Politik

"Lockdown 8 Tage später und das System wäre kollabiert"

Gesundheitsminister Anschober und mehrere Wissenschafter haben erforscht, wie die harten Corona-Maßnahmen gewirkt haben und ob der Zeitpunkt dafür immer der richtige war.

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Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Rahmen einer Pressekonferenz
Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Rahmen einer Pressekonferenz
picturedesk.com/APA/Helmut Fohringer

"Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an!" Das haben wir in letzter Zeit oft gehört. Heute stellte Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne), gemeinsam mit Herwig Ostermann und Niki Popper eine Studie vor, die sich mit der Wirksamkeit der österreichischen Corona-Maßnahmen auseinandergesetzt hat.

Hat sich das alles was gebracht? Waren die Maßnahmen wirklich notwendig? Ja, sagen die Wissenschafter. Und sie wagen einen Blick in die Zukunft.

"Die Zahlen sehen gut aus", erklärt Anschober zu Beginn zu den aktuellen Zahlen. Heute will er zurückschauen - und, so schwierig es ist, auch eine Prognose wagen. Das Schwierige bei einer Pandemie sei ja, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu evaluieren. Jetzt, wo man sagen kann, dass Österreich gut durch die Pandemie gekommen ist, könnte man meinen, dass manche Maßnahmen übertrieben waren. Aber: Waren sie nicht genau der Grund, warum es nicht schlimmer war?

Studie in Deutschland

Eine groß angelegte Studie in Deutschland hat erforscht, ob die Maßnahmen dort gewirkt haben und vor allem, ob es der richtige Zeitpunkt war. "Die Ergebnisse sind sehr, sehr eindeutig", sagt Anschober. Die Absage von Großveranstaltungen beispielsweise habe die Wachstumsrate der Verbreitung des Virus von 30 Prozent auf 12 Prozent gesenkt hat. Auch die Schulschließungen, die räumliche Distanzierung hätten sich zusätzlich noch gut ausgewirkt. 

Wichtig auch: Die Kombination dieser drei Maßnahmen habe den größten Effekt gehabt. Nur einzelne davon zu treffen, wäre nicht so gut gewesen. Kann man dies auch auf Österreich umlegen? Niki Popper erklärt die Details.

Vier Mal so viele Infizierte

"Wir machen was, dann passiert nichts und dann sagt man, wir hätten eh nix machen müssen", formuliert Popper das "Präventions-Paradoxon". Seine Untersuchung für Österreich zeigt ein "Was wäre wenn". Was wäre, wenn wir den Lockdown sieben Tage später verhängt hätten?

Die Zahlen der Infizierten hätten sich vervierfacht, sagt er. Die Belegung der Intensivbetten wäre an ihrem absoluten Limit gewesen. Noch ein Tag später - und unsere Kapazitäten hätten nicht mehr gereicht. Auch die späte Schulöffnung sieht Popper als positiv. Hätten wir früher geöffnet, wären die Zahlen wieder stark gestiegen. Warum? "Weil wir die Zahlen bis dorthin noch nicht ausreichend gedrückt hätten", so Popper.

Blick in die Zukunft

"Wir können prinzipiell mit einem langsamen Wachstum rechnen", sagt Popper. Da sei das sogenannte Contact Tracing und Containment von Infizierten aber weiterhin sehr wichtig. Je schneller Kranke isoliert werden, desto flacher entwickelt sich die Infektionskurve. 

Sein Fazit: Die aktuellen Maßnahmen machen weiterhin Sinn. Infizierte weiterhin rasch isolieren und seine Kontakte reduzieren und die geltenden Hygienemaßnahmen einhalten ist der Schlüssel dafür, dass wir gut durch den Sommer kommen.