Finale der ORF-Interviewreihe zur Wien-Wahl 2025: Als letzter der Spitzenkandidaten war am Freitag der amtierende Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu Gast am Küniglberg.
Gleich zu Beginn stellte der Bürgermeister klar, dass er es nicht bereue, die Wahl vorverlegt zu haben. Der Bevölkerung konnte somit ein langer Wahlkampf erspart bleiben und man könne noch vor der Sommerpause eine stabile Stadt und Landesregierung auf die Beine stellen, meinte Ludwig.
Auf die Frage, ob es aus jetziger Perspektive nicht leichter wäre, Wahlkampf zu betreiben, wenn die SPÖ nicht in der Bundesregierung wäre, antwortete Ludwig, dass er diese Sichtweise für zynisch halte. Er sei zufrieden, dass es gelungen sei, eine Regierung der politischen Mitte auf Bundesebene zu bilden. Ludwig habe sich nach eigenen Angaben sehr dafür eingesetzt, dass diese Regierung zustande gekommen ist, denn eine Regierungsbeteiligung der FPÖ hätte viele Nachteile für Österreich und auch für Wien gebracht, sagte er.
Angesprochen auf den Slogan der KPÖ: "Wird eh wieder Ludwig" ortet der amtierende Bürgermeister einen Demobilisierungsversuch der dunkelroten Konkurrenz. Die KPÖ wolle verhindern, dass Menschen zur Wahl gehen und ihre Stimme für die SPÖ abgeben. Allerdings würden nicht nur die Kommunisten mit diesen Mitteln arbeiten, erklärte der Bürgermeister.
Schlussendlich sei jedoch wichtig, für stabile Verhältnisse, also eine Zweierkoalition zu sorgen, bekräftigte Ludwig. Die SPÖ müsse daher an ihr letztes Ergebnis herankommen. 41,5 Prozent sind also das erklärte Ziel, so Ludwig. Derzeit liegt die Partei allerdings nur bei 39 Prozent, doch Umfrageergebnisse würden Ludwig nicht viel bedeuten, für ihn zähle, was am Wahltag herauskommt.
Den Stopp im Familiennachzug hat die Bundesregierung vor allem mit der Überlastung im Wiener Bildungssystem begründet. Ganz bestätigen wollte Ludwig dies aber nicht. Das Bildungssystem sei, "aufgrund der Integrationsaufgaben der letzten Jahre, die man für andere Bundesländer mitübernommen habe, stark gefordert". Bei den Pädagogen bedanke sich Ludwig für deren Arbeit und versprach Verbesserungen, wie etwa zusätzliche Mitarbeiter in der Pädagogik sowie in der Betreuung.
Gleichzeitig merkte Ludwig an, dass diese Maßnahmen mit einer FPÖ in der Bundesregierung nicht möglich wären. Bei der letzten Regierungsbeteiligung der Blauen im Bund habe man 150 Personen weniger im Deutsch- und Integrationsbereich in den Schulen gehabt: "Dies musste die Stadt Wien zu einem großen Teil kompensieren".
Die jetzige Überlastung erkläre sich Ludwig aber auch mitunter durch die Fluchtbewegung, die mit dem Ukraine-Krieg nach Österreich kam. Im vergangene Schuljahr seien 4.500 ukrainische Kinder in den elementarpädagogischen Bereich und in die Schulen integriert worden. Gleichzeitig gab es die Familienzusammenführungen aus Afghanistan, Irak und Syrien. Auch die Pensionsantritte der geburtenstarken Jahrgänge würden eine Rolle spielen.
Dass die hohe Mindestsicherung in Wien zum Magnet für Migranten wurde, wollte Ludwig nicht so stehen lassen. Er verwies mitunter auf den Bund, denn man sei das einzige Bundesland ohne Außengrenze und könne nicht entscheiden, wie viele und welche Menschen kommen, man fühle sich aber verpflichtet, sich um diese Menschen zu kümmern, sagte der Bürgermeister.
Was die Mindestsicherung und andere Maßnahmen angeht, würde Wien pro Kopf etwa 805 Euro ausgeben. Im Österreichschnitt seien dies drei Euro weniger (802 Euro). Also sei es eine Mär, dass Wien Sozialhilfe in einem großen Ausmaß ausschütte, meinte Ludwig. Fünf Bundesländer würden mehr zahlen, nur drei weniger. Ludwig wäre auch offen für ein bundeseinheitliches Modell, welches unter FPÖ-Regierungsbeteiligung abgeschafft wurde.
Ludwig verwies hier auf seinen Vorschlag vom Sommer, wonach alle arbeitsfähigen Menschen von 15 bis 65 Jahren über das AMS abgewickelt werden, parallel dazu eine Kindergrundsicherung eingeführt wird und drittens eine Residenzpflicht bestehe.
Ein Drittel der über 16-Jährigen in Wien darf bei der kommenden Wahl keine Stimme abgeben, da ihnen die Staatsbürgerschaft fehlt. Trotzdem sieht Ludwig hier keinen Änderungsbedarf. Man solle aber die Kriterien für den Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft erleichtern, schlug Ludwig vor.
Für seinen Geschmack sei etwa der notwendige Netto-Verdienst von 1.237 Euro nach Abzug aller Fixkosten zu hoch angesetzt. Menschen, die in schlechter bezahlten Bereichen tätig wären, könnten sich die Staatsbürgerschaft gar nicht leisten – und für manche Branchen sei es auch gar "nicht möglich", entsprechend mehr zu bezahlen.
Ludwig will sich deshalb dafür einsetzen, den Zugang zur Staatsbürgerschaft für alle Erwerbstätigen zu ermöglichen: "Versuchen wir, allen Berufsgruppen die Möglichkeit zu schaffen, die österreichische Staatsbürgerschaft anzustreben."
Im Falle der Sparmaßnahmen, die die neue Bundesregierung treffen muss, ist Ludwig bereit, mitzuhelfen. Allerdings hielt der amtierende Bürgermeister fest, dass 87 Prozent des Budgets dem Bund zugeordnet sind und nur 13 den Ländern, Gemeinden sowie Sozialversicherungsträgern.
Wo genau in Wien gespart werden könnte, wolle er erst sagen, wenn ein entsprechendes Paket geschnürt wurde. Einige Ressorts hätten ihr Soll schon erfüllt, bekräftigte Ludwig. Die Wiener und Wienerinnen sollen von den Sparmaßnahmen jedenfalls "wenig spüren".
Abschließend ging es noch um die Koalitionsfrage. Diese mache Ludwig vom Ergebnis abhängig. Also wolle er sich auch auf keine rot-pinke Neuauflage festlegen, obwohl er die Zusammenarbeit mit den Neos lobte. Man werde in den Sondierungsgesprächen sehen, wo sich die meisten Übereinstimmungen finden, so Ludwig. Ausschließen tue er nur eine Zusammenarbeit mit der FPÖ. Das ginge sich vom Gesellschafts- und Menschenbild her nicht aus, da sei man zu verschieden, begründete Ludwig seine Entscheidung.