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Warum Doskozils Triumph nicht alle in der SPÖ freut

Heute Redaktion
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Die Sozialdemokratie  eine schrecklich nette Familie
Die Sozialdemokratie eine schrecklich nette Familie
Bild: Denise Auer

Der deutliche Sieg von Hans Peter Doskozil spricht für einen "Plan D" in der brustschwachen Sozialdemokratie. Kommt jetzt die große "Dosko-Revolution" in Wien? Ein Kommentar von heute.at-Chefredakteur Clemens Oistric.

Absolute Mehrheit für die Roten – nein, kein Druckfehler. Die leise-laute Stimme hat heute mit der SPÖ ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. Allerdings nicht für eine "Die-Richtung-Sozialdemokratie" samt sündteurer Berater, sondern für sich selbst. Es ist der „Plan D" – also der Plan Doskozil – der über 50 Prozent Wählerzuspruch im kleinsten Bundesland generieren konnte. Ein Plus vor dem Ergebnis, noch dazu ein derart gewaltiges, das ist der SPÖ schon lange nicht mehr passiert – und daher ein großer Erfolg. Aber nicht für alle.

Der bittersüße Sieg

Das Paradoxe in der Stunde des Triumphs: In der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße werden keine übermütigen Jubelchöre angestimmt werden, denn eines ist dort allen klar: Einer, der schon bisher nicht mit seiner Meinung hinter der Parndorfer Platte gehalten hat, wird jetzt kaum mehr zu halten sein. Auch, wenn er heiser ist. Schon vor der Wahl hat Doskozil seinen Genossen genau das avisiert. Jede Stimme für ihn, meinte Doskozil, sei auch eine Stimme für eine pragmatischere SPÖ auf Bundesebene. Das wird er nun mit aller Vehemenz einfordern. Heißt: sicherheitspolitisch rechts mit einer klaren Migrationslinie, sozialpolitisch links mit Mindestlohn, Pflegekonzept, Gratiskindergarten und starker Hinwendung zu mehr bio. Auch wenn er ad hoc keine Lust auf den Parteivorsitz hat, wird Doskozil in Wien jetzt alle vor sich hertreiben – ganz im Stile Erwin Prölls oder Hans Niessls. Das Burgenland ist jetzt nämlich wieder wer in der "großen Familie Sozialdemokratie", wie Doskozil es nennt.

Der türkise Messias

Aber auch abseits der SPÖ war diese Landtagswahl keine reine Regionalwahl. Was zeigt sich knapp drei Wochen nach der Angelobung der neuen Regierung? So, wie die SPÖ es von Doskozil ist, ist auch die ÖVP von einer einzigen Lichtgestalt abhängig. Die heißt Sebastian Kurz. Und obwohl er im Wahlkampf samt seiner Ministerriege emsig ins Pannonische tingelte, ging es ohne ihn am Stimmzettel im Vergleich zur Nationalratswahl um rund acht Prozent hinunter. Obmann Thomas Steiner konnte das Ergebnis von 2015 lediglich um überschaubare 1,5 Prozent überbieten. Ein Comeback in der Landesregierung wird's dennoch nicht geben.

Die Gemeinden im Überblick

Der blaue Alptraum Post-Ibiza

Apropos Regierung: Trotz fünfjähriger (skandalfreier) Koalitionsarbeit stürzte die FPÖ auch im Heimatbundesland von Parteichef Norbert Hofer ins Bodenlose. Ein Drittel der Wähler von 2015 sind weg und das, obwohl man sich so lange diebisch gefreut hatte, mit dem rot-blauen Tabubruch einen Keil in die uneinige Sozialdemokratie getrieben zu haben. Auch Heinz-Christian Strache hat am Donnerstag vor der Wahl bei seiner Comeback-Rede eine (indirekte) Wahlempfehlung für Johann Tschürtz, "den einzig Loyalen in der FPÖ", abgegeben. Ob das mehr genützt oder geschadet hat, kann man freilich diskutieren.

Ein Stück des Weges einsam

Und jetzt? Könnte Doskozil ein Stück des Weges einsam gehen. Und diesfalls ist nicht gemeint, dass er weiter vom Kurs der Bundespartei ausschert. Nein, auch daheim im Burgenland könnte er künftighin ohne Koalitionspartner auskommen und eine rote Alleinregierung anführen. In diesem Fall müsste trotz der Verkleinerung der Landesregierung um zwei Sitze keine seiner Landesräte den Platz räumen. Das entscheidende 19. Mandat wackelt zwar aber noch etwas.

Grüne Wende?

Sollte er es verlieren, ist es wahrscheinlich, dass Doskozil nochmals Rot-Blau ansagt. Sehr wahrscheinlich. Die gerupften Blauen dürfen nach dem Koalitions-Aus in Wien nicht auch noch aus dieser Landesregierung fliegen. Die politische Bedeutungslosigkeit droht, daher würden es Tschürtz und Co. Doskozil recht billig geben. Mein Tipp also: Die ÖVP, die sein Herzensprojekt Mindestlohn nicht mittragen würde, ist so gut wie fix aus dem Rennen. Bliebe also noch Rot-Grün – der Landeshauptmann hat mit seiner Bio-Wende hier bereits Akzente gesetzt. Schwierig würde es mit den Ökos dafür bei Grenzschutz und Autofahrer-Privilegien. Aber, wie Doskozil mir unlängst sagte: "Kopftuchverbot, Sicherungshaft – alles kein Thema, die Grünen gehen überall mit." Echte Wertschätzung klingt anders.

Derzeit stehen die Zeichen aber ohnehin auf "Dosko allein zuhause".

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