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Liegen Gewalt und Aggressivität im Blut?

Heute Redaktion
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"Ich wusste, dass es falsch war, aber ich konnte es nicht stoppen", hören Psychiater von Gewalttätern immer wieder. Laut Forschern könnte das stimmen.

Können Menschen gegen ihren Willen gewalttätig werden? Dieser Frage ist Psychiater Henning Vaeroy vom norwegischen Akershus-UniversitätsKrankenhaus nachgegangen.

Auslöser für seine im Fachjournal "PNAS" publizierte Studie waren Besuche in einem Hochsicherheitsgefängnis bei Oslo. Von den Inhaftierten hörte er dabei immer wieder den gleichen Satz: "Ich wusste, dass es falsch war, aber ich konnte es nicht stoppen."

Versuche sprechen deutliche Sprache

Um herauszufinden, ob die Häftlinge die Wahrheit sagen oder ob es sich dabei um eine faule Ausrede handelt, schickte er die Blutproben von 16 von ihnen an den Neurobiologen Sergueï Fetissov von der Universität Rouen Normandie (Frankreich), der sie mit denen von unbescholtenen Personen verglich.

Ergebnis: Bei den Inhaftierten fanden die Forscher eine auffällige Abweichung im Bereich des Immunsystems – bei den sogenannten Autoantikörpern. Dabei handelt es sich um Immunmoleküle, die an körpereigene Substanzen binden, wie zum Beispiel das Stresshormon ACTH.

Gewalttäter ticken anders

Bei den Inhaftierten greifen die Antikörper offensichtlich an einer anderen Stelle am ACTH-Molekül an – und verändern auf diese Weise die Aggressionskontrolle, wie Versuche mit Mäusen zeigten. Injizierten ihnen die Forscher die Antikörper der Verbrecher, wurden die Nager messbar aggressiver. Bekamen sie die Antikörper der friedlichen Menschen, war das Gegenteil der Fall: Die Tiere wurden ruhiger.

Die Erkenntnisse bedeuten zwar nicht zwangsläufig, dass das Böse oder die Aggression im Blut sitzt, so Fetissov in einer Mitteilung. Aber die Studie liefere Hinweis darauf, dass die Körper von Gewaltverbrechern tatsächlich anders funktionierten als die von nicht auffälligen Menschen. (fee)