Österreich

Kührer-Prozess: K. suchte Partnerin wie Julia

Heute Redaktion
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Julia Kührers gebrochene Eltern vor Gericht, ihr Ex-Freund mit einem Nervenzusammenbruch im Spital statt im Zeugenstand, der Angeklagte als Drogendealer entlastet und eine neue Tat-Theorie. Am Donnerstag, 12. September sind weitere Zeugen geladen - unter anderem ein Praktikant der Videothek des möglichen Täters. So soll ein Bild des Angeklagten geschaffen werden.

- unter anderem eine Praktikantin der Videothek des möglichen Täters. So soll ein Bild des Angeklagten geschaffen werden.

Als erste Zeugin sagte am dritten Tag des Prozesses eine Frau aus, die von Mai bis Mitte Juni eine Beziehung mit dem Angeklagten hatte. Er sei immer nett gewesen, es habe keine Vorfälle gegeben, meinte sie. Nach dieser kurzen Zeit trennten sich aber beide wieder und sie kehrte zu ihrem ehemaligen Freund zurück. 

Psychoterror?

Danach habe K. noch mehrmals angerufen - um ihr zu sagen, er liebe sie, sagte die 37-Jährige. Der Richter erinnerte sie allerdings, dass sie in einer früheren Aussage von Psychoterror gesprochen hatte.

Bei Partnervermittlung angemeldet

Auch die Chefin einer Partnervermittlung, deren Kunde K. 2006 war, sagte am Donnerstag aus. Der Angeklagte habe demnach eine Partnerin im Alter von 30 bis 35 Jahren gesucht. Das von ihm gewünschte Frauenprofil habe Julia Kührer entsprochen: schlank, langes, dunkles Haar. Der Angeklagte habe aber nie bezahlt.

"Kein Gentleman"

Zudem gab es zwei Beschwerden: Eine Dame meinte, er habe ihre Geldbörse gestohlen, eine zweite nannte ihn "grob", er sei "kein Gentleman".

Videotheks-Praktikantin sexuell belästigt

"Blöde" Anmach-Sprüche wie "du hast einen sexy ..." und Griffe auf das Gesäß hat eine 24-Jährige nach ihren Angaben damals während eines einwöchigen Praktikums in der Videothek in Pulkau erlebt. "Es war einfach unangenehm", meinte sie dazu, dass der Angeklagte ihr einige Male "zu nahe" gekommen sei. Laut früherer Aussage habe er sie mehrmals aufgefordert, in das Kammerl nach hinten zu kommen, weil er Oralverkehr wollte.

Als er einmal "zur Tat schritt" habe sie das Geschäft verlassen. "Das war dann das Ende Ihres Praktikums". In Sachen Suchtgift sei "nichts gelaufen", meinte die 24-Jährige. Zu "Crystal Meth" konnte sie nichts sagen, in einem anderen Jugendtreff - insgesamt gab es damals drei in der Gemeinde - habe sie einmal ein "weißes Pulver" gesehen.

Ein Nachbar aus Dietmannsdorf glaubte sich erinnern zu können, Michael K. damals im Juni 2006 mit einem roten Kleinwagen zu seinem Haus zufahren gesehen zu haben - am Beifahrersitz ein Mädchen mit langen dunklen Haaren. Die Tochter des 72-Jährigen sagte aus, dass sie von dieser Beobachtung ihres Vaters nach der Auffindung der sterblichen Überreste des Mädchens 2011 gehört hatte.

Doch auch der Pulkauer Pfarrer, der Julia und auch ihre Brüder kannte, kam zu Wort. Er berichtete von einem Jugendtreff im Pfarrhof. Auch in der Videothek war er selbst einige Male gewesen. Eine junge Tschechin, die eine Zeit lang dort gearbeitet hatte, habe ihm anvertraut, K. verlange in sexueller Hinsicht Dinge von ihr, die sie nicht wolle.

"Crystal Meth" per Briefchen verkauft

Bezüglich Drogenverkaufs wurde der Beschuldigte von einer 23-Jährigen belastet. Die Zeugin, die Julia von der Schule her - von den gemeinsamen Raucherplätzen - kannte, gab an, dabei mit ihr über Marihuana gesprochen zu haben. Zudem sei sie sei mit Julia in der Videothek gewesen, wo diese "Crystal Meth" gekauft habe. Julia habe einen Hunderter hingelegt, worauf K. ihr ein "Briefchen" gegeben habe.

