Wien

Macht der Klimawandel Wiener Weine fad und teuer?

Durch dauerhaft sonniges, maritimes Klima ist kalifornischen Weinen ein kräftiger, fruchtiger Geschmack eigen. Die Zukunft auch des Wiener Weins?

Wien Heute
Um die Frische im Wein zu halten, muss die Traube möglichst kalt in die Presse. Dafür stehen die Winzer jetzt früher auf und ziehen auch die Weinlese einige Wochen vor.
Um die Frische im Wein zu halten, muss die Traube möglichst kalt in die Presse. Dafür stehen die Winzer jetzt früher auf und ziehen auch die Weinlese einige Wochen vor.
Erich Wessely (Symbolfoto)

Der Klimawandel ist da, Satellitenbilder zeigen, dass Wien und Umgebung bereits völlig vertrocknet sind. Das verändert auch den Weinanbau – und vor allem: den Geschmack. Neue klimatische Bedingungen ändern den Charakter des Weins: weniger Säure durch die dauernde Wärme, weniger Frische durch die fehlenden kühlen Nächte. Auch geht der Alkoholgehalt in der Hitze durch die Decke. Stirbt das Wiener Aroma?

Winzer Stefan Fuchs sieht als ein Ergebnis des Klimawandels, dass die hiesigen Weine in nicht allzu ferner Zukunft "eher wie aus Kalifornien schmecken" werden, wie er im "Wien heute“-Interview sagte. Und weiter: "Wenn sich das so weiterentwickelt, werden wir hier Anbaugebiete haben wie in Kalifornien. Das heißt 40 Grad untertags und Weine mit 16 Volumsprozent, keine Säure, keine Frische, richtig breite fade Weine“. Anfang September beginnt die Weinlese. Der Weinbauer hofft auf kühle Nächte, damit der Wein frischer ist. Um den heurigen Wein müsse man sich zwar keine Sorgen machen, aber beim Kauf werde man den Mehraufwand spüren: Die Preise werden steigen, so der Winzer im "Wien heute"-Interview.

Wer den Wiener Weinbau mit Kalifornien vergleicht, der irrt

Michael Edlmoser (46) sieht das anders. Klar spüre er den Klimawandel. Aber wer sagt, dem hiesigen Wein drohe kalifornischer Geschmack, "der kann noch nie in Kalifornien gewesen sein", so seine Einschätzung. Der Winzer hat selbst 1,5 Jahre in Kalifornien gelebt und weiß, "Wir haben hier ganz andere Grundvoraussetzungen, andere Lagen, andere Böden. Wir haben den Wiener Wald, das Gebirge und damit gänzlich andere geologische und klimatische Bedingungen".

Zu sagen, "das haben wir immer so gemacht, das geht jetzt so nicht!", das kommt für Michael Edlmoser nicht in Frage. Man müsse sich neuen Gegebenheiten gegenüber einstellen. Mit anderen Sorten, mit Bodenbearbeitung und Grünarbeit und einem flexibleren Arbeiten lasse sich Weinanbau im Klimawandel durchaus einträglich betreiben. Man könne früher ernten, andere Sorten anbauen, auch das Anpflanzen von Klee in den Gassen sei beispielsweise sinnvoll, um der Austrocknung vorzubeugen.

Und er gibt Entwarnung: "Der gemischte Satz stirbt nicht aus!" Im Gegenteil, er sei der perfekte Wein, um auf höhere Temperaturen zu reagieren. Mit spätreiferen Sorten wie dem Riesling ließe sich der charakteristisch knackig, frisch vitale Geschmack einfach gestalten. Und der Preis? "Na, der bleibt auch gleich. Klar ist die Beschaffung von Etiketten und Flaschen schwerer und die Energiepreise sind hoch. Und vielleicht müssen wir eine kleine Inflationsanpassung machen. Aber erheblich teurer wird der Wein nicht." Der junge Weinbauer plant, ab Mitte September zu ernten. "Wir freuen uns auf eine schöne Ernte", sagt er. "Es wird kein Riesenertrag. Aber die Qualität ist dieses Jahr sehr gut".

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