Wien

Lieferprobleme in Apotheken: 519 Medikamente betroffen

Globalisierung, aber auch Probleme bei der Herstellung sorgen derzeit für Engpässe in den Apotheken. Die Kammer beschwichtigt. 

Clemens Pilz
Derzeit kommt es am Medikamentenmarkt zu Engpässen.
Derzeit kommt es am Medikamentenmarkt zu Engpässen.
Getty Images/iStockphoto

Seit Jahren kommt es durch internationale Krisen und problematische Herstellungsbedingungen bei Medikamenten zu Engpässen. Derzeit werden laut Apothekerkammer sogar 519 Arzneimittel als "nicht verfügbar" oder nur "eingeschränkt verfügbar" geführt. Die Lieferschwierigkeiten würden sich dabei nicht auf eine bestimmte Kategorie beschränken: "Generell ist die Situation recht dynamisch und hängt auch stark von der jeweils aktuellen Nachfrage ab. So kann z.B. die Nachfrage nach einem bestimmten Erkältungsmittel stark steigen, wenn gerade ein Infekt 'grassiert' und zu einem vorübergehenden Engpass führen. Zwei Wochen später kann z.B. die Nachfrage nach Antidiarrhoika außergewöhnlich erhöht sein."

Kaum noch Produktion in Europa

Hintergrund für die aktuellen Schwierigkeiten sind Produktionsbedingungen: Oft beschränke sich die Herstellung von Medikamenten auf wenige Standorte weltweit, in Europa werde kaum noch lokal produziert. Ein Ausfall an einem der wenigen internationalen Standorten, "beispielsweise aufgrund eines nicht verfügbaren Rohstoffes oder einer technischen Störung, kann schnell zu weltweiten Lieferschwierigkeiten führen".

Seit Ausbruch der Corona-Krise seien auch vor allem die Medikamentenhersteller von Problemen betroffen, die in China produzieren. Denn dort kam es teils zu kompletten Abriegelungen von Millionenstädten, in denen das öffentliche Leben wochenlang zum Stillstand kam. Diese Turbulenzen wirken bis heute nach. Weiters führt die Apothekerkammer aus: "Und eine Rolle spielen auch unsere vergleichsweise niedrigen Arzneimittelpreise, die den österreichischen Markt für Hersteller teilweise unattraktiv machen. Eine Folge: Andere Länder mit höherem Preisniveau wie Deutschland oder die Schweiz werden bei der Belieferung mit Arzneimitteln priorisiert."

Obwohl Arzneimittelengpässe derzeit verstärkt in den Medien thematisiert würden, bestehe das Problem schon länger. "Rund zehn Stunden investiert jede Apotheke in Österreich im Schnitt pro Woche, um sicherzustellen, dass aus Lieferengpässen keine Versorgungsengpässe werden. Darum spricht sich die Apothekerkammer auch klar dafür aus, wieder verstärkt Arzneimittel in Europa produzieren zu lassen, um weniger von Asien abhängig zu sein." 

Für die Apotheker bedeuten Lieferschwierigkeiten immer zusätzliche Arbeit: Bestenfalls kann auf eine andere Packungsgröße des nicht lieferbaren Arzneimittels oder auf ein sogenanntes Generikum, ein Nachahmerpräparat, ausgewichen werden. "Eine weitere Option für Apotheker:innen ist, das benötigte Arzneimittel in einer anderen Apotheke anzufordern oder über einen sicheren Vertriebsweg aus dem Ausland für den/die Patient:in zu besorgen. Auch eine individuelle Herstellung im apothekeneigenen Labor löst manchmal das Problem." In rund 95 Prozent der Fälle können Verfügbarkeitsprobleme unmittelbar vor Ort in der Apotheke gelöst werden, heißt es.