Versicherung zahlte nicht

Koch verliert Geruchssinn, klagt auf 150.000 Euro

Ein Küchenchef verlor seinen Geruchssinn, wollte wegen Berufsunfähigkeit von der Versicherung 150.000 Euro. Doch die weigerte sich, zu zahlen.
Österreich Heute
01.04.2025, 06:30

Köche sind auf ihren Geruchs- und Geschmackssinn angewiesen. Der bekannte deutsche TV-Koch Tim Raue (51) hat seine Nase und seine Zunge daher versichert: "Geschmacks- und Geruchssinn sind für mich elementar. Es bleibt allerdings ein unsicheres Feld. Wenn mir etwas zustoßen sollte, wird es schwer zu beweisen, dass der Versicherungsfall eintritt", erklärte der Sternekoch im vergangenen Sommer.

Genau mit diesem Problem musste sich nun der Oberste Gerichtshof (OGH) herumschlagen: Denn ein Küchenchef, der in Tirol eine Pension mit à la carte-Betrieb führt, erlitt im Juli 2020 einen Unfall mit schweren Folgen für ihn – er verlor seinen Geruchssinn komplett, zudem war sein Geschmackssinn so stark beeinträchtigt, dass er nicht mehr (Ab-)Schmecken konnte.

Küchenchef ist nur noch Hilfskraft

Seitdem kocht nur noch der Sous-Chef der Pension, der Küchenchef ist bloß als Hilfskraft in der Küche tätig – er richtet die Teller an und erledigt Vorbereitungsarbeiten. So bereitet er vereinzelt auch Speisen zu, aber ausschließlich mit fixen Mengenangaben nach fix vorgegebener Rezeptur, weil er die Zutaten weder auf ihre Qualität überprüfen noch final abschmecken kann.

Zum Glück hatte der Tiroler eine private Unfallversicherung abgeschlossen, laut der der Koch bei einer Berufsunfähigkeit bis zu 150.000 Euro erhält. Im Vertrag hieß es: "Wird der Versicherte durch den Versicherungsfall dauernd vollständig berufsunfähig, bezahlen wir im Fall der dauernden Invalidität – unabhängig vom Invaliditätsgrad – 100 % der dafür versicherten Summe."

Versicherung wollte nicht zahlen

Trotzdem wollte die Versicherung nicht zahlen – mit der Begründung, dass der Mann ja weiterhin in der Küche arbeitet. Und damit sei eine vollständige Berufsunfähigkeit nicht gegeben. Das sah der gelernte Koch nicht so: Er klagte die Versicherung auf Zahlung der vollen Summe.

Sowohl das Landesgericht Innsbruck, als auch das Oberlandesgericht Innsbruck gaben dem Koch recht: Der Kläger könne den wesentlichen und prägenden Tätigkeiten eines Kochs, wie dem selbständigen Zusammenstellen von Menüs und dem Abschmecken und Zubereiten von Speisen, seit dem Unfall nicht mehr nachkommen. Dadurch, dass er weiterhin Hilfstätigkeiten in der Küche erfülle, übe er nicht mehr den Beruf eines Kochs, sondern jenen einer Küchenhilfe aus.

Ohne Geruchssinn kein Koch mehr

Die Versicherung legte dagegen Revision ein, die Causa ging an den OGH: "Die Tätigkeiten eines Kochs bedingen grundsätzlich den uneingeschränkten Geruchs- und Geschmackssinn der handelnden Person. Innerhalb einer Küche gibt es – abgesehen von Hilfstätigkeiten – keinen Aufgabenbereich eines Kochs, bei dem der Geschmacks- und Geruchssinn nicht notwendig ist", erklärten die Höchstrichter.

"Das Abschmecken aller zuzubereitenden Gerichte ist unabdingbar", begründete der OGH. Zudem sei auch außerhalb der Küche, nämlich bereits beim Einkauf, der Geruchs- und Geschmackssinn für die Qualitätsprüfung der Lebensmittel von zentraler Bedeutung. Grund- und Zu-Arbeiten würden auf der Ebene einer Hilfskraft stehen. Somit steht fest: Der Koch ist kein Koch mehr, die Versicherung muss ihm 150.000 Euro zahlen und die Kosten des Revisionsverfahrens in der Höhe von knapp 3.000 Euro übernehmen.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 01.04.2025, 07:02, 01.04.2025, 06:30
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