Immer mehr Hintergründe zur mutmaßlichen Bluttat beim Bundesheer kommen ans Licht: Der 21-jährige Rekrut Mustafa P. starb offenbar durch einen glatten Durchschuss im Schulterbereich. Eintritts- und Austrittswunde befinden sich im linken Brustbereich vier Zentimeter unter dem Schlüsselbein. Das ballistische Gutachten ergab, dass der Schütze Lukas P. (20) höchstwahrscheinlich stehend und mit ausgestreckter Armposition auf ihn abfeuerte.
Im Verhör hatte der junge Kärntner noch behauptet, die Waffe sei unabsichtlich aus dem Gürtel gefallen und hätte selbst ausgelöst. "Unmöglich", entgegneten Experten, es folgte die Festnahme – wir berichteten. In wenigen Tagen wird über die Fortsetzung der Untersuchungshaft entschieden– die Unschuldsvermutung gilt.
Jetzt meldet sich die Familie des Opfers erstmals über ihren Anwalt Kazim Yilmaz zu Wort. Denn über ein tragisches Detail kommt die am Boden zerstörte Familie nicht hinweg. "Hätte sich Mustafa wenige Tage vor seinem Tod nicht einmal am Weg in die Kaserne verspätet, könnte er heute vielleicht noch leben", so die Angehörigen.
Denn ihr geliebter Mustafa hatte aufgrund einmaliger Unpünktlichkeit ein sogenanntes Ausgangsverbot abzusitzen. Das bedeutet, dass er zur Strafe für wenige Tage auch nach Beendigung seiner Dienstzeit die Kaserne nicht verlassen durfte und sich regelmäßig bei Vorgesetzten melden musste. Als er an jenem Dienstag um 16 Uhr wie befohlen zur Wache ging, konnte er seinen Kommandanten jedoch nicht finden und ging ins Wachzimmer hinauf.
„Wäre Mustafa wenige Tage vor seinem Tod nicht zu spät gekommen, könnte er heute vielleicht noch leben“Familie des Hinterbliebenenzur unglücklichen Verkettung im Fall
Dort fand der Rekrut jedoch nur der nun mordverdächtigen Wachsoldaten Lukas P. vor. Wieso die beiden jungen Grundwehrdiener unbeaufsichtigt unter sich sein konnten und was genau in den Sekunden vor dem tödlichen Schuss aus der Dienstpistole des Verdächtigen passierte, wird derzeit noch ermittelt. Fest steht: Hätte es kein Ausgangsverbot gegen Mustafa P. gegeben, wäre es nie zur tödlichen Situation gekommen. "Und unser Mustafa würde noch unter uns weilen", weint die Familie.
Die Trauer über den viel zu frühen Tod lässt sich derzeit nur schwer in Worte fassen: Ebenso schwer zu verarbeiten sind die nun sichergestellten Videoaufzeichnungen vom Außenbereich der Kaserne. Man sieht Mustafa gut gelaunt in das Wachgebäude hereingehen. Wenige Minuten später zeigen sie den jungen Mann schwerverletzt die Treppe herunterstolpern. Mit Todesangst in den Augen schleppt sich der junge Mann noch nach draußen, sackt dort dann seine Schusswunde haltend hilflos am Asphalt zusammen und verblutet – er hatte keine Chance mehr.
Sowohl die Eltern, als auch die Schwester des Getöteten erhoffen sich nun in erster Linie, "dass der genaue Hergang der Tat rekonstruiert wird. Sollte sich der Mordverdacht gegen den Schützen Lukas P. bestätigen im Zuge der Ermittlungen bestätigen, "wünschen sie sich natürlich eine gerechte Strafe", so Jurist Yilmaz zu "Heute".