Politik

Koalition: Wird Kurz jetzt zum Klima-Kanzler?

Der Wahltag brachte eine große Überraschung: Eine Zweier-Koalition aus ÖVP und Grünen ist rechnerisch möglich. Aber kommt sie auch?

Heute Redaktion
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"Zurück zu den Grünen" skandierte Spitzenkandidat Werner Kogler in seinem bereits zweiten Intensivwahlkampf in diesem Jahr. Und die Wähler kehrten in Strömen zurück, sehr zum Leidwesen der SPÖ. Der grüne Parteichef holte die Ökos aus der Versenkung. Von 3,8 Prozent im Jahr 2017 auf 14 Prozent. Comeback gelungen.

Und: Alle Spekulationen über eine Dreier-Koalition aus ÖVP, Grünen und Neos lösten sich am Wahlabend in Luft auf. Volkspartei und Ökos kämen auf eine absolute Mehrheit im Parlament, die Pinken sind dafür nicht nötig.

Und obwohl Sebastian Kurz sich am Wahlabend noch nicht in die Karten schauen lassen wollte, malten Beobachter schnell das Bild einer möglichen türkis-grünen Koalition. Klar ist: Alle Varianten bergen gewisse Schwierigkeiten.

Die Probleme mit Rot und Blau

Eine Neuauflage von Türkis-Blau wäre wohl programmatisch schnell abgewickelt. Eine Diskussion um das Rauchverbot hier, Anpassungen bei der direkten Demokratie dort. Herbert Kickl könnte freilich nicht mehr Innenminister werden – aber der Posten des Klubobmanns hat auch eine große Bedeutung. Allerdings ist fraglich, wie stabil die FPÖ als Partner sein kann. Bisher scheiterten alle Bundesregierungen mit blauer Beteiligung, auch die Situation um Ex-Chef Heinz-Christian Strache sorgt für interne Turbulenzen.

Wenig wahrscheinlich scheint auch eine Große Koalition mit der SPÖ als Juniorpartner. Kurz selbst hatte diese Variante immer wieder für den vorherrschenden Streit und vermeintlichen Stillstand gescholten. Seine nach vorne gerichtete Erzählung wäre damit nicht kompatibel. Zudem dürften die persönlichen Gräben nach wie vor tief sein.

Die möglichen Koalitionen:

Was gegen die Grünen spricht

Bleiben also die Grünen – und eine Minderheitsregierung, der aktuell aber wenig Chancen eingeräumt werden. Auch hier gibt es Schwierigkeiten. Zwar existiert augenscheinlich keine persönliche Abneigung zwischen Kurz und Kogler, doch in vielen Punkten stimmen die Parteien nicht überein – darunter Migrationspolitik und soziale Fragen.

"Wir werden aktiv Gespräche suchen. Aber nur um zu sehen ob es sinnvoll ist, in Verhandlungen einzutreten", betonte Kogler am Montag nach der Wahl gegenüber Ö1. Er räumte ein, dass die Schnittmengen "nicht so offensichtlich" seien. Aber: Für ein "gesamtes Steuerkonzept" mit ökosozialer Ausrichtung gebe es "viele Gesprächspartner" in der ÖVP.

Mit der Sozialpolitik der vergangenen Koalition (mehr Familienbonus für Besserverdiener und Kinderarmut) ist Kogler nicht zufrieden. Das habe mit "christlicher Tradition" nichts zu tun. Bevor Kurz Bundeskanzler wurde, habe es aber eine gute Gesprächsbasis gegeben.

Was für die Grünen spricht

Die andere Seite ist die Außenwirkung. Eine neuerliche Koalition mit der skandalgebeutelten FPÖ würde international nicht goutiert werden.

Angela Merkel war bekanntlich daran gescheitert, eine sogenannte "Jamaika-Koalition" aus den Unionsparteien, den Liberalen und den Grünen zu bilden. Nun sitzt sie in einer Koalition mit der SPD, die Umfragen sind schlecht.

Dieses Kunststück müsste Kurz nicht einmal vollführen. Ein "simples" Bündnis mit den Grünen würde im Ausland für anerkennende Schlagzeilen sorgen. Und die sind für einen Kanzler mit dermaßen intensiven Kontakten zu anderen Staatschefs nicht zu unterschätzen.

Zudem könnte Kurz den Klima-Kanzler machen. Sein Lieblingsthema aus dem vergangenen Wahlkampf, die Migrationskrise, wollte diesmal einfach nicht zünden. Trotz Versuchen, das Thema in den Mittelpunkt zu stellen ("Da braut sich was zusammen."), beherrschte die Klimakrise die Elefantenrunden und TV-Duelle. Die "Fridays for Future"-Bewegung hat gezeigt, welches Thema unter jungen Menschen beliebt ist.

Doch noch steht nichts fest: Kurz will nach der Wahl mit allen Parteien sprechen, schließt niemanden für eine Zusammenarbeit aus. Egal, auf welche Partei die Wahl fällt: Die Verhandlungen dürften lang werden.

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