Coronavirus

Medizinerin hat knallharte Botschaft für Ungeimpfte

Die Lage auf den Intensivstationen wird immer dramatischer. In einigen Spitälern sind hier keine Betten mehr frei. Nun schlagen Pflegekräfte Alarm.

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Nun schlagen Pflegekräfte Alarm. (Symbolbild) 
Nun schlagen Pflegekräfte Alarm. (Symbolbild) 
Vitali Timkiv / AP / picturedesk.com

Die Corona-Lage in Österreich spitzt sich immer weiter zu. Tagein, tagaus werden neue Höchstwerte verzeichnet – so auch am Wochenende. Am Samstag vermeldeten die Behörden erstmals über 13.000 Neuinfektionen. Auch die Lage in den Spitälern ist besorgniserregend, insbesondere jene auf den Intensivstationen. Einige Krankenhäuser sind am Anschlag, andere haben keine freien Betten mehr. 

Zu dem Thema war am Samstag die Diplomierte Krankenschwester (DKS) Karin Engl, Stationsleitung auf einer Covid-Intensiv-Station im Kepler Universitätsklinikum Linz, bei Birgit Pointner "Im Journal zu Gast". "Es ist 5 nach 12", konstatiert die Stationsleiterin eingangs. Ihre Station sei beispielsweise sei bereits voll, schilderte sie. 

In dem Interview zeichnete sie ein Bild der aktuellen Situation. In der Regel müssen Corona-Patienten eine bis eineinhalb Wochen auf der Intensivstation verweilen. Sofern die Patienten intubiert werden müssen, dann etwa zwei, drei oder gar vier Wochen, "wenn sie an die ECMO müssen – mehrere Monate". Anmerkung: Bei der ECMO handelt es sich um eine Behandlung, bei der eine Maschine teilweise oder vollständig Atemfunktionsleistungen für den Patienten außerhalb seines Körpers übernimmt.

Todesfälle auf ICU

Von den auf der Intensivstation behandelten Patienten erliegen auch einige der Krankheit. Vergangene Woche etwa waren es in der Station von Engl allein an einem Tag drei Menschen, die gestorben sind. Ebenso gebe es aber Tage, an denen kein Patient stirbt. Man könne hier keinen "Durchschnitt" definieren: 

 "Es gibt Tage, da sterben mehrere, es gibt Tage da stirbt keiner."

Man sei im Rahmen der Ausbildung auf vieles vorbereitet worden. "Was wir nicht gelernt haben, ist einen Leichensack zu zu zippen von den Füßen bis hinauf, womöglich mehrmals am Tag – das macht uns schon traurig. Aber das, warum wir traurig und erschöpft sind, ist das drum herum."

Mitarbeiter im Stich gelassen

Hier spricht sie von den Mitarbeitern. Jene fühlen sich alleine gelassen, "alleine gelassen vom System, alleine gelassen von der Bevölkerung". Das sind gleichzeitig jene Menschen, denen im Moment alles abverlangt wird – seit Monaten.

Höchstleistungen in einem Dienst, der 12,5 Stunden dauert, werden erwartet. Dementsprechend sinkt auch die Motivation mit der Zeit, "weil sie erschöpft sind und einfach nicht mehr können". 

Ein Dienst als Covid-Pflegekraft

Wie kräftezehrend ein so langer Dienst auf einer Covid-Intensivstation ist, beschreibt Engl auf Nachfragen von Pointer. Nach Dienstantritt um sieben Uhr morgens gibt es zunächst eine Dienstübergabe, wo die Pflegekräfte auf den neuesten Stand über den Zustand der Patienten gebracht werden, woraufhin sich die Mitarbeiter aufteilen. Jene, die auf die Covid-Station müssen, ziehen daraufhin entsprechende  Schutzausrüstung an und verbringen die nächsten Stunden auf der Intensivstation – je nach dem wie pflegebedürftig die Corona-Patienten hier sind.

