Politik

Gipfel: Kurz und CSU zufrieden, NGOs entsetzt

Kanzler Kurz ist mit dem EU-Gipfel zufrieden, auch die deutsche CSU sieht Fortschritte. Grüne und NGOs beklagen fehlende Menschlichkeit.

Heute Redaktion
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Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war mit den Beschlüssen des EU-Gipfels zur Asylpolitik sichtlich zufrieden. "Wir sind froh, dass es jetzt endlich einen Fokus auf die Außengrenzen gibt", so Kurz. Die Einigung sei ein "wichtiger Schritt in die richtige Richtung." Der Kanzler freute sich besonders über die Einigung auf „Anlandezentren" für Flüchtlinge außerhalb der EU: „Diese Idee hat sich jetzt durchgesetzt." Kurz hatte diese Lager seit Langem gefordert. Der Kanzler betonte, dass sich Österreich nicht an der Verteilung der Flüchtlinge in der EU beteiligen wolle.

Merkel gegen Seehofer – wer gewinnt?



Kann das Gipfel-Ergebnis den erbitterten Asylstreit in Deutschland lösen? Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) streitet seit Wochen mit ihrem Innenminister Horst Seehofer (CSU). Der will bereits registrierte Flüchtlinge im Alleingang an der deutschen Grenze abweisen. Das Weiterziehen von Asylbewerbern aus anderen EU-Ländern nach Deutschland soll damit gebremst werden, hofft Seehofer. Ohne Einigung der beiden droht die deutsche Regierung zu zerbrechen.

CSU deutet Einlenken an

Es gibt schon erste Signale, die auf ein Einlenken hindeuten. Hans Michelbach, Vize-Chef der CSU-Landesgruppe, sprach nach dem EU-Gipfel von einem positiven Signal. In den kommenden zwei Tagen müssten nun Merkel und Seehofer Gespräche führen, sagte er am Freitag im ARD-Morgenmagazin. "Es ist ein positives Signal, dass sich in Europa etwas bewegt in die richtige Richtung." Die Frage sei nun, was es für die nationale Grenze und die Aufnahme von Flüchtlingen bedeute.

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CDU sieht "große Fortschritte"

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sieht sogar einen "echten Durchbruch" in der Asylpolitik. Zwar sei noch viel im Detail abzuarbeiten, sagte er dem Deutschlandfunk. Der Gipfel habe jedoch gezeigt, dass europäische Lösungen möglich seien. Im Hinblick auf den Streit zwischen CDU und CSU sagte Oettinger: "Ich glaube, es gibt gute Gründe, dass die CSU dies als einen großen Fortschritt anerkennt. Wir in der CDU werden das als einen großen Fortschritt anerkennen."

Wirtschaft hält zu Merkel

Auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft nahmen die Einigung zum Anlass, die CDU/CSU aufzufordern, ihren Asylstreit beizulegen. Sie gaben Merkel für ihren Kurs Rückendeckung.

Die Kritiker der neuen Asylpolitik



Aber nicht alle waren mit dem Ergebnis des Gipfels zufrieden. Die deutsche Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte die Beschlüsse. „Das ist der Gipfel der Inhumanität", teilte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Freitag mit. „Gefolterte und Verfolgte einfach so in Europa wegzusperren, ist inhuman." Flucht sei kein Verbrechen. „Die Staats- und Regierungschefs lassen jegliches Mitgefühl mit Verfolgten vermissen", so Burkhardt. „Innerhalb und außerhalb der EU entstehen nun Lager der Hoffnungslosigkeit."

Die Grünen klagen und hoffen

Auch die Grünen im Europaparlament übten scharfe Kritik an den Vereinbarungen. Michel Reimon, Co-Delegationsleiter der österreichischen Grünen im Europaparlament, klagte: "Die Ergebnisse dieses Gipfels sollen das Recht auf Asyl beerdigen. Flüchtlinge sollen in Zukunft kaum mehr eine Chance haben, auf europäischem Boden Asyl zu beantragen. Die Staats- und Regierungschefs folgen der rechtsextremen Agenda".

So würden die rassistischen Parteien nicht geschwächt - im Gegenteil, betonte Reimon. Sein einziger Hoffnungsschimmer: Bei allen konkreten Umsetzungsplänen seien die Regierungen zerstritten und handlungsunfähig. "In der Achse der Willigen will jeder etwas anderes."

Ärzte ohne Grenzen fordert Humanität

"Die EU-Staaten entziehen sich ihrer Verantwortung, Menschenleben zu retten", kritisierte wiederum Karline Kleijer, Leiterin der Notfallhilfe von „Ärzte ohne Grenzen" auf dem Mittelmeer und in Libyen. "Ihre Politik verurteilt verletzliche Menschen bewusst zu Gefangenschaft und nimmt in Kauf, dass Menschen in Seenot keine Hilfe erhalten. Sie tun das im vollen Bewusstsein der extremen Gewalt und der Ausbeutung, der Flüchtlinge und Migranten ausgesetzt sind. Die europäischen Regierungen müssen sich zur Seenotrettung bekennen und sicherstellen, dass Gerettete in sichere Häfen gebracht werden."

AfD sieht "halbgare" Beschlüsse

Die Vorsitzende der rechtsextremen AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, hat die Beschlüsse zur Asylpolitik aus konträren Gründen als "halbgar" kritisiert. "Ein echter Grenzschutz soll bis 2020 durch Frontex geleistet werden, so dass die EU weitere zwei Jahre wie ein Scheunentor offen steht", erklärte Weidel. Man denke außerdem lediglich über Flüchtlingslager in Nordafrika nach, statt Fakten zu schaffen.

(GP)