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Nach Causa HTL – Probezeit für neue Lehrer?

Heute Redaktion
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Reges Medieninteresse: Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SP) spricht über die Konsequenzen der Spuck-Affäre.
Reges Medieninteresse: Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SP) spricht über die Konsequenzen der Spuck-Affäre.
Bild: Sabine Hertel

Die Videos der HTL-Ottakring ziehen weite Kreise: Neue Verträge sollen Kündigungen von Junglehrern erleichtern. Die Lehrergewerkschaften sind nicht erfreut.

Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SP) präsentierte am Dienstag im Zuge einer Pressekonferenz die Konsequenzen und konkreten Maßnahmen, die auf die Veröffentlichung der Videos von Gewaltszenen im Unterricht der HTL-Ottakring folgen. Die Entscheidungen wurden aufgrund eines Berichts einer unabhängigen Kommission getroffen: Vier Schüler und der Pädagoge müssen die Schule verlassen, der Direktor darf bleiben. Eine der größten Veränderungen, die durch die "Spuck-Affäre" ins Rollen gebracht wurde, sollen neue Verträge für junge Lehrer sein.

3-Monate-Probephase, Kündigungsmöglichkeit von befristete Verträgen

"Unser Ziel wäre es bereits für das kommenden Schuljahr 2019/20 in allen Dienstverträgen eine dreimonatige Probezeit und eine Kündigung auch im befristeten Dienstvertrag zu ermöglichen. Das ist deswegen notwendig, weil alle Lehrer im Regelfall in einem befristeten Dienstverhältnis starten", erklärt Bildungsdirektor Heinrich Himmer. Ein Jahr sei ein zu langer Zeitraum, um erst dann ein Resümee zu ziehen, ob jemand eine Klasse unterrichten könne oder nicht. Es gebe bereits jetzt die Möglichkeit Lehrer aus dem Dienstverhältnis zu entlassen, nur benötige es dafür sehr viel Zeit, sowie eine lange und genaue Dokumentation.

Die Videos aus der HTL Ottakring lösten eine Grundsatzdebatte aus

Bildungsdirektion: Nicht warten, bis etwas passiert!

In Wien und Österreich sei es außerdem äußerst unüblich, befristete Verträge während der Probezeit eines Lehrers zu lösen. Daher möchte die Direktion mit diesen Maßnahmen eine mögliche Kündigung erleichtern: "Man sollte nicht warten, bis etwas passiert. Denn wenn ein Lehrer schlecht arbeitet, dann betrifft das immer Schüler und junge Menschen", konkretisiert Himmer. „Keiner will sich auf einen Operationstisch von einem Arzt legen, wo es heißt, dass er noch lerne und erst nach der dritten, vierten OP funktioniert es dann. Das wäre unverantwortungsvoll", ergänzte er.

Direktor als Entscheidungsträger über das Fachpersonal

Vor allem das erste Dienstjahr sei für neue Pädagogen oft schwierig. Die Probezeit und einfachere Kündigung soll jedoch nicht zu einem Berufsverbot führen: Wenn es für eine Lehrkraft in den ersten drei Monaten nicht klappen sollte, dann könnte der Lehrer nach Weiterbildungsmaßnahmen und mit Unterstützung von erfahrenen Kollegen, die mit dem Lehrer im Klassenzimmer stehen, zurückkommen. Die Fachaufsicht habe der Schulleiter einer Schule, so die Bildungsdirektion. Er habe somit die Entscheidungshoheit über die Lehrer: "Das ist kein einfacher Job, aber wie in einem Unternehmen braucht man einen Entscheidungsträger."

Die Einführung von Checklisten für Schulen und Bildungsdirektion, wie mit ähnlichen Krisen umzugehen ist, soll Prozesse beschleunigen. "Wir brauchen hier mehr Geschwindigkeit im System." Außerdem sollen Lehrer sowie Quereinsteiger ohne klassische Pädagogenausbildung künftig stärker darauf vorbereitet werden, wie sie eine Klasse sinnvoll führen können.

Was sagen die Lehrergewerkschaften zu diesen Änderungen?

In den nächsten zwei Wochen sollen in weiteren Gesprächen mit der Personalvertretung konkrete Schritte zur Verbesserungen an den Schulen besprochen und gesetzt werden. Rechtlich seien diese vorgeschlagenen Änderungen ohne Gesetzesänderung möglich und auch ohne Zustimmung der Gewerkschaften. Diese zeigten sich auf Anfrage von "Heute" nicht erfreut:

Der Vorsitzende der AHS-Gewerkschaft, Herbert Weiß, erklärt in einem Blog-Eintrag, dass dies der falsche Zugang sei: "Junge Menschen werden in Zukunft ohne die nötige Praxiserfahrung und mit viel zu wenig Unterstützung durch erfahrene Kollegen auf Kinder und Jugendliche losgelassen. Die Zahl der Fälle, in denen das nicht gut geht, wird steigen. Befriedigend ist das keinesfalls."

Die BMHS-Gewerkschaft (Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen) bekräftigt: "Wir nehmen diese plakative Forderung des Herrn Bildungsdirektors zur Kenntnis. Es geht aber um mehr; es geht um eine fundierte Analyse und eine effektive Weiterentwicklung der LehrerInnen-Weiterbildung", so Roland Gangl, Vorsitzender der BMHS-Gewerkschaft.

Thomas Krebs, Vorsitzender der Gewerkschaft für Pflichtschullehrer: „Wir machen da sicher nicht mit". Die Ausbildung sei viel zu praxisfern, man müsse zuerst dort ansetzen. "Wie fühle ich mich wohl als Lehrer, wenn ich nach jahrelangem Studium jederzeit sofort aus dem Dienst geworfen werden kann", so Krebs.

(no)