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Kosovo-Minister erhebt schwere Vorwürfe gegen Serbien

Trotz des Abbaus der Straßenblockaden bleibt die Lage im Kosovo schwierig. Innenminister Xhelal Sveçla erhebt Vorwürfe gegen Serbien.

20 Minuten
Der kosovarische Innenminister Xhelal Sveçla erhebt schwere Vorwürfe gegen das Nachbarland Serbien.
Der kosovarische Innenminister Xhelal Sveçla erhebt schwere Vorwürfe gegen das Nachbarland Serbien.
STR / AP / picturedesk.com

Die Situation im Kosovo hat sich in den Tagen vor Neujahr etwas entspannt, nachdem Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vučić die Räumung von rund einem Dutzend Straßenblockaden angekündigt hatte. "20 Minuten" hat den kosovarischen Innenminister Xhelal Sveçla auf der Polizeistation der nordkosovarischen Stadt Mitrovica zum Interview getroffen.

Rechnen Sie mit neuen Provokationen von Serbien gegen den Kosovo?

Wir sind überzeugt, dass die Provokationen von Serbien gegenüber dem Staat Kosovo nicht aufhören werden. Wir haben in diesen Tagen einen Mix verschiedener destabilisierender Aktionen in den vier nördlichen Gemeinden unter direkter Einflussnahme des serbischen Staates und von Präsident Vucic erlebt.

Von welchen Aktionen sprechen Sie?

Der Einfluss erfolgte in Form von Mobilisierung, Finanzierung und logistischem Support. Dazu kamen die serbischen Streitkräfte, die als Drohmittel an der Grenze platziert worden sind. Sicherlich gab es auch Einfluss von Russland sowie von den kriminellen Organisationen in der Region, welche den Nordkosovo seit Jahren als Umschlagplatz für Handelsgüter, Drogen und sogar Menschen missbraucht haben und dabei enorme Gewinne erzielen konnten. All diese Faktoren haben zusammengewirkt in der Destabilisierung nicht nur des Nordkosovos, sondern auch des ganzen Landes.

Wie kam es zum Abbau der Blockaden?

Wir sind es, die nun auf Recht und Ordnung, auf demokratische Werte und auf einen Staat, der allen Einwohnern und Einwohnerinnen gleichermaßen dient, beharren. Auch mit der Hilfe von unseren Partnern ist es uns gelungen, eine Deeskalation herbeizuführen, die aber aufgrund der bisherigen Erfahrungen zweifelsfrei nur vorübergehend ist.

Haben Sie damit gerechnet, dass Serbien im Kosovo einmarschiert?

Wir waren und sind besorgt, auf keinen Fall aber verängstigt. Bei der Analyse der Lage stützt man sich auf die vorhandenen Tatsachen und die Vernunft. Aber es dürfen auch unvernünftige Szenarien nicht komplett ausgeschlossen werden. Wir sind aktuell Zeugen eines Krieges in Europa, bei dem ein Despot dunkle Ziele für die Ukraine und die Region verfolgt und dabei rote Linien überschritten hat, was bis vor kurzem unvorstellbar schien.

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    Mit dem Swisscoy-Kontingent beteiligt sich die Schweizer Armee an der Friedensmission Kfor im Kosovo. Über den Einsatz selbst ist wenig bekannt – und auch Kommandant Roman Camenisch beantwortete im Interview mit 20 Minuten nur allgemeine Fragen.
    Mit dem Swisscoy-Kontingent beteiligt sich die Schweizer Armee an der Friedensmission Kfor im Kosovo. Über den Einsatz selbst ist wenig bekannt – und auch Kommandant Roman Camenisch beantwortete im Interview mit 20 Minuten nur allgemeine Fragen.
    privat
    Wünschen Sie sich mehr Beteiligung bei der Lösung des Nordkosovo-Konflikts durch internationale Parteien?

    Damit wir uns im Klaren sind: Bei inneren Angelegenheiten des Kosovos ist Serbien keine Partei, sondern allenfalls Aggressor. Partei ist Serbien lediglich in der Diskussion betreffend der Normalisierung der Beziehungen der zwei Länder. In Angelegenheiten, welche die innere Organisation des Kosovos betreffen, sind einzig die Behörden des Kosovos kompetent. Dies erfolgt partnerschaftlich und unter Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft.

    Was wünschen Sie sich für den Kosovo?

    Ich wünschte mir, dass der Kosovo nur mit demokratischen Ländern benachbart wäre. Das würde die Zusammenarbeit enorm erleichtern. Leider ist dies mit Bezug auf Serbien nicht der Fall. In der dortigen Innenpolitik fehlt es an Demokratie, in der Presse fehlt es an Meinungsfreiheit. Auch kosovarische Politiker, die der serbischen Ethnie angehören, werden an der Grenze oder auf serbischem Territorium malträtiert. Bei Serbien haben wir es mit einer Regierung zu tun, die sich eine totalitäre Gesellschaft herbeiwünscht, die laufend ihre Beziehungen zu Russland intensiviert und die sich dadurch Machterhalt und Reichtum erhofft.

    Wie garantieren Sie die Sicherheit der serbischen Minderheit im Kosovo?

    Wir wissen, dass es unsere Bürgerinnen und Bürger im Norden Kosovos nicht leicht haben. Weil sie unter konstantem physischen, psychischen und finanziellem Druck durch kriminelle Organisationen, welche von Belgrad kontrolliert werden, stehen. Aber auch durch verschiedene kriminelle Organisationen aus der Region. Auf der anderen Seite bieten wir die Instrumente der Rechtsstaatlichkeit, welche bemüht sind, Sicherheit für sämtliche Einwohnerinnen und Einwohner zu bieten. Es sind die kriminellen Organisationen, die sich bemühen, die dortige Bevölkerung und insbesondere unabhängige und rechtschaffene Stimmen zu unterdrücken. Ich bin überzeugt, dass Recht und Ordnung auch dort bald triumphieren werden.

    Das Interview hat am 30. Dezember auf der Polizeistation in Mitrovica stattgefunden.