Einige bräuchten "weniger Pflegeaufwand", andere, etwa intubierte oder instabile Patienten, bräuchten hingegen mehr Aufmerksamkeit. Teilweise müssen letztere Patienten aus medizinischen Gründen sogar auf den Bauch gedreht werden – "das sind selten die Menschen mit 50, 60 Kilo". Die Sprache ist hier von ausgewachsenen Männern, die teilweise weit über 100 Kilogramm wiegen. Mithelfen müssten daher fünf bis sechs Mitarbeiter, "um den Patienten zu wenden". 

"Nassgeschwitzt bis auf die Unterwäsche"

Der Einsatz geht von den Morgenstunden bist weit nach Mittagszeit. Mehrere Stunden waren die Mitarbeiter da also weder auf der Toilette, noch hatten sie die Zeit etwas zu trinken oder zu essen.

"Und wenn sie rauskommen, sind sie nassgeschwitzt bis auf die Unterwäsche, gehen sich umziehen und dann müssen sie sich einmal umziehen und müssen einmal was trinken."

"Vierte Welle wird nicht unsere letzte sein"

Zwar gebe es derzeit noch genug Mitarbeiter, allerdings erschweren Krankenstände – teilweise aus Erschöpfung – die Lage zunehmend. Im vergangenen Jahr konnte man noch gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten, in der Hoffnung, dass die Welle irgendwann vorbei ist und man jene mit vereinten Kräften überbrücken könne. Mittlerweile wisse man aber, die Sache hat sich nicht erledigt und wird sich nicht erledigen. 

 "Und die Welle jetzt wird nicht – befürchte ich – unsere letzte sein, auch wenn's anders behauptet wird oder von der Politik anders dargestellt wird", schlägt die Stationsleiterin Alarm.

"Die Pandemie ist nicht vorbei, sie war nie vorbei und sie wird meines Erachtens auch nicht so schnell vorbeigehen", so Engl weiter. Die Motivation der Mitarbeiter, seit zwei Jahren zusätzliche Dienste zu schieben und Menschen Unmögliches zu ermöglichen, schwinde mit der Zeit – verständlicherweise. 

Ehrlichkeit von der Politik

Von der Politik erwarte man sich im medizinischen Bereich mehr Unterstützung und deutlich mehr Ehrlichkeit. Man könne nicht an einem Tag sagen, es gebe genügen Intensivbetten, die Aussage dann aber am nächsten Tag dann revidieren müssen.

Zu Beginn habe die Politik zwar noch vieles richtig gemacht – doch "dann kam die große Versäumniswelle". Man hätte vieles anders machen können – auch in der Impfpolitik. Hier müssten Versäumnisse aufgeholt werden. 

Impfung ist der Ausweg

Hinsichtlich der niedrigen Impfquote zeigte sich die Krankenschwester schockiert. Es gebe keinen Grund sich nicht impfen zu lassen. Das Zögern ganz zu Beginn hätte sie noch nachvollziehen können, doch, dass Menschen sich auch nach wie vor nicht immunisieren lassen wollen – dafür fehle ihr das Verständnis.

"Wir wissen nicht, warum man sich nicht impfen lässt und dann trotz allem – wenn es ja Corona nicht gibt – warum gehe ich dann ins Krankenhaus und hole mir Hilfe? Das ist was, was wir manchmal dann schon nicht verstehen, mit welcher Selbstverständlichkeit dann trotzdem die Hilfe und die Betreuung eingefordert wird", kritisierte Engl. Für sie gibt es mittlerweile keine Erklärung mehr dafür, warum sich Menschen weigern, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.

Ein Blick in die Intensivstationen zeige, dass sich hier überwiegend Ungeimpfte befinden. Es komme vor, dass auch der ein oder andere geimpfte Patient auf der ICU liege – hierbei handele es sich aber um Menschen mit allen möglichen Vorerkrankungen. Nur mit der Impfung könne diesem Spuk ein Ende gesetzt werden. Zwar bedeute ein Impfung nicht 100-prozentigen Schutz vor einer Ansteckung, sie minimiere das Risiko eines schweren Verlaufs aber erheblich – und genau darum gehe es nun. 

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