Gesundheit

Tomaten – Reiche starben nach dem Verzehr, Arme nicht

Einst verbreitete die Tomate in der Oberschicht Angst und Schrecken. Für die Todesfälle, die ihr angelastet werden, gibt es eine einfache Erklärung.

Christine Scharfetter
Im 16. Jahrhundert wurde der Paradeiser als "Giftapfel" bezeichnet.
Im 16. Jahrhundert wurde der Paradeiser als "Giftapfel" bezeichnet.
Getty Images/iStockphoto

Im Schnitt nimmt jeder Österreicher im Jahr 32,2 Kilogramm Tomaten – oder Paradeiser, wie sie hierzulande eigentlich heißen – zu sich und sie gilt damit mit Abstand als das beliebteste Gemüse im Land. Doch das war nicht immer so. Vor 500 Jahren galt das Nachtschattengewächs als furchterregendes Gemüse, das zu einer Vielzahl von Todesfällen führte.

Die Frucht hat ihren Ursprung in Mittelamerika und schaffte es im 16. Jahrhundert erstmals von Mexiko aus über den Atlantik nach Europa. Mysteriöse Todesfälle nach dem Verzehr von Paradeisern sorgten allerdings für Angst und Schrecken. Das Gemüse galt schnell als giftig.

    Der "Giftapfel" – unter diesem Namen war der Paradeiser vor rund 500 Jahren bekannt.
    Der "Giftapfel" – unter diesem Namen war der Paradeiser vor rund 500 Jahren bekannt.
    Getty Images/iStockphoto

    Einfach Erklärung

    Die Tomate wurde als "Giftapfel" bezeichnet. Doch die Ursache für die Todesfälle war eine ganz andere: Damals aßen die Reichen von Zinntellern. Die Säure der Tomate löste das Blei aus dem Zinngeschirr, was zu einer Vergiftung führte. Die Armen hingegen hatten nur Holzteller, daher konnten sie die Paradeiser problemlos essen.

    Komplett im Irrglauben waren unsere europäischen Vorfahren aber nicht, denn die Tomate ist tatsächlich nicht ganz ungiftig. Das rote Gold enthält nämlich Solanin, das Brechreiz, Sehstörungen und Durchfall auslösen kann. Dieses Gift kommt in Nachtschattengewächsen vor und verschwindet erst im reifen (roten) Zustand fast komplett. Die Blätter und Stängel bleiben aber immer noch giftig. Ein kleiner Restbestand verbleibt im härteren Kern, was aufgrund der geringen Menge aber nicht schädlich ist.

    Ist der Paradeiser eine Frucht oder ein Gemüse?

    Früchte, Gemüse, Fruchtgemüse? Die Definitionen unserer essbaren Pflanzen und ihrer farbenfrohen Ausbeute sind vielfältig. Auberginen, Zucchini, Peperoni und eben auch Paradeiser gehören nach botanischer Definition zu den Früchten. Diese schreibt nämlich vor, dass die physiologischen Eigenschaften der Pflanze ausschlaggebend sind. Alle erwähnten Sorten produzieren nämlich Blüten und beherbergen im Inneren Samen.
    Aber: Es gibt auch die kulinarische Definition. Dort wird als Gemüse eingestuft, was in der Küche einen anderen Verwendungszweck hat als das Obst. Obst ist oftmals süßer oder herb und wird oft als Nachspeise verwendet, während Gemüse geschmacklich fader ist und in Pfannengerichten oder Suppen landet.  Die kulinarische Interpretation ist viel geläufiger und Ernährungswissenschaftler sowie Köche definieren den Paradeiser als Gemüse.

    Eine giftig-rote Verführung

    Nachdem die Menschen aber den Genuss der reifen Paradeiser zu schätzen lernten – und auf Zinnteller verzichteten – wurden sie schnell zur beliebten Kulturpflanze und Zutat. Der Italiener Vincenzo Corrado führte die Paradeiser mit seinem Rezeptbuch "Il cuoco galante" im Jahr 1773 endgültig in die Esskultur ein. Er nannte sie die "pomi d’oro", die goldenen Äpfel. Mit verschiedenen Rezepten, unter anderem auch einzelne mit Tomaten als Sugo, entstanden die ersten Gerichte, die wir bis heute aus der italienischen Küche kennen.

    Die Tomate hatte auch noch andere alte Namen und wurde auf poetische Weise als Paradies- oder Liebesapfel bekannt, da sie mit ihrer roten glänzenden Farbe mit den verbotenen Früchten aus dem Garten Eden in Verbindung gebracht wurde und als verführerisch galt.

    Mehr zum Thema
    ;