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Kurz sagt jetzt, wann ein Lockdown wieder Sinn hat

Bundeskanzler Sebastian Kurz (VP) war Mittwochnacht "Bild live" in Deutschland zugeschaltet. Er sprach über Lockdown-Szenarien und weitere Öffnungen.

Heute Redaktion
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Bundeskanzler Sebastian Kurz im Gespräch mit Bild-Vize Paul Ronzheimer
Bundeskanzler Sebastian Kurz im Gespräch mit Bild-Vize Paul Ronzheimer
Screenshot Bild live

"So viele Einschränkungen wie notwendig, so viel Freiheit wie möglich" – mit diesem altbekannten Satz skizzierte Sebastian Kurz (VP) Mittwochnacht im Live-Talk mit der deutschen Bildzeitung das Pandemie-Management der österreichischen Bundesregierung. Im Gespräch mit Vize-Chefredakteur (und Kurz-Biograf) Paul Ronzheimer sprach der Kanzler über die ersten Öffnungsschritte, die Österreich (früher als Deutschland) mit der Öffnung von Handel, Schulen und körpernahen Dienstleistern gewagt hat.

"Lockdown verlor an Kraft"

Offen wie nie zuvor erklärte Kurz auch seine Beweggründe für diesen Schritt: "Ein Lockdown, wenn keiner mitmacht, macht keinen Sinn", erläuterte der Regierungschef. Die Zahlen in Österreich seien zuletzt nicht mehr weiter nach unten gegangen. "Ein Lockdown verliert an Kraft, wenn immer weniger Menschen mitmachen", so Kurz. Diesen dann "ins Unermessliche zu verlängern" mache "keinen Sinn"; Österreich habe daher vorsichtige Öffnungsschritte gewagt. 

"Ansteckungszahlen steigen"

Ergebnis: "Die Ansteckungszahlen steigen wie erwartet, wir haben durch die Öffnungsschritte einen Trend nach oben." Vor diesem Hintergrund fragte Ronzheimer nach einem möglichen vierten harten Lockdown in Österreich. Kurz: "Das kann niemand ausschließen – das ist ja ganz klar." Die Pandemie verlaufe in Wellen – und "die dritte Wellte kommt jetzt auf uns zu. Das ist so", brachte Kurz die Situation auf den Punkt. Die entscheidende Frage sei nun: "Wie hoch steigen die Zahlen und wie schnell?" Österreich befindet sich nun in einem "Wettlauf gegen die Zeit". Jede Person, die geimpft ist, bedeute einen Schritt weiter in Richtung Normalität. Auch die warme Jahreszeit werde für Entspannung der Situation sorgen, so Kurz.

Lockdown sinnvoll, wenn...

Wann ein Lockdown wieder sinnvoll ist? "Wenn die Menschen wieder mitmachen", so Kurz. In Österreich hätte man gesehen, dass sich die Situation in den letzten beiden Lockdown-Wochen nicht mehr verbessert habe. "Es war eine Seitwärtsbewegung", so Kurz. Weitere harte Maßnahmen kann der Kanzler für die Zukunft nicht ausschließen: "Wenn die Zahlen drastisch steigen, ist es notwendig, wieder Verschärfungen durchzuführen." 

Würden die Infektionszahlen wieder "explosionsartig steigen", wäre laut Kurz in der Bevölkerung wieder "mehr Kraft da, um einen Lockdown mitzutragen."

Die nun erreichte hohe Zahl an Tests sieht Kurz als probates Mittel aus der Krise: "Je mehr man testet, desto mehr Positive kann man aus dem Verkehr ziehen, ohne, dass sie andere infizieren." Er sei dafür "von der Rechtspartei FPÖ massiv kritisiert" worden, gestand Kurz ein. Beim Test vor dem Friseur "gab es anfangs fast einen Volksaufstand, jetzt hat sich das normalisiert".

"Es ist zermürbend und anstrengend"

Dass die Österreicher der Vielzahl an Maßnahmen nach einem Jahr Pandemie überdrüssig sind, kann er nachvollziehen: "Natürlich sind die Menschen frustriert, man kann es niemandem übel nehmen. Das ist zermürbend und anstrengend. Viele Menschen vereinsamen. Auch die wirtschaftlichen Folgen sind enorm." Man müsse sich aber die Frage stellen, was die Alternative ist. Kurz: "Die Situation eskalieren lassen, das kann keine positive Alternative sein." Man müsse "verhindern, dass die Intensivkapazitäten übergehen, dass Menschen sterben müssen, die noch nicht sterben müssten".

Sebastian Kurz: "Über weitere Öffnungsschritte wird am Montag entschieden. Wir gehen sehr behutsam vor und setzen weiter auf intensives Testen."

Angesprochen auf eine mögliche Öffnung der Gastronomie – über diesen Regierungsplan hat "Heute" am Mittwoch berichtet, sagte Kurz: "Über weitere Öffnungsschritte wird am Montag entschieden. Wir gehen sehr behutsam vor und setzen weiter auf intensives Testen." Vor uns würden jetzt noch "einige mühsame, schwierige Monate – mit Einschränkungen" liegen. Aber, so der Kanzler optimistisch: "Ab dem Sommer haben wir unser altes Leben wieder zurück und das ist auch gut so."

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