ohr zu gewährleisten.

    Die sichergestellte Technik wurde von Spezialisten und Spezialistinnen untersucht und führte schließlich zu den Hintermännern der Betrugsmasche. Bei einem Hauptverdächtigen wurden zig Fotos von Theorieprüfungen auf einem Handy gefunden. Ihm werden insgesamt 35 Manipulationen vorgeworfen. Der 34-jährige Syrer, der in Wien lebt, ist laut der Polizei mittlerweile bereits wegen anderen strafbaren Handlungen in Haft.

    2.000 Euro pro Prüfung

    Eine weitere Spur führte zu einem Paar aus Graz. Die beiden 26-Jährigen stehen im Verdacht, in mehreren Fällen den Personen an den Prüfungen die richtigen Antworten eingeflüstert zu haben. In der Wohnung des Paares sei umfangreiches IT-Equipment sichergestellt worden. Bei einer Befragung gaben sie laut Behörden zu, dass sie in acht Fällen die richtigen Antworten eingeflüstert hatten und weitere Hilfestellungen für die nächsten Tage geplant gewesen seien.

    Die Dienstleistung ließen sich die Drahtzieher teuer bezahlen: Sie verlangten laut den Behörden meist einen Betrag in der Höhe von 2.000 Euro. Dieser war nach bestandener Prüfung sofort zu bezahlen. Ebenfalls flog ein weiterer Betrug auf. Dabei wollte der Neffe mit dem Reisepass seines Onkel die theoretische Prüfung absolvieren. Bei der Identitätskontrolle vor der Prüfung flog er allerdings auf.

    Die Behörden fanden 68 Betrugsfälle mit der Beteiligung von insgesamt 90 Beschuldigten. Bei allen Personen wurde die bestandene theoretische Fahrprüfung aberkannt respektive die Lenkberechtigung entzogen.