Politik

Das große Problem mit den IS-Österreichern

Mehrere österreichische IS-Anhänger werden in kurdischen Lagern gefangen gehalten. Selbst wenn eine Rückkehr klappt, sind sie nicht frei.

Heute Redaktion
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Maria G. ist 22 Jahre alt, zweifache Mutter und sitzt mit ihren Söhnen in einem Gefangenenlager im kurdisch dominierten Nordosten Syriens fest. Die Salzburgerin hatte sich im Juni 2014 der Terrormiliz "Islamischer Staat" angeschlossen. Deren Eltern appellieren nun an die Bundesregierung, ihre Tochter wieder nach Österreich zu holen.

Das ist kein Einzelfall – auch die "Wiener Dschihad-Mädchen" Samra K. und Sabina S. schlossen sich 2014 im Alter von nur 15 Jahren dem IS an.

In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage am 7. Mai 2019 gab die damalige Außenministerin Karin Kneissl an, man wisse von "circa 20 Erwachsenen und circa ebenso vielen Kindern mit Österreich-Bezug, die sich aufgrund eines IS-Bezugs derzeit in Syrien oder im Irak befinden". Das Ministerium bestätigt auf Anfrage, dass diese Zahlen nach wie vor zutreffend sind.

"Kindeswohl steht im Mittelpunkt"

Die Rückholung von Österreicherinnen und Österreichern gestaltet sich schwierig. "Das Außenministerium hat in dieser Region nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten", sagt Ministeriumssprecher Peter Guschelbauer zu "Heute.at". "Für das Gebiet besteht seit Ausbruch des Konflikts aufgrund der prekären Sicherheitssituation eine Reisewarnung."

Im Fall Maria G. steht das Außenministerium mit den Angehörigen in Österreich, den österreichischen Sicherheitsbehörden und internationalen Organisationen in der Region in Kontakt. "Es werden alle Umstände des Falles geprüft", so Guschelbauer. "Das Kindeswohl steht für das Außenministerium dabei im Mittelpunkt."

Derzeit wird die Möglichkeit einer Rückholung der Kinder geprüft, Hilfsorganisationen sollen sich vor Ort die medizinische Betreuung ermöglichen. Für Maria G. besteht kein konkreter Rückkehrwunsch, daher wird das Außenamt nicht aktiv.

Die Zustände in den Gefangenenlagern sind dramatisch, wie der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger im Gespräch mit der "Presse" sagt: "Seit 2018 sind in den drei Gefangenenlagern unter Kontrolle der Syrischen Demokratischen Kräfte laut den zuständigen Behörden bereits über 300 der vielfach bereits unter IS-Herrschaft stark geschwächten Kleinkinder gestorben." Hitze und schlechte Bedingungen könnten das Camp für die beiden kleinen Kinder von Maria G. zur Todesfalle machen.

Bis zu zehn Jahre Haft

Die Rückkehr auf offiziellen Wegen ist schwierig, auch weil vor Ort staatliche Ansprechpartner fehlen. Außerdem wurden österreichische Staatsbürgerinnen wie Maria G. nicht von der syrischen Polizei verhaftet, sondern in kurdischen Lagern interniert. Laut Innenministerium sind dennoch etwa 90 "Foreign Fighters" bis Anfang 2019 nach Österreich zurückgekehrt.

Selbst wenn sie es mit Hilfe der Behörden nach Österreich schaffen würden, sind die Rückkehrer nicht frei. Paragraf 278b des Strafgesetzbuchs sieht für die Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Haft vor.

Als "terroristische Vereinigung" gilt laut StGB "ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung betrieben wird".

Wegen vermeintlicher Terrorfinanzierung stand kürzlich übrigens die Mutter von Maria G. vor Gericht. Sie hatte ihrer Tochter mehrere tausend Euro geschickt. Die 52-Jährige wurde freigesprochen.