Gesundheit

Top-Experte – angepasste Impfstoffe schützen kaum

Nach BA.5 werden die neuen Varianten die Corona-Zahlen befeuern. Davor könnten selbst die bivalenten Impfstoffe nicht schützen, so Ulrich Elling.

Christine Scharfetter
Molekularbiologe Ulrich Elling ist skeptisch.
Molekularbiologe Ulrich Elling ist skeptisch.
APA / picturedesk.com

Seit dieser Woche ist auch der dritte bivalente Impfstoff gegen das Coronavirus in Österreich erhältlich. Dennoch könnten die an BA.1 und BA.5 angepassten Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna womöglich nicht vor einer starken Welle Ende des Jahres schützen: "Die Linien BA.2.75.2 und BQ1.1. können den Immunschutz stark, sehr stark umgehen – nach bisher vorliegenden Labordaten praktisch vollständig", warnt Molekularbiologe Ulrich Elling im Gespräch mit "Heute".

Deshalb müssen wir, so Elling, spätestens gegen Jahresende wieder mit einer stärkeren Welle rechnen – nachdem uns im Oktober aber erst einmal "die Zugabe von BA.5 erwartet".

"Die Linien BA.2.75.2 und BQ1.1. können den Immunschutz stark, sehr stark umgehen."

"Die bisher vorliegenden Labordaten zeigen, dass Personen die geimpft waren und eine BA.5-Infektion durchgemacht hatten, die Varianten mit ihren Antikörpern nicht neutralisieren konnten. Und wenn das BA.5-Genesene nicht können, dann wird das wahrscheinlich bei Geimpften auch so sein", erklärt Elling.

Die Achillesferse des Coronavirus

Man müsse daher davon ausgehen, dass man selbst mit einer Impfung "und zwar in diesem Fall auch mit den angepassten Impfstoffen, wahrscheinlich kaum vor einer Infektion mit diesen Varianten geschützt ist." Allerdings weist der Forscher vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) auch darauf hin, dass es sich dabei nur um Labordaten handle. "Da muss man noch vorsichtig sein, was anderes haben wir im Moment noch nicht."

"Selbst mit einer Impfung und zwar in diesem Fall auch mit den angepassten Impfstoffen, ist man wahrscheinlich kaum vor einer Infektion mit diesen Varianten geschützt."

Der Grund dafür ist laut dem Wissenschaftler die Position 346 des Coronavirus. Bisher seien die Mutationen in den verschiedenen Varianten immer wieder in den gleichen Positionen aufgetaucht. Damit gab es noch Regionen, wo bisher keine Mutationen entstanden waren und deswegen die letzten neutralisierenden Antikörper noch binden konnten. Doch das sei inzwischen anders: "Jetzt entstehen in ganz, ganz vielen Varianten an eben diesen Positionen - wie der berühmten 346 - Mutationen."

Eine solche Zusatzmutation in 346 weise nun nicht nur die BA.5-Unterlinie, die mittlerweile 10 bis 20 Prozent des Infektionsgeschehens in Österreich ausmache, sondern auch die Varianten BA.2.75.2 und BQ1.1 auf.

Hohe Infektionsrate, keine schweren Lungenschäden

Was uns zumindest einen Vorteil verschaffe, sei die eingetroffene Erwartung, dass es sich um Weiterentwicklungen aus BA.2 und BA.5 handle. "Sie sind in ihrer Pathogenität klassische Omikron-Linien, das heißt, diese schwere Schädigung der Lunge ist bei beiden Linien nicht zu erwarten. Sie besitzen auch nicht die Mutation, die dafür typisch wäre." Damit werde die Krankheitslast so bleiben, wie sie derzeit ist.

;