Ein Nachbar in Dietmannsdorf schilderte, wie es Ende Juni 2011 zur Auffindung der sterblichen Überreste des Mädchens gekommen war. Er habe schon lange den Verdacht gehabt, dass die Leiche in dem Erdkeller liegen könnte. Bestärkt darin habe ihn die Beobachtung seines Vaters, der am Vormittag ausgesagt hatte, den Angeklagten K. im Auto mit einem dunkelhaarigen Mädchen zufahren gesehen zu haben.

Unerklärlicher Geruch führte zu Überresten

Außerdem sei K. nach Julias Verschwinden ebenfalls "von heute auf morgen" verschwunden. Dazu habe man K. mit "Drogengeschichten" in Verbindung gebracht. Geredet sei damals viel worden, aber an die Öffentlichkeit sei niemand gegangen, meinte der Nachbar. Im September, Oktober 2006 sei in der Ortschaft ein unerklärlicher, penetranter Geruch bemerkt worden, sagte der Zeuge.

Am 28. Juni 2011 feierte er seinen Geburtstag, dabei wurde vom Fall Kührer geredet. Sein Nachbar bestätigte ebenfalls denselben Verdacht zu haben. Allein wäre er aber nie in den Keller gegangen, meinte der 48-Jährige auf die Frage, ob er von Alkohol enthemmt war, als er mit seinem Nachbarn in den Keller einstieg. "Warum soll ein Mann keine Angst haben?", entgegnete er auf die Frage des Senats, warum er sich das nicht vorher nicht getraut habe.

Kein Prozess wegen Falschaussage  

Der Zeuge und sein Nachbar kletterten auf das Grundstück und begaben sich in den Keller. Mit Taschenlampen leuchteten sie den rund 15 Meter langen Weg aus - und fanden im hinteren Teil zuerst einen Oberschenkelknochen. Sie riefen die Polizei. Kriminalisten wurden zugezogen, Untersuchungen bestätigten, dass es sich um die Überreste des Mädchens handelte.

Von der Auslobung eines Finderlohns in dem Fall habe er irgendwann erfahren, sagte der Mann. Den Finderlohn habe er gespendet. Wieso in der ersten Aussage festgehalten wurde, dass beide angaben, zufällig eingedrungen zu sein, weil der Ball ihres Hundes in den Keller gerollt war, könne er nicht erklären, sagte er am Donnerstag vor Gericht. Relevant sei das Auffinden der Leiche, sagte Richter Helmut Neumar. Verfahren wegen Falschaussage würde es jedenfalls keines geben.

Das war Tag 2....

"Es tut mir leid"

"Es tut mir leid, was mit Ihrer Tochter passiert ist. Aber ich habe mit ihrem Tod nichts zu tun. Und ich habe ihr auch keine Drogen gegeben.“ Mittwoch sprach der Angeklagte Michael Kollitsch (51) Julias Mutter im Gerichtssaal unerwartet an. Die drehte wortlos den Kopf weg. Als Zeugen konnten Brigitte Kührer und ihr Gemahl Anton über den Mann auf der Anklagebank freilich nur wenig berichten. Mehr schon über die erste große Liebe ihres Mädchens: Thomas S., einst Chef der Landjugend von Pulkau (NÖ), weil immer gut für ein paar Joints.

"Julia war oft blass und verwirrt"

Der HaschPrinz habe Hascherl Julia (16) verändert, sagen die gebrochenen Eltern: "Sie war oft blass und verwirrt – vermutlich high, aber an das haben wir damals nicht gedacht.“ Drei Tage vor ihrem Verschwinden lag Julia weinend am Bett, weil die Beziehung zu Ende war. Was war der Trennungsgrund?

Am Mittwoch sollte Thomas S. dazu befragt werden. Auch über seine enge Freundschaft zu dem Angeklagten Kollitsch. Doch der wichtigste Zeuge erschien nicht. Nach einem plötzlichen Nervenzusammenbruch liegt er im Klinikum Hollabrunn. Mag sein, dass er ahnte, was dann Julias ExClique geschlossen aussagte: Nicht der Angeklagte in seiner Videothek, sondern Thomas S. habe einst Pulkau und die Dörfer rundum mit Marihuana beliefert.

Weitere Zeugen werden befragt

Vor dem Saal erzählen die Insider auch flüsternd ihre Version der Tragödie: Julia sei bei einer Drogenparty verstorben. In Panik habe Thomas S. seinen Kumpel Kollitsch angerufen. Und für viel Geld habe sich der um die Leiche gekümmert.

Nach drei weiteren Verhandlungstagen in der kommenden Woche ist für den 24. September ein Urteil geplant.