Politik

Lauschangriff auf Grasser? Prozess droht zu platzen

Grassers Anwälte werfen dem Gericht vor, Gespräche heimlich aufgezeichnet zu haben. Der gesamte Richtersenat soll nun ausgeschlossen werden.

David Slomo
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Karl-Heinz Grasser.
Karl-Heinz Grasser.
(Bild: picturedesk.com)

"Das ist klar rechtswidrig", meinte die Verteidigung von Karl-Heinz Grasser am Dienstag. Seit Dezember 2017 wird im Buwog-Prozess gegen den ehemaligen Finanzminister, sowie die Ex-Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger verhandelt. Nun droht der Buwog-Prozess zu platzen. Am ersten Tag nach der Corona-Pause gab es einen Paukenschlag im Wiener Strafgericht. Denn es wird ein Antrag auf Ausschließung des gesamten Richtersenats vorbereitet. Der Grund: Das Gericht habe 30 Minuten vor jeder Verhandlung und in den Pausen mitgefilmt. 

Fünf Kameras filmten mit

Konkret sollen an fünf Positionen Kameras – darunter eine mit Fischaugen-Objektiv – stehen, die Grassers Gespräche mit seinen Anwälten aufgezeichnet haben. Anwalt Norbert Wess meint, dass die Anfertigung dieser Bild- und Tonaufnahmen strafrechtlich relevanten Missbrauch von Abhörgeräten darstellen würden. Zudem sei dies ein Missbrauch der Amtsgewalt und verstoße gegen das Datenschutzgesetz. Er selbst spricht von einem "großen Lauschangriff". 

Aufnahmen für Protokoll 

Die Richterin machte seit dem ersten Tag kein Geheimnis um die Aufnahmen im Gerichtssaal. Vor jedem Prozesstag wies sie darauf hin, dass die Verhandlung durchgehend in Bild und Ton festgehalten wird. Diese Aufnahmen würden die Protokollführung unterstützen. Die Protokolle werden dann den Verteidigern übergeben, welche Berichtigungsanträge stellen können.

Wess meint nun aber, dass auch die Pausen aufgenommen werden. Zudem seien die Richtmikrofone so gut, dass sie auch die vertraulichen und intensiven Gespräche der Angeklagten mit ihren Anwälten aufzeichnen können. Das wäre ohne Wissen der Beteiligten passiert. Laut Wess höre man auf den Aufnahmen sogar Journalisten, die weit hinten im Großen Schwurgerichtssaal sitzen.

170 Stunden Material

Grassers Verteidiger rechnete aus, dass 169 Stunden, 30 Minuten und 20 Sekunden unrechtmäßig gefilmt worden sein sollen. Mittlerweile hat Wess bereits die Vernichtung der Aufnahmen beantragt. Nun möchte er wissen, wer aller Einsicht auf die Aufzeichnungen hatte. Den kompletten Senat möchte er ausschließen, da er Zweifel an der Unvoreingenomenheit und Unparteilichkeit hat. Damit würde der Buwog-Prozess platzen – und zurück an den Start geschickt werden ...

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