"Die Schneegesellschaft"

Kommt nach dem Absturz nun der Oscar?

Für "Die Schneegesellschaft" auf Netflix hungerten sich die Darsteller des Survival-Thrillers fast bis in die Ohnmacht…

Fabian J. Holzer
Kommt nach dem Absturz nun der Oscar?
Sie überlebten 72 in einer der härtesten Umgebungen der Welt.
Netflix

Über dieses Tabu diskutierte 1973 die ganze Welt: Würden sie Menschenfleisch essen, wenn ihr Leben davon abhängen würde? Anlass war die unglaubliche Rettung von sechzehn Überlebenden des Fuerza-Aérea-Uruguaya-Fluges 571, der am 12. Oktober 1972 mit der Rugby-Mannschaft "Old Christian's Club" aus Uruguay an Board im argentienisch-chilenischen Grenzgebiet in 4000 Metern Höhe abstürzte. Zwölf der 45 Passagiere starben beim Absturz, fünf weitere in der ersten Nacht. Für die restlichen 28 Passagiere begann ein über zweimonatiger Überlebenskampf, der nur gewonnen werden konnte, weil sich die Überlebenden vom Fleisch der verstorbenen Opfer ernähren mussten. Auf Netflix erzählt "Die Schneegesellschaft" die packende Geschichte ab jetzt als Survival-Thriller nach.

Bereits seit 1974 wurde die Geschichte des Überlebens bei arktischen Temperaturen und dünner Luft ohne Nahrung und in einer psychischen Extremsituation mehrfach verfilmt, am bekanntesten von Frank Marshall als "Überleben!" im Jahr 1993 mit Ethan Hawke in der Rolle des Nando Parrado, der sich im Laufes des Überlebenskampfes zum Anführer der Überlebenden entwickelte. Der Autor Pablo Vierci war ein Klassenkamerad einiger der Opfer des Absturzes und veröffentlichte im Jahr 2008 den Roman "La sociedad de la nieve", also "Die Schneegesellschaft", über die Geschehnisse im Jahr 1972. Und von diesem war der spanische Regisseur Juan Antonio Bayona ("Jurassic World: Das gefallene Königreich") so fasziniert, dass er die Idee entwickelte, die ganze Geschichte neu zu verfilmen. Dafür arbeitete Bayona eng mit Vierci zusammen und interviewte Überlebende und deren Angehörige über den Zeitraum von zehn Jahren. 

Die Darsteller hungerten für den Film tatsächlich, um so glaubhaft wie möglich sein zu können. 

Gedreht wurde "Die Schneegesellschaft" in Chile, Uruguay und Spanien, stellenweise auch an den Originalschauplätzen des Absturzes. Was die Produktion von anderen unterschied, war, dass chronologisch gedreht wurde: Während bei praktisch allen anderen Filmdrehs nach jeweiliger Verfügbarkeit von Schauspielern, Set, Personal oder Drehorten so gedreht wird, dass die Produktion insgesamt möglichst effizient abläuft, wurden die Szenen in "Die Schneegesellschaft" zeitlich so abgefilmt, wie sie im Drehbuch stehen und somit auch später im Film zu sehen sind. Das hat damit zu tun, dass sich die Darsteller im Laufe des Film, der über eine Zeitspanne von mehreren Monaten geht, verändert: Bärte wachsen, Gesichter und Körper werden bei praktisch keiner Nahrungsaufnahme schmäler. Natürlich kommt bei Filmproduktionen auch Make Up zum Einsatz, aber der großteils aus Laiendarstellern bestehende Cast des Film hungerte während der Dreharbeiten oft bis zum Rande der Ohnmacht, um ihre Rollen glaubhaft darstellen zu können. 

Natürlich kommen bei "Die Schneegesellschaft" auch Special Effects und CGI zum Einsatz, so gewann der Film auch bereits den Europäischen Filmpreis für die besten visuellen Effekte und auch jenen für das beste Make Up. Aber der Film dürfte für seine packende Beschreibung eines scheinbar unmöglichen Überlebenskampfes noch weit mehr Preise erhalten. So ist "Die Schneegesellschaft" bereits als bester fremdsprachiger Film für einen Golden Globe nominiert und dürfte am 23. Jänner in zumindest auch der selben Kategorie für den Oscar nominiert werden.   

Wie kann man das Thema Kannibalismus so geschmackvoll wie möglich behandeln?

Natürlich weiß jeder, der sich den Film ansieht, wie der Film ausgehen wird. Aber diese Tatsache hat auch bei "Titanic" die Zuschauer nicht davon abgehalten, die für die Hintergründe und das Menschliche einer Katastrophe zu interessieren. Den Kannibalismus-Aspekt schlachtet Bayona übrigens nicht effekthaschend aus, sondern thematisiert ihn mehr psychologisch als optisch. Leichte Kost ist "Die Schneegesellschaft" trotzdem nicht, was auch erklärt, warum der Film - zumindest in Deutschland - erst ab 16 Jahren empfohlen ist.  

Die VIP-Bilder des Tages:

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    Schauspieler Florian David Fitz transportiert seinen Hund auf die etwas andere Art.
    Schauspieler Florian David Fitz transportiert seinen Hund auf die etwas andere Art.
    Instagram/florian.david.fitz
    fh
    Akt.