Politik

Krankenkasse kann ohne Gesetz umgebaut werden

Die Opposition tobt: FP-Ministerin Hartinger-Klein kann "Vorbereitungsmaßnahmen" ohne Gesetz durchführen.

Heute Redaktion
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Ohne Ankündigung haben ÖVP und FPÖ am Donnerstag abend im Parlament einen Antrag eingebracht, der Sozialministerin Hartinger-Klein „Vorbereitungshandlungen" beim Umbau der Krankenkassen ermöglicht. Im Klartext: Noch bevor das Gesetz beschlossen und gültig ist, soll Hartinger-Klein (FPÖ) ihre Umbaupläne bei der Sozialversicherung umsetzen können – also ohne gesetzliche Grundlage.

Die Opposition sieht darin eine autoritäre Regierungspolitik und spricht von „Ständestaat". Schon vorab könnten damit Selbstbehalte eingeführt oder Beschäftigte gekündigt werden. Die SPÖ will den Antrags-Beschluss beim Verfassungsgericht prüfen lassen. Denn falls der Regierung dieser Kunstgriff gelingt, hätte sie einen Präzedenzfall geschaffen: In Zukunft könnte sie auch bei anderen Themen das Parlament mit einem „Vorbereitungs-Beschluss" umgehen.

"Vorsätzlicher Verfassungsbruch"

"Hier wird ein vorsätzlicher Verfassungsbruch gemacht", wetterte SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger unter massivem Protest aus den Reihen der ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten. Eine derartige Änderung würde eine Gesamt-Änderung der Verfassung bedeuten und dafür brauche es nicht nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit, sondern sogar eine Volksabstimmung, so der Ex-Minister. "Solche Schritte, die sie da machen, haben zur Auflösung des Parlaments geführt", sagte Stöger. Gabriele Heinisch-Hosek sprach gar von einem "Selbstermächtigungsgesetz", wie es zuletzt 1933 am Beginn des Austrofaschismus angewendet worden sei.

"Angriff auf Demokratie"

Kritik gab es auch von NEOS-Vizeklubobmann Nikolaus Scherak: "Das ist ein direkter Angriff auf die Demokratie", sagte er. "Jetzt"-Abgeordneter Peter Pilz betonte, es habe derartiges seiner Meinung nach in Österreich "noch kein einziges Mal gegeben" und appellierte an die Regierungsfraktionen, die Verfassung zu beachten.

Empörte Regierung

ÖVP-Klubobmann August Wöginger wies die Vorwürfe empört zurück. Er begründete den Antrag damit, dass einzelne Träger die Kassen-Strukturreform nicht unterstützen würden. Ein Vergleich mit dem kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetz von 1933 sei "jenseitig" und "hysterisch", sagte Wöginger.

FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz warf der Opposition vor, den Entwurf falsch zu deuten. "Wir gehen mit der Demokratie sorgfältig um", ebenso mit der Verfassung, betonte er.

Ordnungsruf zum Schluss

Einen Ordnungsruf von der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) handelte sich zum Schluss noch SP-Abgeordneter Hannes Jarolim ein. Während der Abstimmung rief er quer durch den Sitzungssaal in Richtung FPÖ und ÖVP: "Willkommen im Ständestaat."

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(GP)